ten desto genauer zu berechnen suchte, den alle fünfhundert Hofnarren des Königs von Monomotapa nicht zum Lachen gebracht haben würden, pflegte sich alle Tage einmal in sei- nen Lehnstuhl zu setzen, und so lange mit dem Munde zu lachen, bis er würklich von Herzen lachen und seiuer Lunge eine wohl- thätige Erschütterung geben konnte. Hier war also noch ein an- drer Grund der veränderten Laune; und ich glaube, wenn man aus Muthwillen oder aus Ueberlegung sein Gesicht eine Zeitlang vor dem Spiegel zu freundschaftlichen Zügen übte, es würde diese Bewegung der Lachemuskeln auch eine glückliche Mitwürkung auf unser Herz hervorbringen.
Doch Sie können ohne dieses Mittel vergnügt seyn; aber wir armen geplagten Hausfrauen mit unsern grämlichen Män- nern müssen bisweilen unsre Zuflucht zur Kunst nehmen, um die Falten zu verziehen, welche sich wider unsern Willen zu Runzeln aufwerfen wollen. Leben Sie indessen wohl, und vergessen uns tragicomischen Landleute nicht. Ich bin
Amalia ...
LXIV. Man sollte den alten Geckorden wieder erneuern.
Man rühmt es zwar unsern großen Vorfahren nach, daß sie zum Zeitvertreibe vieles auf vertraute Gesellschaf- ten und brüderliches Trinken gehalten, und darin die ganze Wollust politischer Begeisterungen und kühner Verschwörungen genossen hätten; auch redet man nie von ihren Töchtern, ohne sich Prinzeßinnen vorzustellen, die in einsamen Nach-
den-
Man ſollte den alten Geckorden
ten deſto genauer zu berechnen ſuchte, den alle fuͤnfhundert Hofnarren des Koͤnigs von Monomotapa nicht zum Lachen gebracht haben wuͤrden, pflegte ſich alle Tage einmal in ſei- nen Lehnſtuhl zu ſetzen, und ſo lange mit dem Munde zu lachen, bis er wuͤrklich von Herzen lachen und ſeiuer Lunge eine wohl- thaͤtige Erſchuͤtterung geben konnte. Hier war alſo noch ein an- drer Grund der veraͤnderten Laune; und ich glaube, wenn man aus Muthwillen oder aus Ueberlegung ſein Geſicht eine Zeitlang vor dem Spiegel zu freundſchaftlichen Zuͤgen uͤbte, es wuͤrde dieſe Bewegung der Lachemuskeln auch eine gluͤckliche Mitwuͤrkung auf unſer Herz hervorbringen.
Doch Sie koͤnnen ohne dieſes Mittel vergnuͤgt ſeyn; aber wir armen geplagten Hausfrauen mit unſern graͤmlichen Maͤn- nern muͤſſen bisweilen unſre Zuflucht zur Kunſt nehmen, um die Falten zu verziehen, welche ſich wider unſern Willen zu Runzeln aufwerfen wollen. Leben Sie indeſſen wohl, und vergeſſen uns tragicomiſchen Landleute nicht. Ich bin
Amalia …
LXIV. Man ſollte den alten Geckorden wieder erneuern.
Man ruͤhmt es zwar unſern großen Vorfahren nach, daß ſie zum Zeitvertreibe vieles auf vertraute Geſellſchaf- ten und bruͤderliches Trinken gehalten, und darin die ganze Wolluſt politiſcher Begeiſterungen und kuͤhner Verſchwoͤrungen genoſſen haͤtten; auch redet man nie von ihren Toͤchtern, ohne ſich Prinzeßinnen vorzuſtellen, die in einſamen Nach-
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Man ſollte den alten Geckorden
ten deſto genauer zu berechnen ſuchte, den alle fuͤnfhundert
Hofnarren des Koͤnigs von Monomotapa nicht zum Lachen
gebracht haben wuͤrden, pflegte ſich alle Tage einmal in ſei-
nen Lehnſtuhl zu ſetzen, und ſo lange mit dem Munde zu lachen,
bis er wuͤrklich von Herzen lachen und ſeiuer Lunge eine wohl-
thaͤtige Erſchuͤtterung geben konnte. Hier war alſo noch ein an-
drer Grund der veraͤnderten Laune; und ich glaube, wenn man
aus Muthwillen oder aus Ueberlegung ſein Geſicht eine Zeitlang
vor dem Spiegel zu freundſchaftlichen Zuͤgen uͤbte, es wuͤrde dieſe
Bewegung der Lachemuskeln auch eine gluͤckliche Mitwuͤrkung
auf unſer Herz hervorbringen.
Doch Sie koͤnnen ohne dieſes Mittel vergnuͤgt ſeyn; aber
wir armen geplagten Hausfrauen mit unſern graͤmlichen Maͤn-
nern muͤſſen bisweilen unſre Zuflucht zur Kunſt nehmen, um
die Falten zu verziehen, welche ſich wider unſern Willen zu
Runzeln aufwerfen wollen. Leben Sie indeſſen wohl, und
vergeſſen uns tragicomiſchen Landleute nicht. Ich bin
Amalia …
LXIV.
Man ſollte den alten Geckorden wieder
erneuern.
Man ruͤhmt es zwar unſern großen Vorfahren nach, daß
ſie zum Zeitvertreibe vieles auf vertraute Geſellſchaf-
ten und bruͤderliches Trinken gehalten, und darin die ganze
Wolluſt politiſcher Begeiſterungen und kuͤhner Verſchwoͤrungen
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/390>, abgerufen am 22.02.2025.
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