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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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Hohe Station.
Hoch an der Windung des Passes bewohn' ich ein niedriges
Berghaus --

Heut ist vorüber die Post, heut bin ich oben allein.
Lehnend am Fenster belausch' ich die Stille des dämmernden
Abends,

Rings kein Laut! Nur der Specht hämmert im harzigen Tann.
Leicht aus dem Wald in den Wald hüpft über die Matte das
Eichhorn,

Spielend auf offenem Plan; denn es ist Herr im Bezirk.
Jammer! Was hör' ich? Ein schrilles Gesurre: "Gemordet ist
Garfield!"

"Bismarck zürnt im Gezelt!" "Väterlich segnet der Papst!"
Schwirrt in der Luft ein Gerücht? Was gewahr' ich? Ein
schwärzliches Glöcklein!

Unter dem Fenstergesims bebt der electrische Draht,
Der, wie die Schläge des Pulses beseelend den Körper der
Menschheit,

Durch das entlegenste Thal trägt die Geberde der Zeit.

Hohe Station.
Hoch an der Windung des Paſſes bewohn' ich ein niedriges
Berghaus —

Heut iſt vorüber die Poſt, heut bin ich oben allein.
Lehnend am Fenſter belauſch' ich die Stille des dämmernden
Abends,

Rings kein Laut! Nur der Specht hämmert im harzigen Tann.
Leicht aus dem Wald in den Wald hüpft über die Matte das
Eichhorn,

Spielend auf offenem Plan; denn es iſt Herr im Bezirk.
Jammer! Was hör' ich? Ein ſchrilles Geſurre: „Gemordet iſt
Garfield!“

„Bismarck zürnt im Gezelt!“ „Väterlich ſegnet der Papſt!“
Schwirrt in der Luft ein Gerücht? Was gewahr' ich? Ein
ſchwärzliches Glöcklein!

Unter dem Fenſtergeſims bebt der electriſche Draht,
Der, wie die Schläge des Pulſes beſeelend den Körper der
Menſchheit,

Durch das entlegenſte Thal trägt die Geberde der Zeit.

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[87/0101] Hohe Station. Hoch an der Windung des Paſſes bewohn' ich ein niedriges Berghaus — Heut iſt vorüber die Poſt, heut bin ich oben allein. Lehnend am Fenſter belauſch' ich die Stille des dämmernden Abends, Rings kein Laut! Nur der Specht hämmert im harzigen Tann. Leicht aus dem Wald in den Wald hüpft über die Matte das Eichhorn, Spielend auf offenem Plan; denn es iſt Herr im Bezirk. Jammer! Was hör' ich? Ein ſchrilles Geſurre: „Gemordet iſt Garfield!“ „Bismarck zürnt im Gezelt!“ „Väterlich ſegnet der Papſt!“ Schwirrt in der Luft ein Gerücht? Was gewahr' ich? Ein ſchwärzliches Glöcklein! Unter dem Fenſtergeſims bebt der electriſche Draht, Der, wie die Schläge des Pulſes beſeelend den Körper der Menſchheit, Durch das entlegenſte Thal trägt die Geberde der Zeit.

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/101>, abgerufen am 18.11.2024.