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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847.

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Gewölbebogen bei gleicher Bogenöffnung ist, um so stärker müs-
sen die Widerlager sein;
welcher Satz durch die Erfahrung
vollkommen bestätigt wird.

Es ist noch zu bemerken: daß die Deransche Methode die
Widerlager etwas stärker angiebt, als sie bei gutem Material und gu-
ter Arbeit erforderlich sind, sie ist also für alle Fälle vollkommen
ausreichend.

Es folgt ferner aus dem Vorigen: daß ein sogenanntes scheit-
rechtes
Gewölbe (nach wagerechter Linie und aus einzelnen Stein-
stücken mit Fugenschnitt zusammengesetzt) das stärkste Widerlager brau-
chen würde, da es nach mathematischen Begriffen unendlich stark sein
müßte; wir werden später hierauf zurückkommen. Es folgt ferner
aus dem Vorigen: daß je höher der Bogen ist, im Ver-
hältniß zu seiner Breite, das Widerlager um so schwä-
cher werden kann.

2) Bestimmung der Widerlagsstärke nach Roudelet.

Taf. VI. Fig. 134. Nachdem man für ein halbkreisförmiges
Gewölbe die Linie des Bogens gezeichnet hat, ziehe man die Sehne
GB. und verlängere sie unbestimmt, welche Linie einen Winkel von
45° machen wird, mit der senkrechten BC. Man trage von A. aus
wagerecht diejenige Stärke des Widerlagers auf, welche ein Halbkreis-
gewölbe haben muß, und bemerke den Punkt 4, wo die Wagerechte
A. 4. die Diagonale schneidet, so hat man die Stärke des Widerlagers
für einen Halbkreis. (Roudelet hat für denselben als Widerlags-
stärke nur etwa 1/8 der ganzen Bogenöffnung, während Deran da-
für etwa 1/4 hatte.) Mit der Länge B 4. beschreibe man den Vier-
telkreis (6. 5. 4. 3. 2. 1.) aus B., so ist man im Stande für jeden
steileren oder flacheren Bogen, welcher gleichweite Oeffnung wie der
Halbkreis hat, auch die Widerlagsstärke zu finden, z. B. für den über
dem Halbkreise beschriebenen Spitzbogen. Man ziehe in demselben die
Sehne GB. und verlängere sie bis 5, ziehe durch den Punkt 5. eine
Senkrechte ds., so zeigt der wagerechte Abstand dieser Linie von B.
die Stärke des Widerlagers an.

Wollte man das Widerlager des flachen Bogens finden, dessen
Mittelpunkt in O' liegt, so würde man die Sehne GB. 3. erhalten.
Durch 3. die Senkrechte 3 b. gezogen, würde die Widerlagsstärke angeben.

Eben so würde man für den noch flacheren Bogen, dessen Mit-
telpunkt O" ist, durch den Punkt 2. eine Senkrechte 2 a. erhalten, wel-
che die Widerlagsstärke angäbe.

Besonders anwendbar ist diese Methode für den Fall, wo man

Gewölbebogen bei gleicher Bogenöffnung iſt, um ſo ſtärker müſ-
ſen die Widerlager ſein;
welcher Satz durch die Erfahrung
vollkommen beſtätigt wird.

Es iſt noch zu bemerken: daß die Déranſche Methode die
Widerlager etwas ſtärker angiebt, als ſie bei gutem Material und gu-
ter Arbeit erforderlich ſind, ſie iſt alſo für alle Fälle vollkommen
ausreichend.

Es folgt ferner aus dem Vorigen: daß ein ſogenanntes ſcheit-
rechtes
Gewölbe (nach wagerechter Linie und aus einzelnen Stein-
ſtücken mit Fugenſchnitt zuſammengeſetzt) das ſtärkſte Widerlager brau-
chen würde, da es nach mathematiſchen Begriffen unendlich ſtark ſein
müßte; wir werden ſpäter hierauf zurückkommen. Es folgt ferner
aus dem Vorigen: daß je höher der Bogen iſt, im Ver-
hältniß zu ſeiner Breite, das Widerlager um ſo ſchwä-
cher werden kann.

2) Beſtimmung der Widerlagsſtärke nach Roudelet.

