Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite
Allerbarmen.
An dem Bauerhaus vorüber
Schritt ich eilig, weil mir grauste,
Weil im dumpfen Hof ein trüber,
Brütender Cretine hauste.
Schaudernd warf ich einen halben
Blick in seinen feuchten Kerker --
Eben war die Zeit der Schwalben,
Wo sie baun an Dach und Erker.
Den Enterbten sah ich kauern,
Ueber seiner Lagerstätte
Blitzten Schwalben um die Mauern,
Nester bauend in die Wette.
Der erloschne Blick erfreute
Sich, in einem kleinen blauen
Raum das Werk der Schwalben heute,
Dieses kluge Werk zu schauen.
Blitzend kreiste das Geschwirre
An dem engen Horizonte,
Und das Lachen klang, das irre,
Drin sich doch der Himmel sonnte.

Allerbarmen.
An dem Bauerhaus vorüber
Schritt ich eilig, weil mir grauſte,
Weil im dumpfen Hof ein trüber,
Brütender Cretine hauſte.
Schaudernd warf ich einen halben
Blick in ſeinen feuchten Kerker —
Eben war die Zeit der Schwalben,
Wo ſie baun an Dach und Erker.
Den Enterbten ſah ich kauern,
Ueber ſeiner Lagerſtätte
Blitzten Schwalben um die Mauern,
Neſter bauend in die Wette.
Der erloſchne Blick erfreute
Sich, in einem kleinen blauen
Raum das Werk der Schwalben heute,
Dieſes kluge Werk zu ſchauen.
Blitzend kreiſte das Geſchwirre
An dem engen Horizonte,
Und das Lachen klang, das irre,
Drin ſich doch der Himmel ſonnte.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0089" n="75"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Allerbarmen.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>An dem Bauerhaus vorüber</l><lb/>
              <l>Schritt ich eilig, weil mir grau&#x017F;te,</l><lb/>
              <l>Weil im dumpfen Hof ein trüber,</l><lb/>
              <l>Brütender Cretine hau&#x017F;te.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Schaudernd warf ich einen halben</l><lb/>
              <l>Blick in &#x017F;einen feuchten Kerker &#x2014;</l><lb/>
              <l>Eben war die Zeit der Schwalben,</l><lb/>
              <l>Wo &#x017F;ie baun an Dach und Erker.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Den Enterbten &#x017F;ah ich kauern,</l><lb/>
              <l>Ueber &#x017F;einer Lager&#x017F;tätte</l><lb/>
              <l>Blitzten Schwalben um die Mauern,</l><lb/>
              <l>Ne&#x017F;ter bauend in die Wette.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Der erlo&#x017F;chne Blick erfreute</l><lb/>
              <l>Sich, in einem kleinen blauen</l><lb/>
              <l>Raum das Werk der Schwalben heute,</l><lb/>
              <l>Die&#x017F;es kluge Werk zu &#x017F;chauen.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="5">
              <l>Blitzend krei&#x017F;te das Ge&#x017F;chwirre</l><lb/>
              <l>An dem engen Horizonte,</l><lb/>
              <l>Und das Lachen klang, das irre,</l><lb/>
              <l>Drin &#x017F;ich doch der Himmel &#x017F;onnte.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0089] Allerbarmen. An dem Bauerhaus vorüber Schritt ich eilig, weil mir grauſte, Weil im dumpfen Hof ein trüber, Brütender Cretine hauſte. Schaudernd warf ich einen halben Blick in ſeinen feuchten Kerker — Eben war die Zeit der Schwalben, Wo ſie baun an Dach und Erker. Den Enterbten ſah ich kauern, Ueber ſeiner Lagerſtätte Blitzten Schwalben um die Mauern, Neſter bauend in die Wette. Der erloſchne Blick erfreute Sich, in einem kleinen blauen Raum das Werk der Schwalben heute, Dieſes kluge Werk zu ſchauen. Blitzend kreiſte das Geſchwirre An dem engen Horizonte, Und das Lachen klang, das irre, Drin ſich doch der Himmel ſonnte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/89
Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/89>, abgerufen am 18.11.2024.