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Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838.

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An eine Lieblingsbuche meines Gartens,
in deren Stamm ich Hölty's Namen schnitt.
Holde Dryas, halte mir still! es schmerzet nur wenig;
Mit wollüstigem Reiz schließt sich die Wunde geschwind.
Eines Dichters Namen zu tragen bist du gewürdigt,
Keinen Lieberen hat Wiese noch Wald mir genannt.
Künftig sey du die Erste von allen deinen Geschwistern,
Welche der kommende Lenz wecket und reichlich belaubt.
Und ein liebendes Mädchen, von deinem Dunkel umduftet,
Sieht den Namen, der, halb nur verborgen, ihr winkt;
Leise drückt sie, gedankenvoll, die Lippen auf diese
Lettern, es dringet ihr Kuß dir an das innerste Mark.
Wehe der Hand, die dich zu schädigen waget! Ihr glücke
Nimmer, in Feld und Haus, nimmer ein friedliches
Werk!


8 *
An eine Lieblingsbuche meines Gartens,
in deren Stamm ich Hoͤlty's Namen ſchnitt.
Holde Dryas, halte mir ſtill! es ſchmerzet nur wenig;
Mit wolluͤſtigem Reiz ſchließt ſich die Wunde geſchwind.
Eines Dichters Namen zu tragen biſt du gewuͤrdigt,
Keinen Lieberen hat Wieſe noch Wald mir genannt.
Kuͤnftig ſey du die Erſte von allen deinen Geſchwiſtern,
Welche der kommende Lenz wecket und reichlich belaubt.
Und ein liebendes Maͤdchen, von deinem Dunkel umduftet,
Sieht den Namen, der, halb nur verborgen, ihr winkt;
Leiſe druͤckt ſie, gedankenvoll, die Lippen auf dieſe
Lettern, es dringet ihr Kuß dir an das innerſte Mark.
Wehe der Hand, die dich zu ſchaͤdigen waget! Ihr gluͤcke
Nimmer, in Feld und Haus, nimmer ein friedliches
Werk!


8 *
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[115/0131] An eine Lieblingsbuche meines Gartens, in deren Stamm ich Hoͤlty's Namen ſchnitt. Holde Dryas, halte mir ſtill! es ſchmerzet nur wenig; Mit wolluͤſtigem Reiz ſchließt ſich die Wunde geſchwind. Eines Dichters Namen zu tragen biſt du gewuͤrdigt, Keinen Lieberen hat Wieſe noch Wald mir genannt. Kuͤnftig ſey du die Erſte von allen deinen Geſchwiſtern, Welche der kommende Lenz wecket und reichlich belaubt. Und ein liebendes Maͤdchen, von deinem Dunkel umduftet, Sieht den Namen, der, halb nur verborgen, ihr winkt; Leiſe druͤckt ſie, gedankenvoll, die Lippen auf dieſe Lettern, es dringet ihr Kuß dir an das innerſte Mark. Wehe der Hand, die dich zu ſchaͤdigen waget! Ihr gluͤcke Nimmer, in Feld und Haus, nimmer ein friedliches Werk! 8 *

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Gedichte. Stuttgart, 1838, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_gedichte_1838/131>, abgerufen am 21.11.2024.