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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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Osnabrücksche Geschichte
(b) Auf manchen Dörfern finden sich 2 Apotheker und 10.
12 bis 16 Weinschenken. Dies verführt im Kriege die
Soldaten ihre Wirthe in Unkosten zu stürzen; und das
Herzogl. Braunschw. so genannte Türken-Corps genoß
1763 an einem Tage für mehr als tausend Thaler Cham-
pagne Wein, weil er im Dorfe feil war.
(c) Man wird nicht leicht ein Bauren-Haus, nemlich ein
Erb-Wohn Haus an der Heer-strasse sehen; und man
sollte keinem der daran bauete einen Krieges-Schaden
vergüten. Der Gewinn von der Heer-strasse im Frie-
den sollte ihn wegen seines Verlustes im Kriege schad-
loß halten. Es wäre in einem Kriege den einzelnen
Wohnern, welchen als Land-Eigenthümern die Last auf-
liegt, nicht zu verdenken, wenn sie alle Dörfer in Brand
steckten. Das ne pati quidem inter se junctas sedes war
die Maxime eines Volks, das keine Vestungen und kei-
ne Nester für seine Feinde bauen; sondern bey seiner
Ankunft sich in die Gebürge begeben, und seinen Vor-
theil ablauren wollte. Das war auch das einzige und
glückliche Mittel, wodurch sie es den Römern so sauer
machten.
§. 71.
Von seiner Bevölkerung.

Das Stift ist volkreicher als die daran stossende
Länder, und erhält jährlich mehr Einwohner; wozu
die vollkommenste (a) Freyheit in allen Arten von
Handel und Nahrung, der glückliche (b) Mangel
einer eignen Krieges-Macht, die leidliche Regierungs-
Form, die gute Gelegenheit nach Holland zu gehen,
die grössern Beschwerden in den angränzenden Län-
dern, und besonders die Gemeinheiten zu deren unent-
geltlichen Mitgenuß die Beywohner leicht gelangen,
sehr vieles beytragen. Denn sonst wäre es unbe-
greiflich, warum sich die Einwohner in einem eben

nicht
Oſnabruͤckſche Geſchichte
(b) Auf manchen Doͤrfern finden ſich 2 Apotheker und 10.
12 bis 16 Weinſchenken. Dies verfuͤhrt im Kriege die
Soldaten ihre Wirthe in Unkoſten zu ſtuͤrzen; und das
Herzogl. Braunſchw. ſo genannte Tuͤrken-Corps genoß
1763 an einem Tage fuͤr mehr als tauſend Thaler Cham-
pagne Wein, weil er im Dorfe feil war.
(c) Man wird nicht leicht ein Bauren-Haus, nemlich ein
Erb-Wohn Haus an der Heer-ſtraſſe ſehen; und man
ſollte keinem der daran bauete einen Krieges-Schaden
verguͤten. Der Gewinn von der Heer-ſtraſſe im Frie-
den ſollte ihn wegen ſeines Verluſtes im Kriege ſchad-
loß halten. Es waͤre in einem Kriege den einzelnen
Wohnern, welchen als Land-Eigenthuͤmern die Laſt auf-
liegt, nicht zu verdenken, wenn ſie alle Doͤrfer in Brand
ſteckten. Das ne pati quidem inter ſe junctas ſedes war
die Maxime eines Volks, das keine Veſtungen und kei-
ne Neſter fuͤr ſeine Feinde bauen; ſondern bey ſeiner
Ankunft ſich in die Gebuͤrge begeben, und ſeinen Vor-
theil ablauren wollte. Das war auch das einzige und
gluͤckliche Mittel, wodurch ſie es den Roͤmern ſo ſauer
machten.
§. 71.
Von ſeiner Bevoͤlkerung.

Das Stift iſt volkreicher als die daran ſtoſſende
Laͤnder, und erhaͤlt jaͤhrlich mehr Einwohner; wozu
die vollkommenſte (a) Freyheit in allen Arten von
Handel und Nahrung, der gluͤckliche (b) Mangel
einer eignen Krieges-Macht, die leidliche Regierungs-
Form, die gute Gelegenheit nach Holland zu gehen,
die groͤſſern Beſchwerden in den angraͤnzenden Laͤn-
dern, und beſonders die Gemeinheiten zu deren unent-
geltlichen Mitgenuß die Beywohner leicht gelangen,
ſehr vieles beytragen. Denn ſonſt waͤre es unbe-
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[144/0174] Oſnabruͤckſche Geſchichte ⁽b⁾ Auf manchen Doͤrfern finden ſich 2 Apotheker und 10. 12 bis 16 Weinſchenken. Dies verfuͤhrt im Kriege die Soldaten ihre Wirthe in Unkoſten zu ſtuͤrzen; und das Herzogl. Braunſchw. ſo genannte Tuͤrken-Corps genoß 1763 an einem Tage fuͤr mehr als tauſend Thaler Cham- pagne Wein, weil er im Dorfe feil war. ⁽c⁾ Man wird nicht leicht ein Bauren-Haus, nemlich ein Erb-Wohn Haus an der Heer-ſtraſſe ſehen; und man ſollte keinem der daran bauete einen Krieges-Schaden verguͤten. Der Gewinn von der Heer-ſtraſſe im Frie- den ſollte ihn wegen ſeines Verluſtes im Kriege ſchad- loß halten. Es waͤre in einem Kriege den einzelnen Wohnern, welchen als Land-Eigenthuͤmern die Laſt auf- liegt, nicht zu verdenken, wenn ſie alle Doͤrfer in Brand ſteckten. Das ne pati quidem inter ſe junctas ſedes war die Maxime eines Volks, das keine Veſtungen und kei- ne Neſter fuͤr ſeine Feinde bauen; ſondern bey ſeiner Ankunft ſich in die Gebuͤrge begeben, und ſeinen Vor- theil ablauren wollte. Das war auch das einzige und gluͤckliche Mittel, wodurch ſie es den Roͤmern ſo ſauer machten. §. 71. Von ſeiner Bevoͤlkerung. Das Stift iſt volkreicher als die daran ſtoſſende Laͤnder, und erhaͤlt jaͤhrlich mehr Einwohner; wozu die vollkommenſte ⁽a⁾ Freyheit in allen Arten von Handel und Nahrung, der gluͤckliche ⁽b⁾ Mangel einer eignen Krieges-Macht, die leidliche Regierungs- Form, die gute Gelegenheit nach Holland zu gehen, die groͤſſern Beſchwerden in den angraͤnzenden Laͤn- dern, und beſonders die Gemeinheiten zu deren unent- geltlichen Mitgenuß die Beywohner leicht gelangen, ſehr vieles beytragen. Denn ſonſt waͤre es unbe- greiflich, warum ſich die Einwohner in einem eben nicht

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/174>, abgerufen am 21.11.2024.