Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.Göttermahl. Wo die Tannen finst're Schatten werfen Ueber Hänge goldbesonnt, Unverwundet von der Firne Schärfen Blaut der reine Horizont, Wo das Spiel den rastlos weh'nden Winden Kein Gebälk und keine Mauer wehrt, Wo, wie einer dunkeln Sorge Schwinden, Jede Wolke sich verzehrt, Wo das braune Rind wie Juno schauend Weidet und mit heller Glocke tönt, Wo das Zicklein lüstern wiederkauend Den bemoosten Felsen krönt, Schlürf' ich kühle Luft und wilde Würzen, Mit den sel'gen Göttern kost ich da -- Die mich nicht aus ihrem Himmel stürzen -- Nectar und Ambrosia! Göttermahl. Wo die Tannen finſt're Schatten werfen Ueber Hänge goldbeſonnt, Unverwundet von der Firne Schärfen Blaut der reine Horizont, Wo das Spiel den raſtlos weh'nden Winden Kein Gebälk und keine Mauer wehrt, Wo, wie einer dunkeln Sorge Schwinden, Jede Wolke ſich verzehrt, Wo das braune Rind wie Juno ſchauend Weidet und mit heller Glocke tönt, Wo das Zicklein lüſtern wiederkauend Den bemooſten Felſen krönt, Schlürf' ich kühle Luft und wilde Würzen, Mit den ſel'gen Göttern koſt ich da — Die mich nicht aus ihrem Himmel ſtürzen — Nectar und Ambroſia! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb n="76" facs="#f0090"/> </div> <div n="2"> <head>Göttermahl.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wo die Tannen finſt're Schatten werfen</l><lb/> <l>Ueber Hänge goldbeſonnt,</l><lb/> <l>Unverwundet von der Firne Schärfen</l><lb/> <l>Blaut der reine Horizont,</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Wo das Spiel den raſtlos weh'nden Winden</l><lb/> <l>Kein Gebälk und keine Mauer wehrt,</l><lb/> <l>Wo, wie einer dunkeln Sorge Schwinden,</l><lb/> <l>Jede Wolke ſich verzehrt,</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Wo das braune Rind wie Juno ſchauend</l><lb/> <l>Weidet und mit heller Glocke tönt,</l><lb/> <l>Wo das Zicklein lüſtern wiederkauend</l><lb/> <l>Den bemooſten Felſen krönt,</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Schlürf' ich kühle Luft und wilde Würzen,</l><lb/> <l>Mit den ſel'gen Göttern koſt ich da —</l><lb/> <l>Die mich nicht aus ihrem Himmel ſtürzen —</l><lb/> <l>Nectar und Ambroſia!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [76/0090]
Göttermahl.
Wo die Tannen finſt're Schatten werfen
Ueber Hänge goldbeſonnt,
Unverwundet von der Firne Schärfen
Blaut der reine Horizont,
Wo das Spiel den raſtlos weh'nden Winden
Kein Gebälk und keine Mauer wehrt,
Wo, wie einer dunkeln Sorge Schwinden,
Jede Wolke ſich verzehrt,
Wo das braune Rind wie Juno ſchauend
Weidet und mit heller Glocke tönt,
Wo das Zicklein lüſtern wiederkauend
Den bemooſten Felſen krönt,
Schlürf' ich kühle Luft und wilde Würzen,
Mit den ſel'gen Göttern koſt ich da —
Die mich nicht aus ihrem Himmel ſtürzen —
Nectar und Ambroſia!
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Zitationshilfe: | Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/90>, abgerufen am 03.03.2025. |