Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite
Von dem Nutzen einer Geschichte

In der Theorie scheinet diesem Plan nichts zu wider-
stehn. Aber die Ausführung? Nun diese hängt blos von
vielen kleinen Umständen ab, welche, da sie einzig und allein
die mindere oder mehrere Aufmerksamkeit der Landesobrigkeit
betreffen, zu berühren unnöthig sind.

Nur eins ist wichtig. In der Gegend von hiesiger
Stadt und der Seite von Oesede geräth der rigaische, auch
der pernauische: nach Bissendorf und weiter hinauf der libaui-
sche; wo fein Flachs gezogen wird, der windauische Saame,
und um Borgloh das Seeländische Sack-lein am besten. Al-
lein in diese Absichten muß sich die Compagnie schicken, und
vielleicht hätte dieselbe Gelegenheit, eben so wie in Sachsen
vor zwey Jahren geschehn, mit Anconitanischen und andern
Saamen Versuche anstellen zu lassen, welches bey dem jetzi-
gen Handel, wo der Krämer den Saamen nach dem Willen
seiner Käufer kauft, nicht mit Sicherheit geschehen kann. Die
Compagnie kann bey obigen Plan allezeit bestehen, und sich
überdem den Vortheil zueignen, welchen der gleiche Cours des
Albertsthalers mit dem Rubel in den rußischen Provinzen
den schlauen Holländern darbietet, und der zur geheimen Com-
merzrechnung gehöret.



VII.
Von dem Nutzen einer Geschichte der Aemter
und Gilden.

Es ist kein Feld worinn die Gelehrten so viele Entdeckun-
gen machen, als in der Handlung und dem Fabrikwesen.
Denn da sie sehr vieles nicht wissen: so müssen sie nothwen-
dig vieles zuerst entdecken, und der kluge Kaufmann läßt sie
schreiben, und die glücklichen Cameralisten sich den Kopf mit

neuen
Von dem Nutzen einer Geſchichte

In der Theorie ſcheinet dieſem Plan nichts zu wider-
ſtehn. Aber die Ausfuͤhrung? Nun dieſe haͤngt blos von
vielen kleinen Umſtaͤnden ab, welche, da ſie einzig und allein
die mindere oder mehrere Aufmerkſamkeit der Landesobrigkeit
betreffen, zu beruͤhren unnoͤthig ſind.

Nur eins iſt wichtig. In der Gegend von hieſiger
Stadt und der Seite von Oeſede geraͤth der rigaiſche, auch
der pernauiſche: nach Biſſendorf und weiter hinauf der libaui-
ſche; wo fein Flachs gezogen wird, der windauiſche Saame,
und um Borgloh das Seelaͤndiſche Sack-lein am beſten. Al-
lein in dieſe Abſichten muß ſich die Compagnie ſchicken, und
vielleicht haͤtte dieſelbe Gelegenheit, eben ſo wie in Sachſen
vor zwey Jahren geſchehn, mit Anconitaniſchen und andern
Saamen Verſuche anſtellen zu laſſen, welches bey dem jetzi-
gen Handel, wo der Kraͤmer den Saamen nach dem Willen
ſeiner Kaͤufer kauft, nicht mit Sicherheit geſchehen kann. Die
Compagnie kann bey obigen Plan allezeit beſtehen, und ſich
uͤberdem den Vortheil zueignen, welchen der gleiche Cours des
Albertsthalers mit dem Rubel in den rußiſchen Provinzen
den ſchlauen Hollaͤndern darbietet, und der zur geheimen Com-
merzrechnung gehoͤret.



VII.
Von dem Nutzen einer Geſchichte der Aemter
und Gilden.

Es iſt kein Feld worinn die Gelehrten ſo viele Entdeckun-
gen machen, als in der Handlung und dem Fabrikweſen.
Denn da ſie ſehr vieles nicht wiſſen: ſo muͤſſen ſie nothwen-
dig vieles zuerſt entdecken, und der kluge Kaufmann laͤßt ſie
ſchreiben, und die gluͤcklichen Cameraliſten ſich den Kopf mit

