Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.Gedanken über eine Weinrechnung. Staatsgeschichte von Europa dadurch erhalten könnte; beson-ders zu unsern gegenwärtigen Zeiten, wo man so sehr auf die Erfindung und Schilderung historischer Charakter erpicht ist, und anstatt in Handlungen zu reden, das Gemählde mit schim- mernden Colorit beschwert. Das ganze Gewicht der Nieder- sächsischen Kreis-Generalität, welche im Jahr 1626 vor hie- siger Stadt war, und die Coadjutorwahl des königl. dänischen Prinzen unterstützte, wird durch jene Weinrechnung ins Licht gesetzt. Man sieht leicht, daß der Herzog von Sachsen-Wei- mar das mehrste gegolten habe, weil er vier Ohm Wein be- kommen; und um den historischen Charakter des Prinzen von Birkenfeld festzusetzen, darf man nur sagen: er war ein Herr, der mit einem Fäßgen von 581/2 Maaß gern vorlieb nahm. Der kaiserl. General Graf von Anhalt aber mußte über die der Kreisgeneralität wiederfahrene Ehre, sehr erzürnet seyn, indem sein Zorn nicht anders als durch sechs Ohm gestillet werden konnte; der Obrist Limbach ist nach Ausweise der Rechnung, die Seele des Corps gewesen; und der Obrist Schepf ein Günstling des Herrn Generallieutenants, indem er diesem seinen Ohm überlassen mußte. So viele wichtige Schlüsse lassen sich aus einer Weinrechnung machen. Anlage. Auf Beschluß der Stiftsstände sind nachfolgende Weine aus eines Erbaren Raths Weinkel- ler gefürdert. Anno 1626 dem Herrn Pfenningmeistern Arnold von der Burgk, verkauft ein Faß Wein, so dem Herrn General, Sachsen-Weimar, ist verehret worden 3 Ohm, 1 Maaß. Der Ohm 28 Thlr. facit 85 Thlr. Den Mösers patr. Phantas. I. Th. E
Gedanken uͤber eine Weinrechnung. Staatsgeſchichte von Europa dadurch erhalten koͤnnte; beſon-ders zu unſern gegenwaͤrtigen Zeiten, wo man ſo ſehr auf die Erfindung und Schilderung hiſtoriſcher Charakter erpicht iſt, und anſtatt in Handlungen zu reden, das Gemaͤhlde mit ſchim- mernden Colorit beſchwert. Das ganze Gewicht der Nieder- ſaͤchſiſchen Kreis-Generalitaͤt, welche im Jahr 1626 vor hie- ſiger Stadt war, und die Coadjutorwahl des koͤnigl. daͤniſchen Prinzen unterſtuͤtzte, wird durch jene Weinrechnung ins Licht geſetzt. Man ſieht leicht, daß der Herzog von Sachſen-Wei- mar das mehrſte gegolten habe, weil er vier Ohm Wein be- kommen; und um den hiſtoriſchen Charakter des Prinzen von Birkenfeld feſtzuſetzen, darf man nur ſagen: er war ein Herr, der mit einem Faͤßgen von 58½ Maaß gern vorlieb nahm. Der kaiſerl. General Graf von Anhalt aber mußte uͤber die der Kreisgeneralitaͤt wiederfahrene Ehre, ſehr erzuͤrnet ſeyn, indem ſein Zorn nicht anders als durch ſechs Ohm geſtillet werden konnte; der Obriſt Limbach iſt nach Ausweiſe der Rechnung, die Seele des Corps geweſen; und der Obriſt Schepf ein Guͤnſtling des Herrn Generallieutenants, indem er dieſem ſeinen Ohm uͤberlaſſen mußte. So viele wichtige Schluͤſſe laſſen ſich aus einer Weinrechnung machen. Anlage. Auf Beſchluß der Stiftsſtaͤnde ſind nachfolgende Weine aus eines Erbaren Raths Weinkel- ler gefuͤrdert. Anno 1626 dem Herrn Pfenningmeiſtern Arnold von der Burgk, verkauft ein Faß Wein, ſo dem Herrn General, Sachſen-Weimar, iſt verehret worden 3 Ohm, 1 Maaß. Der Ohm 28 Thlr. facit 85 Thlr. Den Möſers patr. Phantaſ. I. Th. E
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Erfindung und Schilderung hiſtoriſcher Charakter erpicht iſt,
und anſtatt in Handlungen zu reden, das Gemaͤhlde mit ſchim-
mernden Colorit beſchwert. Das ganze Gewicht der Nieder-
ſaͤchſiſchen Kreis-Generalitaͤt, welche im Jahr 1626 vor hie-
ſiger Stadt war, und die Coadjutorwahl des koͤnigl. daͤniſchen
Prinzen unterſtuͤtzte, wird durch jene Weinrechnung ins Licht
geſetzt. Man ſieht leicht, daß der Herzog von Sachſen-Wei-
mar das mehrſte gegolten habe, weil er vier Ohm Wein be-
kommen; und um den hiſtoriſchen Charakter des Prinzen von
Birkenfeld feſtzuſetzen, darf man nur ſagen: er war ein Herr,
der mit einem Faͤßgen von 58½ Maaß gern vorlieb nahm.
Der kaiſerl. General Graf von Anhalt aber mußte uͤber die
der Kreisgeneralitaͤt wiederfahrene Ehre, ſehr erzuͤrnet ſeyn,
indem ſein Zorn nicht anders als durch ſechs Ohm geſtillet
werden konnte; der Obriſt Limbach iſt nach Ausweiſe der
Rechnung, die Seele des Corps geweſen; und der Obriſt
Schepf ein Guͤnſtling des Herrn Generallieutenants, indem
er dieſem ſeinen Ohm uͤberlaſſen mußte. So viele wichtige
Schluͤſſe laſſen ſich aus einer Weinrechnung machen.
Anlage.
Auf Beſchluß der Stiftsſtaͤnde ſind nachfolgende
Weine aus eines Erbaren Raths Weinkel-
ler gefuͤrdert.
Anno 1626 dem Herrn Pfenningmeiſtern Arnold
von der Burgk, verkauft ein Faß Wein, ſo dem
Herrn General, Sachſen-Weimar, iſt verehret
worden 3 Ohm, 1 Maaß.
Der Ohm 28 Thlr. facit 85 Thlr.
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