Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Schr. eines Frauenz. über die Nationalkleidung.
Das wäre noch eine gemeinnützige Bemühung, wodurch die
Erfindungskunst ihren Gipfel erreichen würde. Merken sie
sich das und lassen die thörigten Projecte uns klüger zu ma-
chen wie wir sind, für dieses neue Jahr fahren. Unter die-
ser Bedingung 26) wiederhole ich meinen Wunsch und bin

ihre günstige gute Freundinn
Anna Maccaroni.


XIV.
Sie tanzte gut und kochte schlecht.

Wie das Mädgen tanzt! wie ihr die Schultern stehn!
Himmel! und der Nacken! Von dem übrigen will
ich nichts sagen; ich glaube der cau de Paris ist wieder Mode
geworden! Aber ist es nicht eine Schande ein junges Mädgen
so erziehen zu lassen! Wenn es meine Tochter wäre: sie sollte
mir anders tanzen lernen, oder sogleich zur Viehmagd ver-
dammt werden. Ich weis nicht wie gewisse Eltern so blind
seyn können, daß sie nicht sehen, was ihren Kindern fehlt,
und ihnen bey Zeiten die Knochen ein wenig zu rechte bie-
gen. -- Die Frau Oberamtmännin würde in ihrem wohlge-

mein-
Grellen, Tapperte, Duchsing, Scheckenrock, Hunds-
kugeln, Stauchen
so bis auf die Erde hiengen; was
Sorkett und Disselsett, was gezatelt, gemützert und
geflützert eigentlich gewesen. Unsre Vorfahren müssen
ihre Moden nicht von Paris geholet haben, weil sie sich
kemer französischen Namen bedienten.
26) Aber wenn ich mir den Wunsch verbitte: so hat die Be-
dingung doch wol nicht statt?

Schr. eines Frauenz. uͤber die Nationalkleidung.
Das waͤre noch eine gemeinnuͤtzige Bemuͤhung, wodurch die
Erfindungskunſt ihren Gipfel erreichen wuͤrde. Merken ſie
ſich das und laſſen die thoͤrigten Projecte uns kluͤger zu ma-
chen wie wir ſind, fuͤr dieſes neue Jahr fahren. Unter die-
ſer Bedingung 26) wiederhole ich meinen Wunſch und bin

ihre guͤnſtige gute Freundinn
Anna Maccaroni.


XIV.
Sie tanzte gut und kochte ſchlecht.

Wie das Maͤdgen tanzt! wie ihr die Schultern ſtehn!
Himmel! und der Nacken! Von dem uͤbrigen will
ich nichts ſagen; ich glaube der cû de Paris iſt wieder Mode
geworden! Aber iſt es nicht eine Schande ein junges Maͤdgen
ſo erziehen zu laſſen! Wenn es meine Tochter waͤre: ſie ſollte
mir anders tanzen lernen, oder ſogleich zur Viehmagd ver-
dammt werden. Ich weis nicht wie gewiſſe Eltern ſo blind
ſeyn koͤnnen, daß ſie nicht ſehen, was ihren Kindern fehlt,
und ihnen bey Zeiten die Knochen ein wenig zu rechte bie-
gen. — Die Frau Oberamtmaͤnnin wuͤrde in ihrem wohlge-

