Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite
in großen und kleinen Städten.
send Pfund bestechen lassen; ich sage, daß in der Zeit
seine Freunde ihm tausend Pfund gaben, und seine
Schulden zu bezahlen sich anheischig machten, er die vier-
tausend Pfund, welche ihm Milord Hallifax bezahlen
muste, zu Beutel gesteckt, und nicht allein nichts davon
seinen Gläubigern gegeben, sondern eine verfälschte Liste
von nie gehabten Schulden aufgestellet und seine Freun-
de solchergestalt ums Geld geschneutzt habe; ich schließe
daraus daß er ein Schelm, ein notorischer Betrüger, ein
Spitaldieb, ein Ministerialheuerling, und ein Räuber
seiner Wohlthäter sey, bey dem allen aber, noch die ab-
scheuliche Unverschämtheit besitze sich dieser Stadt Bür-
gerschaft zum Lord Maire aufzudringen. ..........

Würde nicht in Deutschland sich alles gegen den Verfasser
und Drucker solcher unter öffentlicher Autorität bekannt wer-
denden Aufsätze auflehnen? Was geschieht aber hierauf in
London? Man ließt es und lacht darüber, und Herr Wilkes
antwortet seinem Gegner in eben dem Tone. Nun schließe
man von einer Ehre auf die andre.



XXXXV.
Der Galgen ist für uns und für unsre
Kinder.

Man erzählt es sich im Scherze, daß eine gewisse Stadt
über ihren Galgen oder über ihren Pranger, ich weis
es nicht genau, welcher von beyden es war, die Worte ge-
setzt hätte: Dieser ist für uns und unsre Kinder. Es fehlt
aber doch auch nicht an Gelegenheiten, wo eine ernstliche An-

wen-
in großen und kleinen Staͤdten.
ſend Pfund beſtechen laſſen; ich ſage, daß in der Zeit
ſeine Freunde ihm tauſend Pfund gaben, und ſeine
Schulden zu bezahlen ſich anheiſchig machten, er die vier-
tauſend Pfund, welche ihm Milord Hallifax bezahlen
muſte, zu Beutel geſteckt, und nicht allein nichts davon
ſeinen Glaͤubigern gegeben, ſondern eine verfaͤlſchte Liſte
von nie gehabten Schulden aufgeſtellet und ſeine Freun-
de ſolchergeſtalt ums Geld geſchneutzt habe; ich ſchließe
daraus daß er ein Schelm, ein notoriſcher Betruͤger, ein
Spitaldieb, ein Miniſterialheuerling, und ein Raͤuber
ſeiner Wohlthaͤter ſey, bey dem allen aber, noch die ab-
ſcheuliche Unverſchaͤmtheit beſitze ſich dieſer Stadt Buͤr-
gerſchaft zum Lord Maire aufzudringen. ..........

Wuͤrde nicht in Deutſchland ſich alles gegen den Verfaſſer
und Drucker ſolcher unter oͤffentlicher Autoritaͤt bekannt wer-
denden Aufſaͤtze auflehnen? Was geſchieht aber hierauf in
London? Man ließt es und lacht daruͤber, und Herr Wilkes
antwortet ſeinem Gegner in eben dem Tone. Nun ſchließe
man von einer Ehre auf die andre.



XXXXV.
Der Galgen iſt fuͤr uns und fuͤr unſre
Kinder.

Man erzaͤhlt es ſich im Scherze, daß eine gewiſſe Stadt
uͤber ihren Galgen oder uͤber ihren Pranger, ich weis
es nicht genau, welcher von beyden es war, die Worte ge-
ſetzt haͤtte: Dieſer iſt für uns und unſre Kinder. Es fehlt
aber doch auch nicht an Gelegenheiten, wo eine ernſtliche An-

wen-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <cit>
          <quote> <hi rendition="#et"><pb facs="#f0316" n="298"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in großen und kleinen Sta&#x0364;dten.</hi></fw><lb/>
&#x017F;end Pfund be&#x017F;techen la&#x017F;&#x017F;en; ich &#x017F;age, daß in der Zeit<lb/>
&#x017F;eine Freunde ihm tau&#x017F;end Pfund gaben, und &#x017F;eine<lb/>
Schulden zu bezahlen &#x017F;ich anhei&#x017F;chig machten, er die vier-<lb/>
tau&#x017F;end Pfund, welche ihm Milord Hallifax bezahlen<lb/>
mu&#x017F;te, zu Beutel ge&#x017F;teckt, und nicht allein nichts davon<lb/>
&#x017F;einen Gla&#x0364;ubigern gegeben, &#x017F;ondern eine verfa&#x0364;l&#x017F;chte Li&#x017F;te<lb/>
von nie gehabten Schulden aufge&#x017F;tellet und &#x017F;eine Freun-<lb/>
de &#x017F;olcherge&#x017F;talt ums Geld ge&#x017F;chneutzt habe; ich &#x017F;chließe<lb/>
daraus daß er ein Schelm, ein notori&#x017F;cher Betru&#x0364;ger, ein<lb/>
Spitaldieb, ein Mini&#x017F;terialheuerling, und ein Ra&#x0364;uber<lb/>
&#x017F;einer Wohltha&#x0364;ter &#x017F;ey, bey dem allen aber, noch die ab-<lb/>
&#x017F;cheuliche Unver&#x017F;cha&#x0364;mtheit be&#x017F;itze &#x017F;ich die&#x017F;er Stadt Bu&#x0364;r-<lb/>
ger&#x017F;chaft zum Lord Maire aufzudringen. ..........</hi> </quote>
        </cit><lb/>
        <p>Wu&#x0364;rde nicht in Deut&#x017F;chland &#x017F;ich alles gegen den Verfa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
und Drucker &#x017F;olcher unter o&#x0364;ffentlicher Autorita&#x0364;t bekannt wer-<lb/>
denden Auf&#x017F;a&#x0364;tze auflehnen? Was ge&#x017F;chieht aber hierauf in<lb/>
London? Man ließt es und lacht daru&#x0364;ber, und Herr Wilkes<lb/>
antwortet &#x017F;einem Gegner in eben dem Tone. Nun &#x017F;chließe<lb/>
man von einer Ehre auf die andre.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XXXXV.</hi><lb/>
Der Galgen i&#x017F;t fu&#x0364;r uns und fu&#x0364;r un&#x017F;re<lb/>
Kinder.</hi> </head><lb/>
        <p>Man erza&#x0364;hlt es &#x017F;ich im Scherze, daß eine gewi&#x017F;&#x017F;e Stadt<lb/>
u&#x0364;ber ihren Galgen oder u&#x0364;ber ihren Pranger, ich weis<lb/>
es nicht genau, welcher von beyden es war, die Worte ge-<lb/>
&#x017F;etzt ha&#x0364;tte: <hi rendition="#fr">Die&#x017F;er i&#x017F;t für uns und un&#x017F;re Kinder.</hi> Es fehlt<lb/>
aber doch auch nicht an Gelegenheiten, wo eine ern&#x017F;tliche An-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wen-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[298/0316] in großen und kleinen Staͤdten. ſend Pfund beſtechen laſſen; ich ſage, daß in der Zeit ſeine Freunde ihm tauſend Pfund gaben, und ſeine Schulden zu bezahlen ſich anheiſchig machten, er die vier- tauſend Pfund, welche ihm Milord Hallifax bezahlen muſte, zu Beutel geſteckt, und nicht allein nichts davon ſeinen Glaͤubigern gegeben, ſondern eine verfaͤlſchte Liſte von nie gehabten Schulden aufgeſtellet und ſeine Freun- de ſolchergeſtalt ums Geld geſchneutzt habe; ich ſchließe daraus daß er ein Schelm, ein notoriſcher Betruͤger, ein Spitaldieb, ein Miniſterialheuerling, und ein Raͤuber ſeiner Wohlthaͤter ſey, bey dem allen aber, noch die ab- ſcheuliche Unverſchaͤmtheit beſitze ſich dieſer Stadt Buͤr- gerſchaft zum Lord Maire aufzudringen. .......... Wuͤrde nicht in Deutſchland ſich alles gegen den Verfaſſer und Drucker ſolcher unter oͤffentlicher Autoritaͤt bekannt wer- denden Aufſaͤtze auflehnen? Was geſchieht aber hierauf in London? Man ließt es und lacht daruͤber, und Herr Wilkes antwortet ſeinem Gegner in eben dem Tone. Nun ſchließe man von einer Ehre auf die andre. XXXXV. Der Galgen iſt fuͤr uns und fuͤr unſre Kinder. Man erzaͤhlt es ſich im Scherze, daß eine gewiſſe Stadt uͤber ihren Galgen oder uͤber ihren Pranger, ich weis es nicht genau, welcher von beyden es war, die Worte ge- ſetzt haͤtte: Dieſer iſt für uns und unſre Kinder. Es fehlt aber doch auch nicht an Gelegenheiten, wo eine ernſtliche An- wen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/316
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/316>, abgerufen am 30.12.2024.