Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite
dritter Abschnitt.
(d) Das römische und fränkische Jnteresse vereinigte sich
nun aus Noth gegen die Allemannier und andre Völker,
so ihnen aus Deutschland und Pannonien über den Hals
kamen; und es konnte nicht eher ruhig werden, als bis
die Franken und Allemannier in ein Reich zusammen
traten und das alte Germanien gegen die Donau wieder
in Ansehn brachten.
(e) Es ist besonders daß die fränkischen Eroberungen der
Linie nachgiengen, welche das alte Germanien eingefaßt
hatte; und man sollte in dem Consulat des ersten frän-
kischen Monarchen Chlodoveus, welches er noch von dem
Kayser Anastasius annahm, nachdem Justinian den
Franken Gallien schon abgetreten hatte, S. DV BOS
hist. crit. de la Mon. Fr. III. 6. c.
12., fast einen Tittel
suchen, wodurch er sich gerade zu dieser und keiner an-
dern Eroberung berechtigen konnte. Denn unter dem
Vorwand dieses Consulats konnte er die von Constantin
dem Grossen gemachte grosse gallische Präfectur wieder-
herstellen, und damit Oberdeutschland a titre de reunion
an sich reissen. Eben so hatte der Comes Syagrius der
sich vom Kayser Mauritius zum römischen Patritius
machen ließ S. FREDEG. Chron. ad ann. 587. c. 6.
sicher die Absicht den König Guntram unter seinen Be-
fehl zu setzen.
§. 101.
Die Macht der Franken verändert
ihr System.

Die Sassen waren bisher ohne Reich wie ohne
System geblieben, und überall nur dem Kriege nach-
gezogen, wohin es ihnen am besten gefallen hatte,
ohne an ihre gemeinschaftliche Sicherheit zu geden-
ken. Nun aber merkten sie ihren Fehler, und es war
als wenn ihnen bey dem Fall der Thüringer, welchen
sie noch gemeinschaftlich mit den Franken beför-
derten, (a) ihr eigner ahndete. Sie zogen also

die-
dritter Abſchnitt.
(d) Das roͤmiſche und fraͤnkiſche Jntereſſe vereinigte ſich
nun aus Noth gegen die Allemannier und andre Voͤlker,
ſo ihnen aus Deutſchland und Pannonien uͤber den Hals
kamen; und es konnte nicht eher ruhig werden, als bis
die Franken und Allemannier in ein Reich zuſammen
traten und das alte Germanien gegen die Donau wieder
in Anſehn brachten.
(e) Es iſt beſonders daß die fraͤnkiſchen Eroberungen der
Linie nachgiengen, welche das alte Germanien eingefaßt
hatte; und man ſollte in dem Conſulat des erſten fraͤn-
kiſchen Monarchen Chlodoveus, welches er noch von dem
Kayſer Anaſtaſius annahm, nachdem Juſtinian den
Franken Gallien ſchon abgetreten hatte, S. DV BOS
hiſt. crit. de la Mon. Fr. III. 6. c.
12., faſt einen Tittel
ſuchen, wodurch er ſich gerade zu dieſer und keiner an-
dern Eroberung berechtigen konnte. Denn unter dem
Vorwand dieſes Conſulats konnte er die von Conſtantin
dem Groſſen gemachte groſſe galliſche Praͤfectur wieder-
herſtellen, und damit Oberdeutſchland a titre de reunion
an ſich reiſſen. Eben ſo hatte der Comes Syagrius der
ſich vom Kayſer Mauritius zum roͤmiſchen Patritius
machen ließ S. FREDEG. Chron. ad ann. 587. c. 6.
ſicher die Abſicht den Koͤnig Guntram unter ſeinen Be-
fehl zu ſetzen.
§. 101.
Die Macht der Franken veraͤndert
ihr Syſtem.

Die Saſſen waren bisher ohne Reich wie ohne
Syſtem geblieben, und uͤberall nur dem Kriege nach-
gezogen, wohin es ihnen am beſten gefallen hatte,
ohne an ihre gemeinſchaftliche Sicherheit zu geden-
ken. Nun aber merkten ſie ihren Fehler, und es war
als wenn ihnen bey dem Fall der Thuͤringer, welchen
ſie noch gemeinſchaftlich mit den Franken befoͤr-
derten, (a) ihr eigner ahndete. Sie zogen alſo

