Etats und Berichtern; diese vermehren die Arbeit aber nicht die Einnahme, und ein Fürst der alles selbst sehen, lesen und wissen will, ist in meinen Augen ein Mann, der um einen Fuchs zu fangen mit zehntausend Unterthanen ein Treibjagen anstellet. Ich dachte man ließe dem Fuchs ein Huhn und stellete das Treibjagen ein.
Stille mein lieber Canzler, schloß der Fürst, die Ordnung die Ordnung ist eine so schöne, so nothwendige so wichtige Sache ... und ein Fuchs ist für die armen Hühner ein so schädliches Thier. Doch um auf unsre vorige Frage zu kom- men und von der Sache recht aus dem Grunde unterrichtet zu seyn, wollen wir durch unser Intelligenzblatt einen Preis von 50 Ducaten für die beste Ausführung über die Aufgabe bekannt machen lassen: Wie viel braucht man um zu leben?
LXXVIII. Schreiben einer Mutter an einen philo- sophischen Kinderlehrer.
Mit einem Worte, ich mag ihr ganzes Geschwätz von der Erziehung meiner Kinder nicht mehr hören. Die Gründe für die Tugend sind gut, und meine Mädgen sollen sie auch fassen. Aber die Erfahrung lehrt mich, nicht alles auf Gründe und Erkenntniß der Pflichten ankommen zu las- sen. Die Natur hat uns Empfindungen und Leidenschaften gegeben, welche sowol bey kleinen als großen Kindern zu nutzen sind, und ich sehe gar nicht ein, warum ich meine Mädgen
nicht
Schreiben einer Mutter
Etats und Berichtern; dieſe vermehren die Arbeit aber nicht die Einnahme, und ein Fuͤrſt der alles ſelbſt ſehen, leſen und wiſſen will, iſt in meinen Augen ein Mann, der um einen Fuchs zu fangen mit zehntauſend Unterthanen ein Treibjagen anſtellet. Ich dachte man ließe dem Fuchs ein Huhn und ſtellete das Treibjagen ein.
Stille mein lieber Canzler, ſchloß der Fuͤrſt, die Ordnung die Ordnung iſt eine ſo ſchoͤne, ſo nothwendige ſo wichtige Sache … und ein Fuchs iſt fuͤr die armen Huͤhner ein ſo ſchaͤdliches Thier. Doch um auf unſre vorige Frage zu kom- men und von der Sache recht aus dem Grunde unterrichtet zu ſeyn, wollen wir durch unſer Intelligenzblatt einen Preis von 50 Ducaten fuͤr die beſte Ausfuͤhrung uͤber die Aufgabe bekannt machen laſſen: Wie viel braucht man um zu leben?
LXXVIII. Schreiben einer Mutter an einen philo- ſophiſchen Kinderlehrer.
Mit einem Worte, ich mag ihr ganzes Geſchwaͤtz von der Erziehung meiner Kinder nicht mehr hoͤren. Die Gruͤnde fuͤr die Tugend ſind gut, und meine Maͤdgen ſollen ſie auch faſſen. Aber die Erfahrung lehrt mich, nicht alles auf Gruͤnde und Erkenntniß der Pflichten ankommen zu laſ- ſen. Die Natur hat uns Empfindungen und Leidenſchaften gegeben, welche ſowol bey kleinen als großen Kindern zu nutzen ſind, und ich ſehe gar nicht ein, warum ich meine Maͤdgen
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Schreiben einer Mutter
Etats und Berichtern; dieſe vermehren die Arbeit aber nicht
die Einnahme, und ein Fuͤrſt der alles ſelbſt ſehen, leſen und
wiſſen will, iſt in meinen Augen ein Mann, der um einen
Fuchs zu fangen mit zehntauſend Unterthanen ein Treibjagen
anſtellet. Ich dachte man ließe dem Fuchs ein Huhn und
ſtellete das Treibjagen ein.
Stille mein lieber Canzler, ſchloß der Fuͤrſt, die Ordnung
die Ordnung iſt eine ſo ſchoͤne, ſo nothwendige ſo wichtige
Sache … und ein Fuchs iſt fuͤr die armen Huͤhner ein ſo
ſchaͤdliches Thier. Doch um auf unſre vorige Frage zu kom-
men und von der Sache recht aus dem Grunde unterrichtet zu
ſeyn, wollen wir durch unſer Intelligenzblatt einen Preis von
50 Ducaten fuͤr die beſte Ausfuͤhrung uͤber
die Aufgabe
bekannt machen laſſen: Wie viel braucht man um zu leben?
LXXVIII.
Schreiben einer Mutter an einen philo-
ſophiſchen Kinderlehrer.
Mit einem Worte, ich mag ihr ganzes Geſchwaͤtz von der
Erziehung meiner Kinder nicht mehr hoͤren. Die
Gruͤnde fuͤr die Tugend ſind gut, und meine Maͤdgen ſollen
ſie auch faſſen. Aber die Erfahrung lehrt mich, nicht alles
auf Gruͤnde und Erkenntniß der Pflichten ankommen zu laſ-
ſen. Die Natur hat uns Empfindungen und Leidenſchaften
gegeben, welche ſowol bey kleinen als großen Kindern zu nutzen
ſind, und ich ſehe gar nicht ein, warum ich meine Maͤdgen
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/454>, abgerufen am 30.12.2024.
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