Den Brennern könnte man dagegen die Versicherung er- theilen, daß ihnen das Brennen so lange frey stehen sollte, als der Rogge nicht über 1 Thaler stiege und daß ihnen, wenn er darüber gienge, jedesmal eine Zeit von 4 Wochen verstattet seyn sollte, ehe und bevor die Kessel geschlossen wer- den könnten.
Auf diese Weise glaube ich, wäre ihnen und dem gemeinen Wesen zugleich gedienet; sie würden sich bemühen den Preis unter 1 Thaler zu halten und keinen Schaden an ihrem Vor- rath leiden. Sie sind ohnehin die einzigen, welche leicht Korn aufschütten können, weil sie dasjenige, was ihnen liegen bleibt, mehrentheils ohne Schaden verbrennen können.
IX. Schreiben eines Kornhändlers.
Da sitze ich nun mit meinen Kornvorrath ohne von einem sterblichen Menschen beklagt oder geholfen zu werden. Jedermann frolocket vielmehr über meinen Verlust und wün- schet, daß der schwarze Wurm und alle Mäuse aus dem Felde mir dasjenige rauben mögen, was ich den Armen nicht zu einem ihrer Meynung nach billigen Preise verkausen wollen. Auch der vernünftige Mann drückt in dem lebhaften Danke für die gesegnete Erndte, und in der süßen Empfindung wohlfeiler Zeiten einen bittern Gedanken gegen mich aus; und der Staat, der güldne Berge verspricht wenn er einen ehrlichen Kerl gebraucht, so bald er ihn aber nicht mehr nöthig hat, ohne Warregelder zum Henker schickt, der Staat sage ich, läßt meine Magazine nicht untersuchen; es kommt kein Commissa-
rius
Vorſchlag zu einem beſtaͤndigen Kornmagazin.
Den Brennern koͤnnte man dagegen die Verſicherung er- theilen, daß ihnen das Brennen ſo lange frey ſtehen ſollte, als der Rogge nicht uͤber 1 Thaler ſtiege und daß ihnen, wenn er daruͤber gienge, jedesmal eine Zeit von 4 Wochen verſtattet ſeyn ſollte, ehe und bevor die Keſſel geſchloſſen wer- den koͤnnten.
Auf dieſe Weiſe glaube ich, waͤre ihnen und dem gemeinen Weſen zugleich gedienet; ſie wuͤrden ſich bemuͤhen den Preis unter 1 Thaler zu halten und keinen Schaden an ihrem Vor- rath leiden. Sie ſind ohnehin die einzigen, welche leicht Korn aufſchuͤtten koͤnnen, weil ſie dasjenige, was ihnen liegen bleibt, mehrentheils ohne Schaden verbrennen koͤnnen.
IX. Schreiben eines Kornhaͤndlers.
Da ſitze ich nun mit meinen Kornvorrath ohne von einem ſterblichen Menſchen beklagt oder geholfen zu werden. Jedermann frolocket vielmehr uͤber meinen Verluſt und wuͤn- ſchet, daß der ſchwarze Wurm und alle Maͤuſe aus dem Felde mir dasjenige rauben moͤgen, was ich den Armen nicht zu einem ihrer Meynung nach billigen Preiſe verkauſen wollen. Auch der vernuͤnftige Mann druͤckt in dem lebhaften Danke fuͤr die geſegnete Erndte, und in der ſuͤßen Empfindung wohlfeiler Zeiten einen bittern Gedanken gegen mich aus; und der Staat, der guͤldne Berge verſpricht wenn er einen ehrlichen Kerl gebraucht, ſo bald er ihn aber nicht mehr noͤthig hat, ohne Warregelder zum Henker ſchickt, der Staat ſage ich, laͤßt meine Magazine nicht unterſuchen; es kommt kein Commiſſa-
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[52/0070]
Vorſchlag zu einem beſtaͤndigen Kornmagazin.
Den Brennern koͤnnte man dagegen die Verſicherung er-
theilen, daß ihnen das Brennen ſo lange frey ſtehen ſollte,
als der Rogge nicht uͤber 1 Thaler ſtiege und daß ihnen,
wenn er daruͤber gienge, jedesmal eine Zeit von 4 Wochen
verſtattet ſeyn ſollte, ehe und bevor die Keſſel geſchloſſen wer-
den koͤnnten.
Auf dieſe Weiſe glaube ich, waͤre ihnen und dem gemeinen
Weſen zugleich gedienet; ſie wuͤrden ſich bemuͤhen den Preis
unter 1 Thaler zu halten und keinen Schaden an ihrem Vor-
rath leiden. Sie ſind ohnehin die einzigen, welche leicht Korn
aufſchuͤtten koͤnnen, weil ſie dasjenige, was ihnen liegen bleibt,
mehrentheils ohne Schaden verbrennen koͤnnen.
IX.
Schreiben eines Kornhaͤndlers.
Da ſitze ich nun mit meinen Kornvorrath ohne von einem
ſterblichen Menſchen beklagt oder geholfen zu werden.
Jedermann frolocket vielmehr uͤber meinen Verluſt und wuͤn-
ſchet, daß der ſchwarze Wurm und alle Maͤuſe aus dem Felde mir
dasjenige rauben moͤgen, was ich den Armen nicht zu einem
ihrer Meynung nach billigen Preiſe verkauſen wollen. Auch
der vernuͤnftige Mann druͤckt in dem lebhaften Danke fuͤr die
geſegnete Erndte, und in der ſuͤßen Empfindung wohlfeiler
Zeiten einen bittern Gedanken gegen mich aus; und der
Staat, der guͤldne Berge verſpricht wenn er einen ehrlichen
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ohne Warregelder zum Henker ſchickt, der Staat ſage ich, laͤßt
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/70>, abgerufen am 21.12.2024.
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