3) die ganze Accise überließen, und die Stadtbeschwer- den von ihren übrigen Einkünften und einer bürgerlichen Schatzung trugen.
Die Folge davon ist natürlicher Weise gewesen, daß die Landesherrn den Handel und das Handwerk so viel wie möglich vom platten Lande in die Stadt gezwungen; und sich der Städte als eines nunmehrigen Cameralgutes angenommen haben; anstart daß überall, wo sich keiner von obigen dreyen Fällen eräuget, das Landesherrliche Interesse sich dem Städti- schen widersetzt, und die Stadtnahrung dem Lande eröfnet hat. Die Landleute waren in den ältern Zeiten eben so frey als die Städte. Jene dienten zu Felde; diese zur Besatzung hinter den Mauren; und beyde steuerten zur Türkenhülfe und andern dergleichen Reichsbeschwerden. Jene haben sich endlich wegen des Felddienstes mit dem Landesherrn verglichen, und ihm dafür jährlich sichere Beysteuern verwilliget. Diese haben zum Theil, in so fern sie sich zu obigen dreyen Fällen verstan- den haben, ein gleiches gethan; und wo sie es nicht gethan, da zeigt sich ein widriges Interesse.
LIIII. Der hohe Styl der Kunst unter den Deutschen.
Die Zeiten des Faustrechts in Deutschland scheinen mir allemal diejenigen gewesen zu seyn, worinn unsre Nation das größte Gefühl der Ehre, die mehrste körperliche Tugend, und eine eigne Nationalgröße gezeiget hat. Die feigen Ge- schichtschreiber hinter den Klostermauren, und die bequemen
Ge-
von Zeit zu Zeit an ihren St. genommen haben.
3) die ganze Acciſe uͤberließen, und die Stadtbeſchwer- den von ihren uͤbrigen Einkuͤnften und einer buͤrgerlichen Schatzung trugen.
Die Folge davon iſt natuͤrlicher Weiſe geweſen, daß die Landesherrn den Handel und das Handwerk ſo viel wie moͤglich vom platten Lande in die Stadt gezwungen; und ſich der Staͤdte als eines nunmehrigen Cameralgutes angenommen haben; anſtart daß uͤberall, wo ſich keiner von obigen dreyen Faͤllen eraͤuget, das Landesherrliche Intereſſe ſich dem Staͤdti- ſchen widerſetzt, und die Stadtnahrung dem Lande eroͤfnet hat. Die Landleute waren in den aͤltern Zeiten eben ſo frey als die Staͤdte. Jene dienten zu Felde; dieſe zur Beſatzung hinter den Mauren; und beyde ſteuerten zur Tuͤrkenhuͤlfe und andern dergleichen Reichsbeſchwerden. Jene haben ſich endlich wegen des Felddienſtes mit dem Landesherrn verglichen, und ihm dafuͤr jaͤhrlich ſichere Beyſteuern verwilliget. Dieſe haben zum Theil, in ſo fern ſie ſich zu obigen dreyen Faͤllen verſtan- den haben, ein gleiches gethan; und wo ſie es nicht gethan, da zeigt ſich ein widriges Intereſſe.
LIIII. Der hohe Styl der Kunſt unter den Deutſchen.
Die Zeiten des Fauſtrechts in Deutſchland ſcheinen mir allemal diejenigen geweſen zu ſeyn, worinn unſre Nation das groͤßte Gefuͤhl der Ehre, die mehrſte koͤrperliche Tugend, und eine eigne Nationalgroͤße gezeiget hat. Die feigen Ge- ſchichtſchreiber hinter den Kloſtermauren, und die bequemen
Ge-
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von Zeit zu Zeit an ihren St. genommen haben.
3) die ganze Acciſe uͤberließen, und die Stadtbeſchwer-
den von ihren uͤbrigen Einkuͤnften und einer buͤrgerlichen
Schatzung trugen.
Die Folge davon iſt natuͤrlicher Weiſe geweſen, daß
die Landesherrn den Handel und das Handwerk ſo viel wie
moͤglich vom platten Lande in die Stadt gezwungen; und ſich
der Staͤdte als eines nunmehrigen Cameralgutes angenommen
haben; anſtart daß uͤberall, wo ſich keiner von obigen dreyen
Faͤllen eraͤuget, das Landesherrliche Intereſſe ſich dem Staͤdti-
ſchen widerſetzt, und die Stadtnahrung dem Lande eroͤfnet hat.
Die Landleute waren in den aͤltern Zeiten eben ſo frey als die
Staͤdte. Jene dienten zu Felde; dieſe zur Beſatzung hinter
den Mauren; und beyde ſteuerten zur Tuͤrkenhuͤlfe und andern
dergleichen Reichsbeſchwerden. Jene haben ſich endlich wegen
des Felddienſtes mit dem Landesherrn verglichen, und ihm
dafuͤr jaͤhrlich ſichere Beyſteuern verwilliget. Dieſe haben
zum Theil, in ſo fern ſie ſich zu obigen dreyen Faͤllen verſtan-
den haben, ein gleiches gethan; und wo ſie es nicht gethan, da
zeigt ſich ein widriges Intereſſe.
LIIII.
Der hohe Styl der Kunſt unter den
Deutſchen.
Die Zeiten des Fauſtrechts in Deutſchland ſcheinen mir
allemal diejenigen geweſen zu ſeyn, worinn unſre Nation
das groͤßte Gefuͤhl der Ehre, die mehrſte koͤrperliche Tugend,
und eine eigne Nationalgroͤße gezeiget hat. Die feigen Ge-
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/335>, abgerufen am 22.02.2025.
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