die-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0237" n="207"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">dritter Ab&#x017F;chnitt.</hi> </fw><lb/>
          <note place="end" n="(d)">Das ro&#x0364;mi&#x017F;che und fra&#x0364;nki&#x017F;che Jntere&#x017F;&#x017F;e vereinigte &#x017F;ich<lb/>
nun aus Noth gegen die Allemannier und andre Vo&#x0364;lker,<lb/>
&#x017F;o ihnen aus Deut&#x017F;chland und Pannonien u&#x0364;ber den Hals<lb/>
kamen; und es konnte nicht eher ruhig werden, als bis<lb/>
die Franken und Allemannier in ein Reich zu&#x017F;ammen<lb/>
traten und das alte Germanien gegen die Donau wieder<lb/>
in An&#x017F;ehn brachten.</note><lb/>
          <note place="end" n="(e)">Es i&#x017F;t be&#x017F;onders daß die fra&#x0364;nki&#x017F;chen Eroberungen der<lb/>
Linie nachgiengen, welche das alte Germanien eingefaßt<lb/>
hatte; und man &#x017F;ollte in dem Con&#x017F;ulat des er&#x017F;ten fra&#x0364;n-<lb/>
ki&#x017F;chen Monarchen Chlodoveus, welches er noch von dem<lb/>
Kay&#x017F;er Ana&#x017F;ta&#x017F;ius annahm, nachdem Ju&#x017F;tinian den<lb/>
Franken Gallien &#x017F;chon abgetreten hatte, S. <hi rendition="#aq">DV BOS<lb/>
hi&#x017F;t. crit. de la Mon. Fr. III. 6. c.</hi> 12., fa&#x017F;t einen Tittel<lb/>
&#x017F;uchen, wodurch er &#x017F;ich gerade zu die&#x017F;er und keiner an-<lb/>
dern Eroberung berechtigen konnte. Denn unter dem<lb/>
Vorwand die&#x017F;es Con&#x017F;ulats konnte er die von Con&#x017F;tantin<lb/>
dem Gro&#x017F;&#x017F;en gemachte gro&#x017F;&#x017F;e galli&#x017F;che Pra&#x0364;fectur wieder-<lb/>
her&#x017F;tellen, und damit Oberdeut&#x017F;chland <hi rendition="#aq">a titre de reunion</hi><lb/>
an &#x017F;ich rei&#x017F;&#x017F;en. Eben &#x017F;o hatte der <hi rendition="#aq">Comes Syagrius</hi> der<lb/>
&#x017F;ich vom Kay&#x017F;er Mauritius zum ro&#x0364;mi&#x017F;chen Patritius<lb/>
machen ließ S. <hi rendition="#aq">FREDEG. Chron. ad ann. 587. c.</hi> 6.<lb/>
&#x017F;icher die Ab&#x017F;icht den Ko&#x0364;nig Guntram unter &#x017F;einen Be-<lb/>
fehl zu &#x017F;etzen.</note>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 101.<lb/><hi rendition="#b">Die Macht der Franken vera&#x0364;ndert<lb/>
ihr Sy&#x017F;tem.</hi></head><lb/>
          <p>Die Sa&#x017F;&#x017F;en waren bisher ohne Reich wie ohne<lb/>
Sy&#x017F;tem geblieben, und u&#x0364;berall nur dem Kriege nach-<lb/>
gezogen, wohin es ihnen am be&#x017F;ten gefallen hatte,<lb/>
ohne an ihre gemein&#x017F;chaftliche Sicherheit zu geden-<lb/>
ken. Nun aber merkten &#x017F;ie ihren Fehler, und es war<lb/>
als wenn ihnen bey dem Fall der Thu&#x0364;ringer, welchen<lb/>
&#x017F;ie noch gemein&#x017F;chaftlich mit den Franken befo&#x0364;r-<lb/>
derten, <note place="end" n="(a)"/> ihr eigner ahndete. Sie zogen al&#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0237] dritter Abſchnitt. ⁽d⁾ Das roͤmiſche und fraͤnkiſche Jntereſſe vereinigte ſich nun aus Noth gegen die Allemannier und andre Voͤlker, ſo ihnen aus Deutſchland und Pannonien uͤber den Hals kamen; und es konnte nicht eher ruhig werden, als bis die Franken und Allemannier in ein Reich zuſammen traten und das alte Germanien gegen die Donau wieder in Anſehn brachten. ⁽e⁾ Es iſt beſonders daß die fraͤnkiſchen Eroberungen der Linie nachgiengen, welche das alte Germanien eingefaßt hatte; und man ſollte in dem Conſulat des erſten fraͤn- kiſchen Monarchen Chlodoveus, welches er noch von dem Kayſer Anaſtaſius annahm, nachdem Juſtinian den Franken Gallien ſchon abgetreten hatte, S. DV BOS hiſt. crit. de la Mon. Fr. III. 6. c. 12., faſt einen Tittel ſuchen, wodurch er ſich gerade zu dieſer und keiner an- dern Eroberung berechtigen konnte. Denn unter dem Vorwand dieſes Conſulats konnte er die von Conſtantin dem Groſſen gemachte groſſe galliſche Praͤfectur wieder- herſtellen, und damit Oberdeutſchland a titre de reunion an ſich reiſſen. Eben ſo hatte der Comes Syagrius der ſich vom Kayſer Mauritius zum roͤmiſchen Patritius machen ließ S. FREDEG. Chron. ad ann. 587. c. 6. ſicher die Abſicht den Koͤnig Guntram unter ſeinen Be- fehl zu ſetzen. §. 101. Die Macht der Franken veraͤndert ihr Syſtem. Die Saſſen waren bisher ohne Reich wie ohne Syſtem geblieben, und uͤberall nur dem Kriege nach- gezogen, wohin es ihnen am beſten gefallen hatte, ohne an ihre gemeinſchaftliche Sicherheit zu geden- ken. Nun aber merkten ſie ihren Fehler, und es war als wenn ihnen bey dem Fall der Thuͤringer, welchen ſie noch gemeinſchaftlich mit den Franken befoͤr- derten, ⁽a⁾ ihr eigner ahndete. Sie zogen alſo die-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/237
Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/237>, abgerufen am 30.12.2024.