Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.Schreiben eines alten Rechtsgelehrten es, wann sie einen Schlüssel verlegt haben, oder ich einStück von ihnen auf der unrechten Stelle finde. Diejenige, welche des Tages das Hauswesen und die Küche zu besorgen hat, darf mir in den Zwischenzeiten nichts thun als Spinnen, weil dieses eine Arbeit ist, wobey man ab- und zugehen kann, und keinen Augenblick verlieret. Mit Ordnung und Fleiß kann einer mehr beschicken als zehn andre; und es ist unglaub- lich, wie reichlich sich beydes belohne. Ich erstaune oft über die künstlichen Sachen, welche wir aus der Türkey erhalten, und gleichwohl soll dort alles von Frauensleuten im Hause ge- zeugt werden. ... Wir können das übrige aus der Erzählung unsers Witt- XXII. Schreiben eines alten Rechtsgelehrten über das sogenannte Allegiren. Sie kommen von einer Akademie zurück, deren Mitglie- sol-
Schreiben eines alten Rechtsgelehrten es, wann ſie einen Schluͤſſel verlegt haben, oder ich einStuͤck von ihnen auf der unrechten Stelle finde. Diejenige, welche des Tages das Hausweſen und die Kuͤche zu beſorgen hat, darf mir in den Zwiſchenzeiten nichts thun als Spinnen, weil dieſes eine Arbeit iſt, wobey man ab- und zugehen kann, und keinen Augenblick verlieret. Mit Ordnung und Fleiß kann einer mehr beſchicken als zehn andre; und es iſt unglaub- lich, wie reichlich ſich beydes belohne. Ich erſtaune oft uͤber die kuͤnſtlichen Sachen, welche wir aus der Tuͤrkey erhalten, und gleichwohl ſoll dort alles von Frauensleuten im Hauſe ge- zeugt werden. … Wir koͤnnen das uͤbrige aus der Erzaͤhlung unſers Witt- XXII. Schreiben eines alten Rechtsgelehrten uͤber das ſogenannte Allegiren. Sie kommen von einer Akademie zuruͤck, deren Mitglie- ſol-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0152" n="134"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Schreiben eines alten Rechtsgelehrten</hi></fw><lb/> es, wann ſie einen Schluͤſſel verlegt haben, oder ich ein<lb/> Stuͤck von ihnen auf der unrechten Stelle finde. Diejenige,<lb/> welche des Tages das Hausweſen und die Kuͤche zu beſorgen<lb/> hat, darf mir in den Zwiſchenzeiten nichts thun als Spinnen,<lb/> weil dieſes eine Arbeit iſt, wobey man ab- und zugehen kann,<lb/> und keinen Augenblick verlieret. Mit Ordnung und Fleiß<lb/> kann einer mehr beſchicken als zehn andre; und es iſt unglaub-<lb/> lich, wie reichlich ſich beydes belohne. Ich erſtaune oft uͤber<lb/> die kuͤnſtlichen Sachen, welche wir aus der Tuͤrkey erhalten,<lb/> und gleichwohl ſoll dort alles von Frauensleuten im Hauſe ge-<lb/> zeugt werden. …</p><lb/> <p>Wir koͤnnen das uͤbrige aus der Erzaͤhlung unſers Witt-<lb/> wers weglaſſen, weil er mit ſeiner Catharine keinen Roman<lb/> ſpielt, und an ihr eine wuͤrdige Tochter ihrer Mutter findet.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XXII.</hi><lb/> Schreiben eines alten Rechtsgelehrten uͤber<lb/> das ſogenannte Allegiren.</hi> </head><lb/> <p>Sie kommen von einer Akademie zuruͤck, deren Mitglie-<lb/> der ſich mehrentheils zu gros duͤnken, um ihre Ent-<lb/> ſcheidung mit Anfuͤhrung andrer Rechtsgelehrten zu unterſtuͤ-<lb/> tzen; und vermuthlich werden ſie als Advokat einem ſo groſ-<lb/> ſen Exempel folgen, mithin lauter Gruͤnde und keine Dokto-<lb/> res anfuͤhren wollen. Wie kindiſch, wie pedantiſch ſieht es<lb/> nicht aus, ſagten Sie juͤngſt, einen jeden Rechtgrund mit ei-<lb/> nem ſolchen juriſtiſchen Zaunpfahl zu unterſtuͤtzen? Haben<lb/><hi rendition="#fr">Faber</hi> und <hi rendition="#fr">Mevius</hi> mehr Verſtand gehabt, als andre ehr-<lb/> liche Leute? Und kann die Wahrheit durch den Beyfall eines<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſol-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [134/0152]
Schreiben eines alten Rechtsgelehrten
es, wann ſie einen Schluͤſſel verlegt haben, oder ich ein
Stuͤck von ihnen auf der unrechten Stelle finde. Diejenige,
welche des Tages das Hausweſen und die Kuͤche zu beſorgen
hat, darf mir in den Zwiſchenzeiten nichts thun als Spinnen,
weil dieſes eine Arbeit iſt, wobey man ab- und zugehen kann,
und keinen Augenblick verlieret. Mit Ordnung und Fleiß
kann einer mehr beſchicken als zehn andre; und es iſt unglaub-
lich, wie reichlich ſich beydes belohne. Ich erſtaune oft uͤber
die kuͤnſtlichen Sachen, welche wir aus der Tuͤrkey erhalten,
und gleichwohl ſoll dort alles von Frauensleuten im Hauſe ge-
zeugt werden. …
Wir koͤnnen das uͤbrige aus der Erzaͤhlung unſers Witt-
wers weglaſſen, weil er mit ſeiner Catharine keinen Roman
ſpielt, und an ihr eine wuͤrdige Tochter ihrer Mutter findet.
XXII.
Schreiben eines alten Rechtsgelehrten uͤber
das ſogenannte Allegiren.
Sie kommen von einer Akademie zuruͤck, deren Mitglie-
der ſich mehrentheils zu gros duͤnken, um ihre Ent-
ſcheidung mit Anfuͤhrung andrer Rechtsgelehrten zu unterſtuͤ-
tzen; und vermuthlich werden ſie als Advokat einem ſo groſ-
ſen Exempel folgen, mithin lauter Gruͤnde und keine Dokto-
res anfuͤhren wollen. Wie kindiſch, wie pedantiſch ſieht es
nicht aus, ſagten Sie juͤngſt, einen jeden Rechtgrund mit ei-
nem ſolchen juriſtiſchen Zaunpfahl zu unterſtuͤtzen? Haben
Faber und Mevius mehr Verſtand gehabt, als andre ehr-
liche Leute? Und kann die Wahrheit durch den Beyfall eines
ſol-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |