haben, oder der Herr Verfasser verstehet solche nicht recht. Es giebt aber auch Heiden und Möhre, die der Fleiß zum besten Ackerlande umschaffen könnte; sie bleiben aber immer öde und unnütz, bloß weil man sie als jene Wege behandelt, der Sonne und dem Froste allein überlässet, und übrigens kei- nen Handschlag zu ihrem Besten verwendet. Würden der- gleichen Wüsteneyen; besonders wenn sie in der Nähe wohl- bevölkerter Dörfer oder gar Städte liegen, mithin die Her- beyschaffung des Mistes möglich, beackert, oder gewönne auch nur die Hude und Weide durch die Einschränkung des will- kührlichen Fahrens, würden, sage ich, dergleichen Wüsteneyen zur Cultur oder mehrer Nutzbarkeit durch die mit dem Bau verknüpfte Einschränkung der Wege gebracht; so getraute ich mir zu behaupten, daß bey dieser, wie bey allen Arten der Industrie im ganzen gewonnen und der Erbauung der Wege ein neues Verdienst aufgehen müßte.
LXXVI. Erinnerung des Altflickers zum vorigen Stück.
Aufmerksame Leser und Kenner werden es vielfältig bemerkt haben, daß ich mich sehr oft einer Art der Rede bediene, welche Deklamation genannt wird. Es giebt verschiedene kleine alltägliche und auch sonderbare Wahrheiten, die man nicht interessant machen kan, ohne sie auf diese Weise aufzu- stutzen. So wie aber diese Art des Vortrags auf der einen Seite ihre eignen Privilegien hat: so würde es auf Seiten der Leser sehr unbillig gehandelt seyn, wenn sie dasjenige, was
De-
Erinnerung des Altflickers
haben, oder der Herr Verfaſſer verſtehet ſolche nicht recht. Es giebt aber auch Heiden und Moͤhre, die der Fleiß zum beſten Ackerlande umſchaffen koͤnnte; ſie bleiben aber immer oͤde und unnuͤtz, bloß weil man ſie als jene Wege behandelt, der Sonne und dem Froſte allein uͤberlaͤſſet, und uͤbrigens kei- nen Handſchlag zu ihrem Beſten verwendet. Wuͤrden der- gleichen Wuͤſteneyen; beſonders wenn ſie in der Naͤhe wohl- bevoͤlkerter Doͤrfer oder gar Staͤdte liegen, mithin die Her- beyſchaffung des Miſtes moͤglich, beackert, oder gewoͤnne auch nur die Hude und Weide durch die Einſchraͤnkung des will- kuͤhrlichen Fahrens, wuͤrden, ſage ich, dergleichen Wuͤſteneyen zur Cultur oder mehrer Nutzbarkeit durch die mit dem Bau verknuͤpfte Einſchraͤnkung der Wege gebracht; ſo getraute ich mir zu behaupten, daß bey dieſer, wie bey allen Arten der Induſtrie im ganzen gewonnen und der Erbauung der Wege ein neues Verdienſt aufgehen muͤßte.
