Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832. Wispel. Was soll dieser Strick, Bruder? Buchdrucker. Bei meiner armen Seele, und so wahr ich selig werden will, ich drehe dir den Kragen um, wenn du nicht Alles stillschweigend mit dir anfangen läßt, was ich mit diesem Strick vorhabe. Wispel. Grand Dieu! o Himmel! nur schone mein bischen Leben, nur jugulire mich nicht! bedenke, was ein Bru- dermord besagt! Buchdrucker. Schweig', sag' ich! (Er bindet ihm beide Füße an einen Pfosten und knebelt ihn fest.) So. Ich will nur nicht haben, daß du bei'm Auspacken meines Profits die Nase überall voraus habest, Racker! Adio indessen. (Ab. Wispel wimmert und seufzt, dann fängt er in der langen Weile an, mit dem Saft seines Mundes künstliche Blasen nach Art der Seifenblasen zu bilden. Der Buchdrucker sieht ihm eine Zeitlang durch's Schlüsselloch zu. Endlich schläft Wispel ein.) Neunte Scene. Nacht. Mondschein. Waldiges Thal. Mummelsee. Im Hintergrunde den Berg herab gegen den See schwebt ein Leichenzug von beweglichen Nebelgestalten. Vorne auf einem Hügel der König, starr nach dem Zuge blickend. Auf der andern Seite, unten, den König nicht bemerkend, zwei Feen- kinder. Wispel. Was ſoll dieſer Strick, Bruder? Buchdrucker. Bei meiner armen Seele, und ſo wahr ich ſelig werden will, ich drehe dir den Kragen um, wenn du nicht Alles ſtillſchweigend mit dir anfangen läßt, was ich mit dieſem Strick vorhabe. Wispel. Grand Dieu! o Himmel! nur ſchone mein bischen Leben, nur jugulire mich nicht! bedenke, was ein Bru- dermord beſagt! Buchdrucker. Schweig’, ſag’ ich! (Er bindet ihm beide Füße an einen Pfoſten und knebelt ihn feſt.) So. Ich will nur nicht haben, daß du bei’m Auspacken meines Profits die Naſe überall voraus habeſt, Racker! Adio indeſſen. (Ab. Wispel wimmert und ſeufzt, dann fängt er in der langen Weile an, mit dem Saft ſeines Mundes künſtliche Blaſen nach Art der Seifenblaſen zu bilden. Der Buchdrucker ſieht ihm eine Zeitlang durch’s Schlüſſelloch zu. Endlich ſchläft Wispel ein.) Neunte Scene. Nacht. Mondſchein. Waldiges Thal. Mummelſee. Im Hintergrunde den Berg herab gegen den See ſchwebt ein Leichenzug von beweglichen Nebelgeſtalten. Vorne auf einem Hügel der König, ſtarr nach dem Zuge blickend. Auf der andern Seite, unten, den König nicht bemerkend, zwei Feen- kinder. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0197" n="189"/> <sp who="#wisp"> <speaker><hi rendition="#g">Wispel</hi>.</speaker><lb/> <p>Was ſoll dieſer Strick, Bruder?</p> </sp><lb/> <sp who="#buch"> <speaker><hi rendition="#g">Buchdrucker</hi>.</speaker><lb/> <p>Bei meiner armen Seele, und ſo wahr ich ſelig<lb/> werden will, ich drehe dir den Kragen um, wenn du<lb/> nicht Alles ſtillſchweigend mit dir anfangen läßt, was<lb/> ich mit dieſem Strick vorhabe.</p> </sp><lb/> <sp who="#wisp"> <speaker><hi rendition="#g">Wispel</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#aq">Grand Dieu!</hi> o Himmel! nur ſchone mein bischen<lb/> Leben, nur jugulire mich nicht! bedenke, was ein Bru-<lb/> dermord beſagt!</p> </sp><lb/> <sp who="#buch"> <speaker><hi rendition="#g">Buchdrucker</hi>.</speaker><lb/> <p>Schweig’, ſag’ ich!</p> <stage>(Er bindet ihm beide Füße an einen<lb/> Pfoſten und knebelt ihn feſt.)</stage> <p>So. Ich will nur nicht haben,<lb/> daß du bei’m Auspacken meines Profits die Naſe überall<lb/> voraus habeſt, Racker! <hi rendition="#aq">Adio</hi> indeſſen.</p><lb/> <stage>(Ab. <hi rendition="#g">Wispel</hi> wimmert und ſeufzt, dann fängt er in<lb/> der langen Weile an, mit dem Saft ſeines Mundes<lb/> künſtliche Blaſen nach Art der Seifenblaſen zu bilden.<lb/> Der Buchdrucker ſieht ihm eine Zeitlang durch’s<lb/> Schlüſſelloch zu. Endlich ſchläft <hi rendition="#g">Wispel</hi> ein.)</stage> </sp> </div><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Neunte Scene</hi>.</head><lb/> <stage>Nacht. Mondſchein.<lb/> Waldiges Thal. <hi rendition="#g">Mummelſee</hi>. Im Hintergrunde den Berg herab gegen<lb/> den See ſchwebt ein Leichenzug von beweglichen Nebelgeſtalten. Vorne<lb/> auf einem Hügel der <hi rendition="#g">König</hi>, ſtarr nach dem Zuge blickend. Auf<lb/> der andern Seite, unten, den König nicht bemerkend, <hi rendition="#g">zwei Feen-<lb/> kinder</hi>.</stage><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [189/0197]
Wispel.
Was ſoll dieſer Strick, Bruder?
Buchdrucker.
Bei meiner armen Seele, und ſo wahr ich ſelig
werden will, ich drehe dir den Kragen um, wenn du
nicht Alles ſtillſchweigend mit dir anfangen läßt, was
ich mit dieſem Strick vorhabe.
Wispel.
Grand Dieu! o Himmel! nur ſchone mein bischen
Leben, nur jugulire mich nicht! bedenke, was ein Bru-
dermord beſagt!
Buchdrucker.
Schweig’, ſag’ ich!(Er bindet ihm beide Füße an einen
Pfoſten und knebelt ihn feſt.) So. Ich will nur nicht haben,
daß du bei’m Auspacken meines Profits die Naſe überall
voraus habeſt, Racker! Adio indeſſen.
(Ab. Wispel wimmert und ſeufzt, dann fängt er in
der langen Weile an, mit dem Saft ſeines Mundes
künſtliche Blaſen nach Art der Seifenblaſen zu bilden.
Der Buchdrucker ſieht ihm eine Zeitlang durch’s
Schlüſſelloch zu. Endlich ſchläft Wispel ein.)
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Nacht. Mondſchein.
Waldiges Thal. Mummelſee. Im Hintergrunde den Berg herab gegen
den See ſchwebt ein Leichenzug von beweglichen Nebelgeſtalten. Vorne
auf einem Hügel der König, ſtarr nach dem Zuge blickend. Auf
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/197>, abgerufen am 22.02.2025. |