Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.Muse und Dichter. "Graben kann ich nicht: nun vollends krank! und zu betteln Schäme ich mich. Du schweigst, Muse? O rathe mir! hilf! Gib die Leyer!" -- Nicht doch! Dir ist die Ruhe geboten. Schlafe, träume nur! still ruf' ich dir Hülfe herab. Deinem Haupte noch blühet ein Kranz; und sey es zum Leben, Sey's zum Tode; getrost! meine Hand windet ihn dir. "Keinen Lorbeer will ich, die kalte Stirne zu schmücken: Laß mich leben! und gib fröhliche Blumen zum Strauß." Muſe und Dichter. „Graben kann ich nicht: nun vollends krank! und zu betteln Schaͤme ich mich. Du ſchweigſt, Muſe? O rathe mir! hilf! Gib die Leyer!“ — Nicht doch! Dir iſt die Ruhe geboten. Schlafe, traͤume nur! ſtill ruf' ich dir Huͤlfe herab. Deinem Haupte noch bluͤhet ein Kranz; und ſey es zum Leben, Sey's zum Tode; getroſt! meine Hand windet ihn dir. „Keinen Lorbeer will ich, die kalte Stirne zu ſchmuͤcken: Laß mich leben! und gib froͤhliche Blumen zum Strauß.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb n="119" facs="#f0135"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Muſe und Dichter.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l>„Graben kann ich nicht: nun vollends krank! und zu<lb/><hi rendition="#et">betteln</hi></l><lb/> <l>Schaͤme ich mich. Du ſchweigſt, Muſe? O rathe mir!<lb/><hi rendition="#et">hilf!</hi></l><lb/> <l>Gib die Leyer!“ — Nicht doch! Dir iſt die Ruhe<lb/><hi rendition="#et">geboten.</hi></l><lb/> <l>Schlafe, traͤume nur! ſtill ruf' ich dir Huͤlfe herab.</l><lb/> <l>Deinem Haupte noch bluͤhet ein Kranz; und ſey es zum<lb/><hi rendition="#et">Leben,</hi></l><lb/> <l>Sey's zum Tode; getroſt! meine Hand windet ihn dir.</l><lb/> <l>„Keinen Lorbeer will ich, die kalte Stirne zu ſchmuͤcken:</l><lb/> <l>Laß mich leben! und gib froͤhliche Blumen zum Strauß.“</l><lb/> </lg> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </body> </text> </TEI> [119/0135]
Muſe und Dichter.
„Graben kann ich nicht: nun vollends krank! und zu
betteln
Schaͤme ich mich. Du ſchweigſt, Muſe? O rathe mir!
hilf!
Gib die Leyer!“ — Nicht doch! Dir iſt die Ruhe
geboten.
Schlafe, traͤume nur! ſtill ruf' ich dir Huͤlfe herab.
Deinem Haupte noch bluͤhet ein Kranz; und ſey es zum
Leben,
Sey's zum Tode; getroſt! meine Hand windet ihn dir.
„Keinen Lorbeer will ich, die kalte Stirne zu ſchmuͤcken:
Laß mich leben! und gib froͤhliche Blumen zum Strauß.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/135 |
Zitationshilfe: | Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/135>, abgerufen am 04.03.2025. |