LXXVI. Erinnerung des Altflickers zum vorigen Stuͤck.
Aufmerkſame Leſer und Kenner werden es vielfaͤltig bemerkt haben, daß ich mich ſehr oft einer Art der Rede bediene, welche Deklamation genannt wird. Es giebt verſchiedene kleine alltaͤgliche und auch ſonderbare Wahrheiten, die man nicht intereſſant machen kan, ohne ſie auf dieſe Weiſe aufzu- ſtutzen. So wie aber dieſe Art des Vortrags auf der einen Seite ihre eignen Privilegien hat: ſo wuͤrde es auf Seiten der Leſer ſehr unbillig gehandelt ſeyn, wenn ſie dasjenige, was
De-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0448"n="430"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Erinnerung des Altflickers</hi></fw><lb/>
haben, oder der Herr Verfaſſer verſtehet ſolche nicht recht.<lb/>
Es giebt aber auch Heiden und Moͤhre, die der Fleiß zum<lb/>
beſten Ackerlande umſchaffen koͤnnte; ſie bleiben aber immer<lb/>
oͤde und unnuͤtz, bloß weil man ſie als jene Wege behandelt,<lb/>
der Sonne und dem Froſte allein uͤberlaͤſſet, und uͤbrigens kei-<lb/>
nen Handſchlag zu ihrem Beſten verwendet. Wuͤrden der-<lb/>
gleichen Wuͤſteneyen; beſonders wenn ſie in der Naͤhe wohl-<lb/>
bevoͤlkerter Doͤrfer oder gar Staͤdte liegen, mithin die Her-<lb/>
beyſchaffung des Miſtes moͤglich, beackert, oder gewoͤnne auch<lb/>
nur die Hude und Weide durch die Einſchraͤnkung des will-<lb/>
kuͤhrlichen Fahrens, wuͤrden, ſage ich, dergleichen Wuͤſteneyen<lb/>
zur Cultur oder mehrer Nutzbarkeit durch die mit dem Bau<lb/>
verknuͤpfte Einſchraͤnkung der Wege gebracht; ſo getraute ich<lb/>
mir zu behaupten, daß bey dieſer, wie bey allen Arten der<lb/>
Induſtrie im ganzen gewonnen und der Erbauung der Wege<lb/>
ein neues Verdienſt aufgehen muͤßte.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">LXXVI.</hi><lb/>
Erinnerung des Altflickers zum<lb/>
vorigen Stuͤck.</hi></head><lb/><p>Aufmerkſame Leſer und Kenner werden es vielfaͤltig bemerkt<lb/>
haben, daß ich mich ſehr oft einer Art der Rede bediene,<lb/>
welche <hirendition="#fr">Deklamation</hi> genannt wird. Es giebt verſchiedene<lb/>
kleine alltaͤgliche und auch ſonderbare Wahrheiten, die man<lb/>
nicht intereſſant machen kan, ohne ſie auf dieſe Weiſe aufzu-<lb/>ſtutzen. So wie aber dieſe Art des Vortrags auf der einen<lb/>
Seite ihre eignen Privilegien hat: ſo wuͤrde es auf Seiten<lb/>
der Leſer ſehr unbillig gehandelt ſeyn, wenn ſie dasjenige, was<lb/><fwplace="bottom"type="catch">De-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[430/0448]
Erinnerung des Altflickers
haben, oder der Herr Verfaſſer verſtehet ſolche nicht recht.
Es giebt aber auch Heiden und Moͤhre, die der Fleiß zum
beſten Ackerlande umſchaffen koͤnnte; ſie bleiben aber immer
oͤde und unnuͤtz, bloß weil man ſie als jene Wege behandelt,
der Sonne und dem Froſte allein uͤberlaͤſſet, und uͤbrigens kei-
nen Handſchlag zu ihrem Beſten verwendet. Wuͤrden der-
gleichen Wuͤſteneyen; beſonders wenn ſie in der Naͤhe wohl-
bevoͤlkerter Doͤrfer oder gar Staͤdte liegen, mithin die Her-
beyſchaffung des Miſtes moͤglich, beackert, oder gewoͤnne auch
nur die Hude und Weide durch die Einſchraͤnkung des will-
kuͤhrlichen Fahrens, wuͤrden, ſage ich, dergleichen Wuͤſteneyen
zur Cultur oder mehrer Nutzbarkeit durch die mit dem Bau
verknuͤpfte Einſchraͤnkung der Wege gebracht; ſo getraute ich
mir zu behaupten, daß bey dieſer, wie bey allen Arten der
Induſtrie im ganzen gewonnen und der Erbauung der Wege
ein neues Verdienſt aufgehen muͤßte.
LXXVI.
Erinnerung des Altflickers zum
vorigen Stuͤck.
Aufmerkſame Leſer und Kenner werden es vielfaͤltig bemerkt
haben, daß ich mich ſehr oft einer Art der Rede bediene,
welche Deklamation genannt wird. Es giebt verſchiedene
kleine alltaͤgliche und auch ſonderbare Wahrheiten, die man
nicht intereſſant machen kan, ohne ſie auf dieſe Weiſe aufzu-
ſtutzen. So wie aber dieſe Art des Vortrags auf der einen
Seite ihre eignen Privilegien hat: ſo wuͤrde es auf Seiten
der Leſer ſehr unbillig gehandelt ſeyn, wenn ſie dasjenige, was
De-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/448>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.