§. 46. Eine andre Ursache des Westphäli- schen Leib-Eigenthums.
Allein dieser Plan, welchen die Natur darbietet, ist der Grund des Weftphälischen Leibeigeuthums nicht. Denn da unsre Leibeigne insgesamt in der gemeinen Reihe sind; Steuer und Schatz unmittelbar geben; dem Gödinge folgen, oder davon befreyet (a) sind; folglich in der alten Krieges-Rolle gestanden haben: so sind sie nicht von Anfang leibeigen gewesen. Cä- sar (b) giebt die grosse Ursache einer gleichen Ver- wandlung in Gallien an: Hier, sagt er, sind die Wehren in die Knechtschaft versunken, nachdem sie sich durch lange Kriege und die dazu erfor- derlichen Ausgaben, erschöpft, verschuldet, und Preis gegeben hatten. Dies nöthigte sie in die Hode und Dienstbarkeit der Mächtigern zu flüch- ten. Und dies ist auch die wahrscheinlichste Ursache des Westphähschen Leibeigenthums. Schulden (c) machen noch alle Tage aus Wehren Leibeigne, und diesem hin- reissenden Strome wiedersteht in Jahrhunderten kein einzelner Wohner, wofern er nicht wie jenseits der We- ser geschehn, unter einer mächtigen Hand in Rollen und Gerichtszwängen gehalten wird. Die Würkungen der Hofrollen werden wir gleich sehen; und wir können daher vermuthen, daß die Gödings-rollen eine gleiche Kraft gehabt haben würden, wenn sie bey dem Verfall des Heerbanns in einer aufmerksamen Hand (d) wä- ren gehalten worden. Jndessen geht hieraus die Ursache herfür, warum kein einziger Gutsherr seine Leibeigne in einem Bezirke besitzt und einige Ge-
richts-
Oſnabruͤckſche Geſchichte
§. 46. Eine andre Urſache des Weſtphaͤli- ſchen Leib-Eigenthums.
Allein dieſer Plan, welchen die Natur darbietet, iſt der Grund des Weftphaͤliſchen Leibeigeuthums nicht. Denn da unſre Leibeigne insgeſamt in der gemeinen Reihe ſind; Steuer und Schatz unmittelbar geben; dem Goͤdinge folgen, oder davon befreyet (a) ſind; folglich in der alten Krieges-Rolle geſtanden haben: ſo ſind ſie nicht von Anfang leibeigen geweſen. Caͤ- ſar (b) giebt die groſſe Urſache einer gleichen Ver- wandlung in Gallien an: Hier, ſagt er, ſind die Wehren in die Knechtſchaft verſunken, nachdem ſie ſich durch lange Kriege und die dazu erfor- derlichen Ausgaben, erſchoͤpft, verſchuldet, und Preis gegeben hatten. Dies noͤthigte ſie in die Hode und Dienſtbarkeit der Maͤchtigern zu fluͤch- ten. Und dies iſt auch die wahrſcheinlichſte Urſache des Weſtphaͤhſchen Leibeigenthums. Schulden (c) machen noch alle Tage aus Wehren Leibeigne, und dieſem hin- reiſſenden Strome wiederſteht in Jahrhunderten kein einzelner Wohner, wofern er nicht wie jenſeits der We- ſer geſchehn, unter einer maͤchtigen Hand in Rollen und Gerichtszwaͤngen gehalten wird. Die Wuͤrkungen der Hofrollen werden wir gleich ſehen; und wir koͤnnen daher vermuthen, daß die Goͤdings-rollen eine gleiche Kraft gehabt haben wuͤrden, wenn ſie bey dem Verfall des Heerbanns in einer aufmerkſamen Hand (d) waͤ- ren gehalten worden. Jndeſſen geht hieraus die Urſache herfuͤr, warum kein einziger Gutsherr ſeine Leibeigne in einem Bezirke beſitzt und einige Ge-
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Oſnabruͤckſche Geſchichte
§. 46.
Eine andre Urſache des Weſtphaͤli-
ſchen Leib-Eigenthums.
Allein dieſer Plan, welchen die Natur darbietet, iſt
der Grund des Weftphaͤliſchen Leibeigeuthums nicht.
Denn da unſre Leibeigne insgeſamt in der gemeinen
Reihe ſind; Steuer und Schatz unmittelbar geben;
dem Goͤdinge folgen, oder davon befreyet
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ſind;
folglich in der alten Krieges-Rolle geſtanden haben:
ſo ſind ſie nicht von Anfang leibeigen geweſen. Caͤ-
ſar
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giebt die groſſe Urſache einer gleichen Ver-
wandlung in Gallien an: Hier, ſagt er, ſind die
Wehren in die Knechtſchaft verſunken, nachdem
ſie ſich durch lange Kriege und die dazu erfor-
derlichen Ausgaben, erſchoͤpft, verſchuldet, und
Preis gegeben hatten. Dies noͤthigte ſie in die
Hode und Dienſtbarkeit der Maͤchtigern zu fluͤch-
ten. Und dies iſt auch die wahrſcheinlichſte Urſache des
Weſtphaͤhſchen Leibeigenthums. Schulden
⁽c⁾
machen
noch alle Tage aus Wehren Leibeigne, und dieſem hin-
reiſſenden Strome wiederſteht in Jahrhunderten kein
einzelner Wohner, wofern er nicht wie jenſeits der We-
ſer geſchehn, unter einer maͤchtigen Hand in Rollen und
Gerichtszwaͤngen gehalten wird. Die Wuͤrkungen der
Hofrollen werden wir gleich ſehen; und wir koͤnnen
daher vermuthen, daß die Goͤdings-rollen eine gleiche
Kraft gehabt haben wuͤrden, wenn ſie bey dem Verfall
des Heerbanns in einer aufmerkſamen Hand
⁽d⁾
waͤ-
ren gehalten worden. Jndeſſen geht hieraus die
Urſache herfuͤr, warum kein einziger Gutsherr ſeine
Leibeigne in einem Bezirke beſitzt und einige Ge-
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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/118>, abgerufen am 16.07.2024.
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