noceros der Packenträger nicht mehr in Betracht kommen kann.
XXXXVI. Schreiben einer Dame an ihren Capellan über den Gebrauch ihrer Zeit.
Mein lieber Herr Capellan! ich muß Ihnen einmal ei- nige Gewissensfragen thun. Sie sagen mir immer, ich müßte von jeder Stunde meines Lebens am Ende Rechen- schaft geben; und die Stunde dieser Rechenschaft rücke mit jedem Augenblicke näher. Nun wollte ich gern beym Schlusse dieses Jahrs, um nicht übereilt zu werden, einen kleinen An- fang mit der Rechnung machen. Ich finde aber dabey einige Schwierigkeiten, worüber ich mir Ihre Erläuterungen aus- bitten muß.
Erstlich habe ich auf dem Lande gesehen, daß die Leute bey der schwersten Arbeit nur 5 und höchstens 6 Stunde schla- fen. Ich aber bin des Abends um 11 Uhr zu Bette gegan- gen und des Morgens um 8. wieder aufgestanden, mithin vier Stunden länger im Bette geblieben. Sollte ich diese auch berechnen müssen, oder werden sie so mit durchlaufen?
Zweytens habe ich in meinen jungen Jahren wohl ei- nige Stunden am Caffee- und Nachttische zugebracht; jezt aber, da ich eben keinen Trost mehr vor dem Spiegel finde, und meine Dormeuse sehr geschwind aufsetze, bringe ich diese Zeit mit der größten Langeweile zu. Sollte ich dafür nicht hillig eine Schadloshaltung fordern können?
Drittens habe ich oft Gott gedankt, daß ich drey Stunde am Tische verweilen könnte, weil mir sonst die Zeit
bis
Schreiben einer Dame an ihren Capellan
noceros der Packentraͤger nicht mehr in Betracht kommen kann.
XXXXVI. Schreiben einer Dame an ihren Capellan uͤber den Gebrauch ihrer Zeit.
Mein lieber Herr Capellan! ich muß Ihnen einmal ei- nige Gewiſſensfragen thun. Sie ſagen mir immer, ich muͤßte von jeder Stunde meines Lebens am Ende Rechen- ſchaft geben; und die Stunde dieſer Rechenſchaft ruͤcke mit jedem Augenblicke naͤher. Nun wollte ich gern beym Schluſſe dieſes Jahrs, um nicht uͤbereilt zu werden, einen kleinen An- fang mit der Rechnung machen. Ich finde aber dabey einige Schwierigkeiten, woruͤber ich mir Ihre Erlaͤuterungen aus- bitten muß.
Erſtlich habe ich auf dem Lande geſehen, daß die Leute bey der ſchwerſten Arbeit nur 5 und hoͤchſtens 6 Stunde ſchla- fen. Ich aber bin des Abends um 11 Uhr zu Bette gegan- gen und des Morgens um 8. wieder aufgeſtanden, mithin vier Stunden laͤnger im Bette geblieben. Sollte ich dieſe auch berechnen muͤſſen, oder werden ſie ſo mit durchlaufen?
Zweytens habe ich in meinen jungen Jahren wohl ei- nige Stunden am Caffee- und Nachttiſche zugebracht; jezt aber, da ich eben keinen Troſt mehr vor dem Spiegel finde, und meine Dormeuſe ſehr geſchwind aufſetze, bringe ich dieſe Zeit mit der groͤßten Langeweile zu. Sollte ich dafuͤr nicht hillig eine Schadloshaltung fordern koͤnnen?
Drittens habe ich oft Gott gedankt, daß ich drey Stunde am Tiſche verweilen koͤnnte, weil mir ſonſt die Zeit
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Schreiben einer Dame an ihren Capellan
noceros der Packentraͤger nicht mehr in Betracht kommen
kann.
XXXXVI.
Schreiben einer Dame an ihren Capellan
uͤber den Gebrauch ihrer Zeit.
Mein lieber Herr Capellan! ich muß Ihnen einmal ei-
nige Gewiſſensfragen thun. Sie ſagen mir immer,
ich muͤßte von jeder Stunde meines Lebens am Ende Rechen-
ſchaft geben; und die Stunde dieſer Rechenſchaft ruͤcke mit
jedem Augenblicke naͤher. Nun wollte ich gern beym Schluſſe
dieſes Jahrs, um nicht uͤbereilt zu werden, einen kleinen An-
fang mit der Rechnung machen. Ich finde aber dabey einige
Schwierigkeiten, woruͤber ich mir Ihre Erlaͤuterungen aus-
bitten muß.
Erſtlich habe ich auf dem Lande geſehen, daß die Leute
bey der ſchwerſten Arbeit nur 5 und hoͤchſtens 6 Stunde ſchla-
fen. Ich aber bin des Abends um 11 Uhr zu Bette gegan-
gen und des Morgens um 8. wieder aufgeſtanden, mithin
vier Stunden laͤnger im Bette geblieben. Sollte ich dieſe
auch berechnen muͤſſen, oder werden ſie ſo mit durchlaufen?
Zweytens habe ich in meinen jungen Jahren wohl ei-
nige Stunden am Caffee- und Nachttiſche zugebracht; jezt
aber, da ich eben keinen Troſt mehr vor dem Spiegel finde,
und meine Dormeuſe ſehr geſchwind aufſetze, bringe ich dieſe
Zeit mit der groͤßten Langeweile zu. Sollte ich dafuͤr nicht
hillig eine Schadloshaltung fordern koͤnnen?
Drittens habe ich oft Gott gedankt, daß ich drey
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/296>, abgerufen am 06.01.2025.
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