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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847.

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Sechste Abtheilung.
Anlage der Feuerstellen in den Gebäuden und der
Rauchröhren.


§. 56. Allgemeines.

Die Anlage der Feuerstellen war früher sehr unvollkommen.
Man mauerte einen niedrigen Herd, machte Feuer darauf an und ließ
den Rauch durch das ganze Gebäude ziehen, wohin er wollte. Etwas
später schloß man den Herd mit einer Rückmauer und zwei schmalen
Seitenmauern; über diesen Seitenmauern wölbte man, 1/2 Stein stark,
einen sogenannten Schweif, daß die emporschlagende Flamme keinen
Schaden thun konnte, den Rauch aber ließ man ebenfalls ziehen wo-
hin es ihm beliebte. Dergleichen Anlagen ohne Rauchröhren findet
man noch heut zu Tage in den Ostseeprovinzen, in Hessen, der
Schweiz, in Tyrol und Steyermark, obgleich sie dadurch daß man sie
polizeilich verboten hat, anfangen selten zu werden.

Noch später baute man zur Abführung des Rauches weite, höl-
zerne,
trichterförmige Schlotte, welche unten weit, oben enger wa-
ren; bald mußte man sich von ihrer Feuergefährlichkeit überzeugen,
und nun beginnt der Bau der massiven weiten Schornsteinröhren, de-
nen in Deutschland erst ziemlich spät die sogenannten russischen oder
engen Schornsteinröhren folgten.

Was den Zug des Rauches anbelangt, so haben wir für unsere
baulichen Zwecke nur auf Folgendes zu achten. Der Rauch bewegt
sich seiner Natur nach am liebsten senkrecht von unten nach oben, und
nur gezwungen schlägt er auch schräge, wellenförmige oder gar schnell
absteigende Richtungen ein.

Der Rauch bewegt sich nur schnell nach oben, wenn er selbst
noch Wärme genug besitzt, und ein hinlänglicher Luftstrom vorhanden
ist, der ihn nach oben zieht. Je geringer der Wärmegrad des Rau-
ches, je schwächer der Luftstrom, um so mehr schlägt der Rauch nie-
der, setzt Ruß ab und verursacht das sogenannte Einrauchen.

Deshalb werden die Temperatur der Atmosphäre, die Richtung
des Windes, die Temperatur der Schornsteine und die größere oder

Sechſte Abtheilung.
Anlage der Feuerſtellen in den Gebäuden und der
Rauchröhren.


§. 56. Allgemeines.

Die Anlage der Feuerſtellen war früher ſehr unvollkommen.
Man mauerte einen niedrigen Herd, machte Feuer darauf an und ließ
den Rauch durch das ganze Gebäude ziehen, wohin er wollte. Etwas
ſpäter ſchloß man den Herd mit einer Rückmauer und zwei ſchmalen
Seitenmauern; über dieſen Seitenmauern wölbte man, ½ Stein ſtark,
einen ſogenannten Schweif, daß die emporſchlagende Flamme keinen
Schaden thun konnte, den Rauch aber ließ man ebenfalls ziehen wo-
hin es ihm beliebte. Dergleichen Anlagen ohne Rauchröhren findet
man noch heut zu Tage in den Oſtſeeprovinzen, in Heſſen, der
Schweiz, in Tyrol und Steyermark, obgleich ſie dadurch daß man ſie
polizeilich verboten hat, anfangen ſelten zu werden.

Noch ſpäter baute man zur Abführung des Rauches weite, höl-
zerne,
trichterförmige Schlotte, welche unten weit, oben enger wa-
ren; bald mußte man ſich von ihrer Feuergefährlichkeit überzeugen,
und nun beginnt der Bau der maſſiven weiten Schornſteinröhren, de-
nen in Deutſchland erſt ziemlich ſpät die ſogenannten ruſſiſchen oder
engen Schornſteinröhren folgten.

Was den Zug des Rauches anbelangt, ſo haben wir für unſere
baulichen Zwecke nur auf Folgendes zu achten. Der Rauch bewegt
ſich ſeiner Natur nach am liebſten ſenkrecht von unten nach oben, und
nur gezwungen ſchlägt er auch ſchräge, wellenförmige oder gar ſchnell
abſteigende Richtungen ein.

Der Rauch bewegt ſich nur ſchnell nach oben, wenn er ſelbſt
noch Wärme genug beſitzt, und ein hinlänglicher Luftſtrom vorhanden
iſt, der ihn nach oben zieht. Je geringer der Wärmegrad des Rau-
ches, je ſchwächer der Luftſtrom, um ſo mehr ſchlägt der Rauch nie-
der, ſetzt Ruß ab und verurſacht das ſogenannte Einrauchen.

Deshalb werden die Temperatur der Atmoſphäre, die Richtung
des Windes, die Temperatur der Schornſteine und die größere oder

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[0260] Sechſte Abtheilung. Anlage der Feuerſtellen in den Gebäuden und der Rauchröhren. §. 56. Allgemeines. Die Anlage der Feuerſtellen war früher ſehr unvollkommen. Man mauerte einen niedrigen Herd, machte Feuer darauf an und ließ den Rauch durch das ganze Gebäude ziehen, wohin er wollte. Etwas ſpäter ſchloß man den Herd mit einer Rückmauer und zwei ſchmalen Seitenmauern; über dieſen Seitenmauern wölbte man, ½ Stein ſtark, einen ſogenannten Schweif, daß die emporſchlagende Flamme keinen Schaden thun konnte, den Rauch aber ließ man ebenfalls ziehen wo- hin es ihm beliebte. Dergleichen Anlagen ohne Rauchröhren findet man noch heut zu Tage in den Oſtſeeprovinzen, in Heſſen, der Schweiz, in Tyrol und Steyermark, obgleich ſie dadurch daß man ſie polizeilich verboten hat, anfangen ſelten zu werden. Noch ſpäter baute man zur Abführung des Rauches weite, höl- zerne, trichterförmige Schlotte, welche unten weit, oben enger wa- ren; bald mußte man ſich von ihrer Feuergefährlichkeit überzeugen, und nun beginnt der Bau der maſſiven weiten Schornſteinröhren, de- nen in Deutſchland erſt ziemlich ſpät die ſogenannten ruſſiſchen oder engen Schornſteinröhren folgten. Was den Zug des Rauches anbelangt, ſo haben wir für unſere baulichen Zwecke nur auf Folgendes zu achten. Der Rauch bewegt ſich ſeiner Natur nach am liebſten ſenkrecht von unten nach oben, und nur gezwungen ſchlägt er auch ſchräge, wellenförmige oder gar ſchnell abſteigende Richtungen ein. Der Rauch bewegt ſich nur ſchnell nach oben, wenn er ſelbſt noch Wärme genug beſitzt, und ein hinlänglicher Luftſtrom vorhanden iſt, der ihn nach oben zieht. Je geringer der Wärmegrad des Rau- ches, je ſchwächer der Luftſtrom, um ſo mehr ſchlägt der Rauch nie- der, ſetzt Ruß ab und verurſacht das ſogenannte Einrauchen. Deshalb werden die Temperatur der Atmoſphäre, die Richtung des Windes, die Temperatur der Schornſteine und die größere oder

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Zitationshilfe: Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/260>, abgerufen am 26.04.2024.