Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
Unser Friz.

(d. 3. März 1827.)

Unser Friz richt't seinen Schlag,
Wollt' ein Meislein fangen,
Doch weil ihm denselben Tag
Keines drein gegangen,
Wird dem Friz zu lang die Zeit,
Denkt: ich hab' umsonst gestreut,
Will ja keine kommen.
Nach acht Tagen fällt ihm ein,
Im Garten zu spazieren:
Es ist schöner Sonnenschein,
Man kann nicht erfrieren;
Und am alten Apfelbaum
Kommt's ihm plötzlich wie im Traum:
Ob der Schlag gefallen?
"Ja! es sizt ein Vogel drinn!
Aber, weh! o wehe!
Das ist trauriger Gewinn:
Todt, so viel ich sehe!
-- Aber was kann ich dafür?
Sicher hat das dumme Thier
Sich zu todt gefressen!"
13 *
Unſer Friz.

(d. 3. Maͤrz 1827.)

Unſer Friz richt't ſeinen Schlag,
Wollt' ein Meislein fangen,
Doch weil ihm denſelben Tag
Keines drein gegangen,
Wird dem Friz zu lang die Zeit,
Denkt: ich hab' umſonſt geſtreut,
Will ja keine kommen.
Nach acht Tagen faͤllt ihm ein,
Im Garten zu ſpazieren:
Es iſt ſchoͤner Sonnenſchein,
Man kann nicht erfrieren;
Und am alten Apfelbaum
Kommt's ihm ploͤtzlich wie im Traum:
Ob der Schlag gefallen?
„Ja! es ſizt ein Vogel drinn!
Aber, weh! o wehe!
Das iſt trauriger Gewinn:
Todt, ſo viel ich ſehe!
— Aber was kann ich dafuͤr?
Sicher hat das dumme Thier
Sich zu todt gefreſſen!“
13 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0211" n="195"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b #g">Un&#x017F;er Friz.</hi><lb/>
        </head>
        <p rendition="#c">(d. 3. Ma&#x0364;rz 1827.)</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">U</hi>n&#x017F;er Friz richt't &#x017F;einen Schlag,</l><lb/>
            <l>Wollt' ein Meislein fangen,</l><lb/>
            <l>Doch weil ihm den&#x017F;elben Tag</l><lb/>
            <l>Keines drein gegangen,</l><lb/>
            <l>Wird dem Friz zu lang die Zeit,</l><lb/>
            <l>Denkt: ich hab' um&#x017F;on&#x017F;t ge&#x017F;treut,</l><lb/>
            <l>Will ja keine kommen.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="2">
            <l>Nach acht Tagen fa&#x0364;llt ihm ein,</l><lb/>
            <l>Im Garten zu &#x017F;pazieren:</l><lb/>
            <l>Es i&#x017F;t &#x017F;cho&#x0364;ner Sonnen&#x017F;chein,</l><lb/>
            <l>Man kann nicht erfrieren;</l><lb/>
            <l>Und am alten Apfelbaum</l><lb/>
            <l>Kommt's ihm plo&#x0364;tzlich wie im Traum:</l><lb/>
            <l>Ob der Schlag gefallen?</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="3">
            <l>&#x201E;Ja! es &#x017F;izt ein Vogel drinn!</l><lb/>
            <l>Aber, weh! o wehe!</l><lb/>
            <l>Das i&#x017F;t trauriger Gewinn:</l><lb/>
            <l>Todt, &#x017F;o viel ich &#x017F;ehe!</l><lb/>
            <l>&#x2014; Aber was kann ich dafu&#x0364;r?</l><lb/>
            <l>Sicher hat das dumme Thier</l><lb/>
            <l>Sich zu todt gefre&#x017F;&#x017F;en!&#x201C;</l><lb/>
          </lg>
          <fw place="bottom" type="sig">13 *<lb/></fw>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0211] Unſer Friz. (d. 3. Maͤrz 1827.) Unſer Friz richt't ſeinen Schlag, Wollt' ein Meislein fangen, Doch weil ihm denſelben Tag Keines drein gegangen, Wird dem Friz zu lang die Zeit, Denkt: ich hab' umſonſt geſtreut, Will ja keine kommen. Nach acht Tagen faͤllt ihm ein, Im Garten zu ſpazieren: Es iſt ſchoͤner Sonnenſchein, Man kann nicht erfrieren; Und am alten Apfelbaum Kommt's ihm ploͤtzlich wie im Traum: Ob der Schlag gefallen? „Ja! es ſizt ein Vogel drinn! Aber, weh! o wehe! Das iſt trauriger Gewinn: Todt, ſo viel ich ſehe! — Aber was kann ich dafuͤr? Sicher hat das dumme Thier Sich zu todt gefreſſen!“ 13 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/211
Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/211>, abgerufen am 22.12.2024.