neuen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0078" n="60"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von dem Nutzen einer Ge&#x017F;chichte</hi> </fw><lb/>
        <p>In der Theorie &#x017F;cheinet die&#x017F;em Plan nichts zu wider-<lb/>
&#x017F;tehn. Aber die Ausfu&#x0364;hrung? Nun die&#x017F;e ha&#x0364;ngt blos von<lb/>
vielen kleinen Um&#x017F;ta&#x0364;nden ab, welche, da &#x017F;ie einzig und allein<lb/>
die mindere oder mehrere Aufmerk&#x017F;amkeit der Landesobrigkeit<lb/>
betreffen, zu beru&#x0364;hren unno&#x0364;thig &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Nur eins i&#x017F;t wichtig. In der Gegend von hie&#x017F;iger<lb/>
Stadt und der Seite von Oe&#x017F;ede gera&#x0364;th der rigai&#x017F;che, auch<lb/>
der pernaui&#x017F;che: nach Bi&#x017F;&#x017F;endorf und weiter hinauf der libaui-<lb/>
&#x017F;che; wo fein Flachs gezogen wird, der windaui&#x017F;che Saame,<lb/>
und um Borgloh das Seela&#x0364;ndi&#x017F;che Sack-lein am be&#x017F;ten. Al-<lb/>
lein in die&#x017F;e Ab&#x017F;ichten muß &#x017F;ich die Compagnie &#x017F;chicken, und<lb/>
vielleicht ha&#x0364;tte die&#x017F;elbe Gelegenheit, eben &#x017F;o wie in Sach&#x017F;en<lb/>
vor zwey Jahren ge&#x017F;chehn, mit Anconitani&#x017F;chen und andern<lb/>
Saamen Ver&#x017F;uche an&#x017F;tellen zu la&#x017F;&#x017F;en, welches bey dem jetzi-<lb/>
gen Handel, wo der Kra&#x0364;mer den Saamen nach dem Willen<lb/>
&#x017F;einer Ka&#x0364;ufer kauft, nicht mit Sicherheit ge&#x017F;chehen kann. Die<lb/>
Compagnie kann bey obigen Plan allezeit be&#x017F;tehen, und &#x017F;ich<lb/>
u&#x0364;berdem den Vortheil zueignen, welchen der gleiche Cours des<lb/>
Albertsthalers mit dem Rubel in den rußi&#x017F;chen Provinzen<lb/>
den &#x017F;chlauen Holla&#x0364;ndern darbietet, und der zur geheimen Com-<lb/>
merzrechnung geho&#x0364;ret.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VII.</hi><lb/>
Von dem Nutzen einer Ge&#x017F;chichte der Aemter<lb/>
und Gilden.</hi> </head><lb/>
        <p>Es i&#x017F;t kein Feld worinn die Gelehrten &#x017F;o viele Entdeckun-<lb/>
gen machen, als in der Handlung und dem Fabrikwe&#x017F;en.<lb/>
Denn da &#x017F;ie &#x017F;ehr vieles nicht wi&#x017F;&#x017F;en: &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie nothwen-<lb/>
dig vieles zuer&#x017F;t entdecken, und der kluge Kaufmann la&#x0364;ßt &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;chreiben, und die glu&#x0364;cklichen Camerali&#x017F;ten &#x017F;ich den Kopf mit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">neuen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0078] Von dem Nutzen einer Geſchichte In der Theorie ſcheinet dieſem Plan nichts zu wider- ſtehn. Aber die Ausfuͤhrung? Nun dieſe haͤngt blos von vielen kleinen Umſtaͤnden ab, welche, da ſie einzig und allein die mindere oder mehrere Aufmerkſamkeit der Landesobrigkeit betreffen, zu beruͤhren unnoͤthig ſind. Nur eins iſt wichtig. In der Gegend von hieſiger Stadt und der Seite von Oeſede geraͤth der rigaiſche, auch der pernauiſche: nach Biſſendorf und weiter hinauf der libaui- ſche; wo fein Flachs gezogen wird, der windauiſche Saame, und um Borgloh das Seelaͤndiſche Sack-lein am beſten. Al- lein in dieſe Abſichten muß ſich die Compagnie ſchicken, und vielleicht haͤtte dieſelbe Gelegenheit, eben ſo wie in Sachſen vor zwey Jahren geſchehn, mit Anconitaniſchen und andern Saamen Verſuche anſtellen zu laſſen, welches bey dem jetzi- gen Handel, wo der Kraͤmer den Saamen nach dem Willen ſeiner Kaͤufer kauft, nicht mit Sicherheit geſchehen kann. Die Compagnie kann bey obigen Plan allezeit beſtehen, und ſich uͤberdem den Vortheil zueignen, welchen der gleiche Cours des Albertsthalers mit dem Rubel in den rußiſchen Provinzen den ſchlauen Hollaͤndern darbietet, und der zur geheimen Com- merzrechnung gehoͤret. VII. Von dem Nutzen einer Geſchichte der Aemter und Gilden. Es iſt kein Feld worinn die Gelehrten ſo viele Entdeckun- gen machen, als in der Handlung und dem Fabrikweſen. Denn da ſie ſehr vieles nicht wiſſen: ſo muͤſſen ſie nothwen- dig vieles zuerſt entdecken, und der kluge Kaufmann laͤßt ſie ſchreiben, und die gluͤcklichen Cameraliſten ſich den Kopf mit neuen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/78
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/78>, abgerufen am 21.11.2024.