Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.Ueber die Veränderung der Sitten. das hat keine Noth, die Eller nimmt nichtes von dem, so derEiche zukommt, sondern nur die sauren Säfte, so ihr schaden; sie brütet und schützet aber die Telgen und nähret sie durch ihr Laub, und sie ist ein nutzbares Holz. Wohl, sprach ich, so wollen wir auch die fremden Leute um euch pflanzen. Ich konnte dem guten Bauren hiedurch leicht zum schweigen brin- gen. Ihnen aber gebe ich diese Vergleichung mit dem Nutzen der Bevölkerung in seinem ganzen Umfang und in allen sei- nen Theilen nach Ihren Einsichten zu überlegen, und ich wette, daß Sie minder Widerwillen gegen die Colonisten empfinden werden, wenn Sie solches aufrichtig gethan haben. Ist es endlich, mein Werthester, eine huldreiche Ge- Uebrigens muß Ihnen ein jeder beypflichten, daß die LXII. Ueber die Veränderung der Sitten. Es ist oft ein angenehmer und lehrreicher Anblick zu sehen, welche
Ueber die Veraͤnderung der Sitten. das hat keine Noth, die Eller nimmt nichtes von dem, ſo derEiche zukommt, ſondern nur die ſauren Saͤfte, ſo ihr ſchaden; ſie bruͤtet und ſchuͤtzet aber die Telgen und naͤhret ſie durch ihr Laub, und ſie iſt ein nutzbares Holz. Wohl, ſprach ich, ſo wollen wir auch die fremden Leute um euch pflanzen. Ich konnte dem guten Bauren hiedurch leicht zum ſchweigen brin- gen. Ihnen aber gebe ich dieſe Vergleichung mit dem Nutzen der Bevoͤlkerung in ſeinem ganzen Umfang und in allen ſei- nen Theilen nach Ihren Einſichten zu uͤberlegen, und ich wette, daß Sie minder Widerwillen gegen die Coloniſten empfinden werden, wenn Sie ſolches aufrichtig gethan haben. Iſt es endlich, mein Wertheſter, eine huldreiche Ge- Uebrigens muß Ihnen ein jeder beypflichten, daß die LXII. Ueber die Veraͤnderung der Sitten. Es iſt oft ein angenehmer und lehrreicher Anblick zu ſehen, welche
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Ueber die Veraͤnderung der Sitten.
das hat keine Noth, die Eller nimmt nichtes von dem, ſo der
Eiche zukommt, ſondern nur die ſauren Saͤfte, ſo ihr ſchaden;
ſie bruͤtet und ſchuͤtzet aber die Telgen und naͤhret ſie durch
ihr Laub, und ſie iſt ein nutzbares Holz. Wohl, ſprach ich,
ſo wollen wir auch die fremden Leute um euch pflanzen. Ich
konnte dem guten Bauren hiedurch leicht zum ſchweigen brin-
gen. Ihnen aber gebe ich dieſe Vergleichung mit dem Nutzen
der Bevoͤlkerung in ſeinem ganzen Umfang und in allen ſei-
nen Theilen nach Ihren Einſichten zu uͤberlegen, und ich wette,
daß Sie minder Widerwillen gegen die Coloniſten empfinden
werden, wenn Sie ſolches aufrichtig gethan haben.
Iſt es endlich, mein Wertheſter, eine huldreiche Ge-
ſinnung unſeres Monarchen, Fremde, die Urſache finden, ſich
uͤber ihr Vaterland zu beklagen, aufzunehmen, ſo laſſen Sie
es eine edle Bemuͤhung fuͤr ſeine Diener ſeyn, ihnen zu hel-
fen. Und in dieſer Abſicht betrachten Sie die ganze Sache
als ein Gluͤck fuͤr Deutſchland.
Uebrigens muß Ihnen ein jeder beypflichten, daß die
Bevoͤlkerung durch Heuerleute dem Genie der weſtphaͤliſchen
Provinzien am gemaͤßeſten ſey, und ich habe mich gefreuet,
Sie am Ende ihres Briefes wieder zu finden. Wir vernach-
laͤßigen dies ſo wenig, daß unſere Neubauer ſchon anfangen,
Heuerleute anzuſetzen. Leben Sie wohl.
Minden d. 30. Jul. 1770.
LXII.
Ueber die Veraͤnderung der Sitten.
Es iſt oft ein angenehmer und lehrreicher Anblick zu ſehen,
wie ſich gewiſſe Thorheiten gegen alle Geſetze erhalten;
und oftmals auch Geſetze zu einer Zeit gegen Laſter eifern,
welche
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