ten können, keinen Kreuzer wegwerfen. Ich wünsche aber auch, daß sie die Deklamationes der Freygeister unsrer Zeiten gegen den Grundwahrheiten der Religion und Moral mit ei- ner gleichen Würkung lesen werden.
XXIX. Johann konnte nicht leben. Eine alltägliche Geschichte.
Hast du es dem Thorschreiber gesagt, Johann, daß er künftig seine schläfrigen Augen besser aufsperren, und die Lügen unter Gottes Geleite, ich meine die Frachtbriefe der Kaufleute, nicht so blindlings für Wahrheiten halten solle?
Ja, Herr Kriegesrath, aber die Leute müssen auch le- ben, und nach dem bekannten Sprichwort .....
Kein aber, mein guter Kerl! das bitte ich mir aus; und noch weniger Sprichwörter, wenn sie auch aus deinem gestempelten A B C-Buch seyn sollten. Sie sind mir ver- haßter als die Rechtsregeln, und du weist schon aus der Er- fahrung, daß dergleichen im Cammeretat nicht gut gethan werden.
Je nun, ich sage ja weiter nichts, als der Mann kann von den hundert Thalern, die er des Jahrs hat, nicht leben, und wenn er die Augen zu weit aufthut: so thun die Kauf- leute den Beutel zu.
Schon wieder eine Sentenz. Aber weist du auch wohl Johann, was Leben sey? Leben ist, ja Leben ist, daß man lebt. Aber wie? das ist die Sache. Der Fürst klagt, daß
er
Mangel des Geldes.
ten koͤnnen, keinen Kreuzer wegwerfen. Ich wuͤnſche aber auch, daß ſie die Deklamationes der Freygeiſter unſrer Zeiten gegen den Grundwahrheiten der Religion und Moral mit ei- ner gleichen Wuͤrkung leſen werden.
XXIX. Johann konnte nicht leben. Eine alltaͤgliche Geſchichte.
Haſt du es dem Thorſchreiber geſagt, Johann, daß er kuͤnftig ſeine ſchlaͤfrigen Augen beſſer aufſperren, und die Luͤgen unter Gottes Geleite, ich meine die Frachtbriefe der Kaufleute, nicht ſo blindlings fuͤr Wahrheiten halten ſolle?
Ja, Herr Kriegesrath, aber die Leute muͤſſen auch le- ben, und nach dem bekannten Sprichwort .....
Kein aber, mein guter Kerl! das bitte ich mir aus; und noch weniger Sprichwoͤrter, wenn ſie auch aus deinem geſtempelten A B C-Buch ſeyn ſollten. Sie ſind mir ver- haßter als die Rechtsregeln, und du weiſt ſchon aus der Er- fahrung, daß dergleichen im Cammeretat nicht gut gethan werden.
Je nun, ich ſage ja weiter nichts, als der Mann kann von den hundert Thalern, die er des Jahrs hat, nicht leben, und wenn er die Augen zu weit aufthut: ſo thun die Kauf- leute den Beutel zu.
Schon wieder eine Sentenz. Aber weiſt du auch wohl Johann, was Leben ſey? Leben iſt, ja Leben iſt, daß man lebt. Aber wie? das iſt die Sache. Der Fuͤrſt klagt, daß
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Mangel des Geldes.
ten koͤnnen, keinen Kreuzer wegwerfen. Ich wuͤnſche aber
auch, daß ſie die Deklamationes der Freygeiſter unſrer Zeiten
gegen den Grundwahrheiten der Religion und Moral mit ei-
ner gleichen Wuͤrkung leſen werden.
XXIX.
Johann konnte nicht leben. Eine
alltaͤgliche Geſchichte.
Haſt du es dem Thorſchreiber geſagt, Johann, daß er
kuͤnftig ſeine ſchlaͤfrigen Augen beſſer aufſperren, und
die Luͤgen unter Gottes Geleite, ich meine die Frachtbriefe
der Kaufleute, nicht ſo blindlings fuͤr Wahrheiten halten
ſolle?
Ja, Herr Kriegesrath, aber die Leute muͤſſen auch le-
ben, und nach dem bekannten Sprichwort .....
Kein aber, mein guter Kerl! das bitte ich mir aus;
und noch weniger Sprichwoͤrter, wenn ſie auch aus deinem
geſtempelten A B C-Buch ſeyn ſollten. Sie ſind mir ver-
haßter als die Rechtsregeln, und du weiſt ſchon aus der Er-
fahrung, daß dergleichen im Cammeretat nicht gut gethan
werden.
Je nun, ich ſage ja weiter nichts, als der Mann kann
von den hundert Thalern, die er des Jahrs hat, nicht leben,
und wenn er die Augen zu weit aufthut: ſo thun die Kauf-
leute den Beutel zu.
Schon wieder eine Sentenz. Aber weiſt du auch wohl
Johann, was Leben ſey? Leben iſt, ja Leben iſt, daß man
lebt. Aber wie? das iſt die Sache. Der Fuͤrſt klagt, daß
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/189>, abgerufen am 22.02.2025.
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