Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.Peregrina. I. Der Spiegel dieser treuen, braunen Augen Ist wie von innerm Gold ein Widerschein; Tief aus dem Busen scheint er's anzusaugen, Dort mag solch Gold in heil'gem Gram gedeih'n. In diese Nacht des Blickes mich zu tauchen, Unwissend Kind, du selber lädst mich ein, Willst, ich soll kecklich mich und dich entzünden, Reichst lächelnd mir den Tod im Kelch der Sünden! II. Aufgeschmückt ist der Freudensaal. Lichterhell, bunt, in laulicher Sommernacht Stehet das offene Gartengezelte; Säulengleich steigen, Reichlich durchwirket mit Laubwerk, Die stolzen Leiber Sechs gezähmter, riesiger Schlangen, Tragend und stützend das Leichtgegitterte Dach. Aber die Braut noch wartet bescheiden In dem Kämmerlein ihres Hauses; Endlich bewegt sich der Zug der Hochzeit, Peregrina. I. Der Spiegel dieſer treuen, braunen Augen Iſt wie von innerm Gold ein Widerſchein; Tief aus dem Buſen ſcheint er's anzuſaugen, Dort mag ſolch Gold in heil'gem Gram gedeih'n. In dieſe Nacht des Blickes mich zu tauchen, Unwiſſend Kind, du ſelber laͤdſt mich ein, Willſt, ich ſoll kecklich mich und dich entzuͤnden, Reichſt laͤchelnd mir den Tod im Kelch der Suͤnden! II. Aufgeſchmuͤckt iſt der Freudenſaal. Lichterhell, bunt, in laulicher Sommernacht Stehet das offene Gartengezelte; Saͤulengleich ſteigen, Reichlich durchwirket mit Laubwerk, Die ſtolzen Leiber Sechs gezaͤhmter, rieſiger Schlangen, Tragend und ſtuͤtzend das Leichtgegitterte Dach. Aber die Braut noch wartet beſcheiden In dem Kaͤmmerlein ihres Hauſes; Endlich bewegt ſich der Zug der Hochzeit, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0247" n="231"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b #g">Peregrina.</hi><lb/> </head> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq #b">I.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l>Der Spiegel dieſer treuen, braunen Augen</l><lb/> <l>Iſt wie von innerm Gold ein Widerſchein;</l><lb/> <l>Tief aus dem Buſen ſcheint er's anzuſaugen,</l><lb/> <l>Dort mag ſolch Gold in heil'gem Gram gedeih'n.</l><lb/> <l>In dieſe Nacht des Blickes mich zu tauchen,</l><lb/> <l>Unwiſſend Kind, du ſelber laͤdſt mich ein,</l><lb/> <l>Willſt, ich ſoll kecklich mich und dich entzuͤnden,</l><lb/> <l>Reichſt laͤchelnd mir den Tod im Kelch der Suͤnden!</l><lb/> </lg> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq #b">II.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Aufgeſchmuͤckt iſt der Freudenſaal.</l><lb/> <l>Lichterhell, bunt, in laulicher Sommernacht</l><lb/> <l>Stehet das offene Gartengezelte;</l><lb/> <l>Saͤulengleich ſteigen,</l><lb/> <l>Reichlich durchwirket mit Laubwerk,</l><lb/> <l>Die ſtolzen Leiber</l><lb/> <l>Sechs gezaͤhmter, rieſiger Schlangen,</l><lb/> <l>Tragend und ſtuͤtzend das</l><lb/> <l>Leichtgegitterte Dach.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Aber die Braut noch wartet beſcheiden</l><lb/> <l>In dem Kaͤmmerlein ihres Hauſes;</l><lb/> <l>Endlich bewegt ſich der Zug der Hochzeit,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [231/0247]
Peregrina.
I.
Der Spiegel dieſer treuen, braunen Augen
Iſt wie von innerm Gold ein Widerſchein;
Tief aus dem Buſen ſcheint er's anzuſaugen,
Dort mag ſolch Gold in heil'gem Gram gedeih'n.
In dieſe Nacht des Blickes mich zu tauchen,
Unwiſſend Kind, du ſelber laͤdſt mich ein,
Willſt, ich ſoll kecklich mich und dich entzuͤnden,
Reichſt laͤchelnd mir den Tod im Kelch der Suͤnden!
II.
Aufgeſchmuͤckt iſt der Freudenſaal.
Lichterhell, bunt, in laulicher Sommernacht
Stehet das offene Gartengezelte;
Saͤulengleich ſteigen,
Reichlich durchwirket mit Laubwerk,
Die ſtolzen Leiber
Sechs gezaͤhmter, rieſiger Schlangen,
Tragend und ſtuͤtzend das
Leichtgegitterte Dach.
Aber die Braut noch wartet beſcheiden
In dem Kaͤmmerlein ihres Hauſes;
Endlich bewegt ſich der Zug der Hochzeit,
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