Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.Zuviel. Der Himmel glänzt vom reinsten Frühlingslichte, Ihm schwillt der Hügel sehnsuchtsvoll entgegen, Die starre Welt zerfließt in Liebessegen, Und schmiegt sich rund zum zärtlichsten Gedichte. Am Dorfeshang, dort bei der luft'gen Fichte, Ist meiner Liebsten kleines Haus gelegen -- O Herz, was hilft dein Wiegen und dein Wägen, Daß all' der Wonne-Streit in dir sich schlichte! Du, Liebe, hilf den süßen Zauber lösen, Womit Natur in meinem Innern wühlet! Und du, o Frühling, hilf die Liebe beugen! Lisch aus, o Tag! Laß mich in Nacht genesen! Indeß ihr sanften Sterne göttlich kühlet, Will ich zum Abgrund der Betrachtung steigen. Zuviel. Der Himmel glaͤnzt vom reinſten Fruͤhlingslichte, Ihm ſchwillt der Huͤgel ſehnſuchtsvoll entgegen, Die ſtarre Welt zerfließt in Liebesſegen, Und ſchmiegt ſich rund zum zaͤrtlichſten Gedichte. Am Dorfeshang, dort bei der luft'gen Fichte, Iſt meiner Liebſten kleines Haus gelegen — O Herz, was hilft dein Wiegen und dein Waͤgen, Daß all' der Wonne-Streit in dir ſich ſchlichte! Du, Liebe, hilf den ſuͤßen Zauber loͤſen, Womit Natur in meinem Innern wuͤhlet! Und du, o Fruͤhling, hilf die Liebe beugen! Liſch aus, o Tag! Laß mich in Nacht geneſen! Indeß ihr ſanften Sterne goͤttlich kuͤhlet, Will ich zum Abgrund der Betrachtung ſteigen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb n="151" facs="#f0167"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b #g">Zuviel.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Der Himmel glaͤnzt vom reinſten Fruͤhlingslichte,</l><lb/> <l>Ihm ſchwillt der Huͤgel ſehnſuchtsvoll entgegen,</l><lb/> <l>Die ſtarre Welt zerfließt in Liebesſegen,</l><lb/> <l>Und ſchmiegt ſich rund zum zaͤrtlichſten Gedichte.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Am Dorfeshang, dort bei der luft'gen Fichte,</l><lb/> <l>Iſt meiner Liebſten kleines Haus gelegen —</l><lb/> <l>O Herz, was hilft dein Wiegen und dein Waͤgen,</l><lb/> <l>Daß all' der Wonne-Streit in dir ſich ſchlichte!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Du, Liebe, hilf den ſuͤßen Zauber loͤſen,</l><lb/> <l>Womit Natur in meinem Innern wuͤhlet!</l><lb/> <l>Und du, o Fruͤhling, hilf die Liebe beugen!</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Liſch aus, o Tag! Laß mich in Nacht geneſen!</l><lb/> <l>Indeß ihr ſanften Sterne goͤttlich kuͤhlet,</l><lb/> <l>Will ich zum Abgrund der Betrachtung ſteigen.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </body> </text> </TEI> [151/0167]
Zuviel.
Der Himmel glaͤnzt vom reinſten Fruͤhlingslichte,
Ihm ſchwillt der Huͤgel ſehnſuchtsvoll entgegen,
Die ſtarre Welt zerfließt in Liebesſegen,
Und ſchmiegt ſich rund zum zaͤrtlichſten Gedichte.
Am Dorfeshang, dort bei der luft'gen Fichte,
Iſt meiner Liebſten kleines Haus gelegen —
O Herz, was hilft dein Wiegen und dein Waͤgen,
Daß all' der Wonne-Streit in dir ſich ſchlichte!
Du, Liebe, hilf den ſuͤßen Zauber loͤſen,
Womit Natur in meinem Innern wuͤhlet!
Und du, o Fruͤhling, hilf die Liebe beugen!
Liſch aus, o Tag! Laß mich in Nacht geneſen!
Indeß ihr ſanften Sterne goͤttlich kuͤhlet,
Will ich zum Abgrund der Betrachtung ſteigen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/167 |
Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/167>, abgerufen am 04.03.2025. |