Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.Schön-Rohtraut. Wie heißt König Ringangs Töchterlein? Rohtraut, Schön-Rohtraut. Was thut sie denn den ganzen Tag, Da sie wohl nicht spinnen und nähen mag? Thut fischen und jagen. O daß ich doch ihr Jäger wär'! Fischen und jagen freute mich sehr. -- Schweig' stille, mein Herze! Und über eine kleine Weil', Rohtraut, Schön-Rohtraut, So dient der Knab' auf Ringangs Schloß In Jägertracht und hat ein Roß, Mit Rohtraut zu jagen. O daß ich doch ein Königssohn wär'! Rohtraut, Schön-Rohtraut lieb' ich so sehr. -- Schweig' stille, mein Herze! Einsmals sie ruhten am Eichenbaum,
Da lacht Schön-Rohtraut: Was siehst mich an so wunniglich? Wenn du das Herz hast, küsse mich! Ach! erschrak der Knabe! Doch denket er: mir ist's vergunnt, Und küsset Schön-Rohtraut auf den Mund. -- Schweig' stille, mein Herze! Schön-Rohtraut. Wie heißt Koͤnig Ringangs Toͤchterlein? Rohtraut, Schoͤn-Rohtraut. Was thut ſie denn den ganzen Tag, Da ſie wohl nicht ſpinnen und naͤhen mag? Thut fiſchen und jagen. O daß ich doch ihr Jaͤger waͤr'! Fiſchen und jagen freute mich ſehr. — Schweig' ſtille, mein Herze! Und uͤber eine kleine Weil', Rohtraut, Schoͤn-Rohtraut, So dient der Knab' auf Ringangs Schloß In Jaͤgertracht und hat ein Roß, Mit Rohtraut zu jagen. O daß ich doch ein Koͤnigsſohn waͤr'! Rohtraut, Schoͤn-Rohtraut lieb' ich ſo ſehr. — Schweig' ſtille, mein Herze! Einsmals ſie ruhten am Eichenbaum,
Da lacht Schoͤn-Rohtraut: Was ſiehſt mich an ſo wunniglich? Wenn du das Herz haſt, kuͤſſe mich! Ach! erſchrak der Knabe! Doch denket er: mir iſt's vergunnt, Und kuͤſſet Schoͤn-Rohtraut auf den Mund. — Schweig' ſtille, mein Herze! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb n="20" facs="#f0036"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Schön-Rohtraut.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">W</hi>ie heißt Koͤnig Ringangs Toͤchterlein?</l><lb/> <l>Rohtraut, Schoͤn-Rohtraut.</l><lb/> <l>Was thut ſie denn den ganzen Tag,</l><lb/> <l>Da ſie wohl nicht ſpinnen und naͤhen mag?</l><lb/> <l>Thut fiſchen und jagen.</l><lb/> <l>O daß ich doch ihr Jaͤger waͤr'!</l><lb/> <l>Fiſchen und jagen freute mich ſehr.</l><lb/> <l>— Schweig' ſtille, mein Herze!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Und uͤber eine kleine Weil',</l><lb/> <l>Rohtraut, Schoͤn-Rohtraut,</l><lb/> <l>So dient der Knab' auf Ringangs Schloß</l><lb/> <l>In Jaͤgertracht und hat ein Roß,</l><lb/> <l>Mit Rohtraut zu jagen.</l><lb/> <l>O daß ich doch ein Koͤnigsſohn waͤr'!</l><lb/> <l>Rohtraut, Schoͤn-Rohtraut lieb' ich ſo ſehr.</l><lb/> <l>— Schweig' ſtille, mein Herze!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Einsmals ſie ruhten am Eichenbaum,</l><lb/> <l>Da lacht Schoͤn-Rohtraut:</l><lb/> <l>Was ſiehſt mich an ſo wunniglich?</l><lb/> <l>Wenn du das Herz haſt, kuͤſſe mich!</l><lb/> <l>Ach! erſchrak der Knabe!</l><lb/> <l>Doch denket er: mir iſt's vergunnt,</l><lb/> <l>Und kuͤſſet Schoͤn-Rohtraut auf den Mund.</l><lb/> <l>— Schweig' ſtille, mein Herze!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [20/0036]
Schön-Rohtraut.
Wie heißt Koͤnig Ringangs Toͤchterlein?
Rohtraut, Schoͤn-Rohtraut.
Was thut ſie denn den ganzen Tag,
Da ſie wohl nicht ſpinnen und naͤhen mag?
Thut fiſchen und jagen.
O daß ich doch ihr Jaͤger waͤr'!
Fiſchen und jagen freute mich ſehr.
— Schweig' ſtille, mein Herze!
Und uͤber eine kleine Weil',
Rohtraut, Schoͤn-Rohtraut,
So dient der Knab' auf Ringangs Schloß
In Jaͤgertracht und hat ein Roß,
Mit Rohtraut zu jagen.
O daß ich doch ein Koͤnigsſohn waͤr'!
Rohtraut, Schoͤn-Rohtraut lieb' ich ſo ſehr.
— Schweig' ſtille, mein Herze!
Einsmals ſie ruhten am Eichenbaum,
Da lacht Schoͤn-Rohtraut:
Was ſiehſt mich an ſo wunniglich?
Wenn du das Herz haſt, kuͤſſe mich!
Ach! erſchrak der Knabe!
Doch denket er: mir iſt's vergunnt,
Und kuͤſſet Schoͤn-Rohtraut auf den Mund.
— Schweig' ſtille, mein Herze!
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Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/36>, abgerufen am 04.03.2025. |