Kaum erglühten die Thurmspitzen von Chur im ersten Morgengolde eines wolkenlosen Maitages, als es schon vor den Stadtmauern und in der langen Gasse, die vom Sprecherschen Hause zum Nordthore führte, lebendig wurde. Französische Offiziere sprengten hin und her, aus der Stadt nach dem Lager, dessen Zelte schon abgebrochen waren, und von den marschfertigen Truppen zurück zum Herzog, um ihn als ein glän¬ zendes Gefolge zu umringen und in ihm die französi¬ sche Ehre, die, wie es ihnen schien, in diesem Lande Schaden gelitten, mit ihren kriegerischen Gestalten zu decken.
In der Straße, die Rohan durchreiten sollte, stan¬ den die Churer barhaupt in zwei gedrängten Reihen längs der Häuser, und alle Fenster bis zu den Dach¬
Zehntes Kapitel.
Kaum erglühten die Thurmſpitzen von Chur im erſten Morgengolde eines wolkenloſen Maitages, als es ſchon vor den Stadtmauern und in der langen Gaſſe, die vom Sprecherſchen Hauſe zum Nordthore führte, lebendig wurde. Franzöſiſche Offiziere ſprengten hin und her, aus der Stadt nach dem Lager, deſſen Zelte ſchon abgebrochen waren, und von den marſchfertigen Truppen zurück zum Herzog, um ihn als ein glän¬ zendes Gefolge zu umringen und in ihm die franzöſi¬ ſche Ehre, die, wie es ihnen ſchien, in dieſem Lande Schaden gelitten, mit ihren kriegeriſchen Geſtalten zu decken.
In der Straße, die Rohan durchreiten ſollte, ſtan¬ den die Churer barhaupt in zwei gedrängten Reihen längs der Häuſer, und alle Fenſter bis zu den Dach¬
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0352"/><divn="2"><head><hirendition="#b #fr">Zehntes Kapitel.</hi><lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Kaum erglühten die Thurmſpitzen von Chur im<lb/>
erſten Morgengolde eines wolkenloſen Maitages, als es<lb/>ſchon vor den Stadtmauern und in der langen Gaſſe,<lb/>
die vom Sprecherſchen Hauſe zum Nordthore führte,<lb/>
lebendig wurde. Franzöſiſche Offiziere ſprengten hin<lb/>
und her, aus der Stadt nach dem Lager, deſſen Zelte<lb/>ſchon abgebrochen waren, und von den marſchfertigen<lb/>
Truppen zurück zum Herzog, um ihn als ein glän¬<lb/>
zendes Gefolge zu umringen und in ihm die franzöſi¬<lb/>ſche Ehre, die, wie es ihnen ſchien, in dieſem Lande<lb/>
Schaden gelitten, mit ihren kriegeriſchen Geſtalten zu<lb/>
decken.</p><lb/><p>In der Straße, die Rohan durchreiten ſollte, ſtan¬<lb/>
den die Churer barhaupt in zwei gedrängten Reihen<lb/>
längs der Häuſer, und alle Fenſter bis zu den Dach¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[0352]
Zehntes Kapitel.
Kaum erglühten die Thurmſpitzen von Chur im
erſten Morgengolde eines wolkenloſen Maitages, als es
ſchon vor den Stadtmauern und in der langen Gaſſe,
die vom Sprecherſchen Hauſe zum Nordthore führte,
lebendig wurde. Franzöſiſche Offiziere ſprengten hin
und her, aus der Stadt nach dem Lager, deſſen Zelte
ſchon abgebrochen waren, und von den marſchfertigen
Truppen zurück zum Herzog, um ihn als ein glän¬
zendes Gefolge zu umringen und in ihm die franzöſi¬
ſche Ehre, die, wie es ihnen ſchien, in dieſem Lande
Schaden gelitten, mit ihren kriegeriſchen Geſtalten zu
decken.
In der Straße, die Rohan durchreiten ſollte, ſtan¬
den die Churer barhaupt in zwei gedrängten Reihen
längs der Häuſer, und alle Fenſter bis zu den Dach¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/352>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.