mein-
Grellen, Tapperte, Duchſing, Scheckenrock, Hunds-
kugeln, Stauchen
ſo bis auf die Erde hiengen; was
Sorkett und Diſſelſett, was gezatelt, gemützert und
geflützert eigentlich geweſen. Unſre Vorfahren muͤſſen
ihre Moden nicht von Paris geholet haben, weil ſie ſich
kemer franzoͤſiſchen Namen bedienten.
26) Aber wenn ich mir den Wunſch verbitte: ſo hat die Be-
dingung doch wol nicht ſtatt?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0094" n="76"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Schr. eines Frauenz. u&#x0364;ber die Nationalkleidung.</hi></fw><lb/>
Das wa&#x0364;re noch eine gemeinnu&#x0364;tzige Bemu&#x0364;hung, wodurch die<lb/>
Erfindungskun&#x017F;t ihren Gipfel erreichen wu&#x0364;rde. Merken &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich das und la&#x017F;&#x017F;en die tho&#x0364;rigten Projecte uns klu&#x0364;ger zu ma-<lb/>
chen wie wir &#x017F;ind, fu&#x0364;r die&#x017F;es neue Jahr fahren. Unter die-<lb/>
&#x017F;er Bedingung <note place="foot" n="26)">Aber wenn ich mir den Wun&#x017F;ch verbitte: &#x017F;o hat die Be-<lb/>
dingung doch wol nicht &#x017F;tatt?</note> wiederhole ich meinen Wun&#x017F;ch und bin</p><lb/>
        <closer>
          <salute> <hi rendition="#et">ihre gu&#x0364;n&#x017F;tige gute Freundinn<lb/><hi rendition="#b">Anna Maccaroni.</hi></hi> </salute>
        </closer><lb/>
        <note xml:id="seg2pn_3_2" prev="#seg2pn_3_1" place="foot" n="25)"><hi rendition="#fr">Grellen, Tapperte, Duch&#x017F;ing, Scheckenrock, Hunds-<lb/>
kugeln, Stauchen</hi> &#x017F;o bis auf die Erde hiengen; was<lb/><hi rendition="#fr">Sorkett</hi> und <hi rendition="#fr">Di&#x017F;&#x017F;el&#x017F;ett</hi>, was <hi rendition="#fr">gezatelt, gemützert</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">geflützert</hi> eigentlich gewe&#x017F;en. Un&#x017F;re Vorfahren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ihre Moden nicht von Paris geholet haben, weil &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
kemer franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Namen bedienten.</note>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XIV.</hi><lb/>
Sie tanzte gut und kochte &#x017F;chlecht.</hi> </head><lb/>
        <p>Wie das Ma&#x0364;dgen tanzt! wie ihr die Schultern &#x017F;tehn!<lb/>
Himmel! und der Nacken! Von dem u&#x0364;brigen will<lb/>
ich nichts &#x017F;agen; ich glaube der <hi rendition="#aq">cû de Paris</hi> i&#x017F;t wieder Mode<lb/>
geworden! Aber i&#x017F;t es nicht eine Schande ein junges Ma&#x0364;dgen<lb/>
&#x017F;o erziehen zu la&#x017F;&#x017F;en! Wenn es meine Tochter wa&#x0364;re: &#x017F;ie &#x017F;ollte<lb/>
mir anders tanzen lernen, oder &#x017F;ogleich zur Viehmagd ver-<lb/>
dammt werden. Ich weis nicht wie gewi&#x017F;&#x017F;e Eltern &#x017F;o blind<lb/>
&#x017F;eyn ko&#x0364;nnen, daß &#x017F;ie nicht &#x017F;ehen, was ihren Kindern fehlt,<lb/>
und ihnen bey Zeiten die Knochen ein wenig zu rechte bie-<lb/>
gen. &#x2014; Die Frau Oberamtma&#x0364;nnin wu&#x0364;rde in ihrem wohlge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mein-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0094] Schr. eines Frauenz. uͤber die Nationalkleidung. Das waͤre noch eine gemeinnuͤtzige Bemuͤhung, wodurch die Erfindungskunſt ihren Gipfel erreichen wuͤrde. Merken ſie ſich das und laſſen die thoͤrigten Projecte uns kluͤger zu ma- chen wie wir ſind, fuͤr dieſes neue Jahr fahren. Unter die- ſer Bedingung 26) wiederhole ich meinen Wunſch und bin ihre guͤnſtige gute Freundinn Anna Maccaroni. 25) XIV. Sie tanzte gut und kochte ſchlecht. Wie das Maͤdgen tanzt! wie ihr die Schultern ſtehn! Himmel! und der Nacken! Von dem uͤbrigen will ich nichts ſagen; ich glaube der cû de Paris iſt wieder Mode geworden! Aber iſt es nicht eine Schande ein junges Maͤdgen ſo erziehen zu laſſen! Wenn es meine Tochter waͤre: ſie ſollte mir anders tanzen lernen, oder ſogleich zur Viehmagd ver- dammt werden. Ich weis nicht wie gewiſſe Eltern ſo blind ſeyn koͤnnen, daß ſie nicht ſehen, was ihren Kindern fehlt, und ihnen bey Zeiten die Knochen ein wenig zu rechte bie- gen. — Die Frau Oberamtmaͤnnin wuͤrde in ihrem wohlge- mein- 26) Aber wenn ich mir den Wunſch verbitte: ſo hat die Be- dingung doch wol nicht ſtatt? 25) Grellen, Tapperte, Duchſing, Scheckenrock, Hunds- kugeln, Stauchen ſo bis auf die Erde hiengen; was Sorkett und Diſſelſett, was gezatelt, gemützert und geflützert eigentlich geweſen. Unſre Vorfahren muͤſſen ihre Moden nicht von Paris geholet haben, weil ſie ſich kemer franzoͤſiſchen Namen bedienten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/94
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/94>, abgerufen am 21.11.2024.