Taf. VI. Fig. 134. Nachdem man für ein halbkreisförmiges
Gewölbe die Linie des Bogens gezeichnet hat, ziehe man die Sehne
GB. und verlängere ſie unbeſtimmt, welche Linie einen Winkel von
45° machen wird, mit der ſenkrechten BC. Man trage von A. aus
wagerecht diejenige Stärke des Widerlagers auf, welche ein Halbkreis-
gewölbe haben muß, und bemerke den Punkt 4, wo die Wagerechte
A. 4. die Diagonale ſchneidet, ſo hat man die Stärke des Widerlagers
für einen Halbkreis. (Roudelet hat für denſelben als Widerlags-
ſtärke nur etwa ⅛ der ganzen Bogenöffnung, während Déran da-
für etwa ¼ hatte.) Mit der Länge B 4. beſchreibe man den Vier-
telkreis (6. 5. 4. 3. 2. 1.) aus B., ſo iſt man im Stande für jeden
ſteileren oder flacheren Bogen, welcher gleichweite Oeffnung wie der
Halbkreis hat, auch die Widerlagsſtärke zu finden, z. B. für den über
dem Halbkreiſe beſchriebenen Spitzbogen. Man ziehe in demſelben die
Sehne GB. und verlängere ſie bis 5, ziehe durch den Punkt 5. eine
Senkrechte ds., ſo zeigt der wagerechte Abſtand dieſer Linie von B.
die Stärke des Widerlagers an.

Wollte man das Widerlager des flachen Bogens finden, deſſen
Mittelpunkt in O′ liegt, ſo würde man die Sehne GB. 3. erhalten.
Durch 3. die Senkrechte 3 b. gezogen, würde die Widerlagsſtärke angeben.

Eben ſo würde man für den noch flacheren Bogen, deſſen Mit-
telpunkt O″ iſt, durch den Punkt 2. eine Senkrechte 2 a. erhalten, wel-
che die Widerlagsſtärke angäbe.

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[173/0183] Gewölbebogen bei gleicher Bogenöffnung iſt, um ſo ſtärker müſ- ſen die Widerlager ſein; welcher Satz durch die Erfahrung vollkommen beſtätigt wird. Es iſt noch zu bemerken: daß die Déranſche Methode die Widerlager etwas ſtärker angiebt, als ſie bei gutem Material und gu- ter Arbeit erforderlich ſind, ſie iſt alſo für alle Fälle vollkommen ausreichend. Es folgt ferner aus dem Vorigen: daß ein ſogenanntes ſcheit- rechtes Gewölbe (nach wagerechter Linie und aus einzelnen Stein- ſtücken mit Fugenſchnitt zuſammengeſetzt) das ſtärkſte Widerlager brau- chen würde, da es nach mathematiſchen Begriffen unendlich ſtark ſein müßte; wir werden ſpäter hierauf zurückkommen. Es folgt ferner aus dem Vorigen: daß je höher der Bogen iſt, im Ver- hältniß zu ſeiner Breite, das Widerlager um ſo ſchwä- cher werden kann. 2) Beſtimmung der Widerlagsſtärke nach Roudelet. Taf. VI. Fig. 134. Nachdem man für ein halbkreisförmiges Gewölbe die Linie des Bogens gezeichnet hat, ziehe man die Sehne GB. und verlängere ſie unbeſtimmt, welche Linie einen Winkel von 45° machen wird, mit der ſenkrechten BC. Man trage von A. aus wagerecht diejenige Stärke des Widerlagers auf, welche ein Halbkreis- gewölbe haben muß, und bemerke den Punkt 4, wo die Wagerechte A. 4. die Diagonale ſchneidet, ſo hat man die Stärke des Widerlagers für einen Halbkreis. (Roudelet hat für denſelben als Widerlags- ſtärke nur etwa ⅛ der ganzen Bogenöffnung, während Déran da- für etwa ¼ hatte.) Mit der Länge B 4. beſchreibe man den Vier- telkreis (6. 5. 4. 3. 2. 1.) aus B., ſo iſt man im Stande für jeden ſteileren oder flacheren Bogen, welcher gleichweite Oeffnung wie der Halbkreis hat, auch die Widerlagsſtärke zu finden, z. B. für den über dem Halbkreiſe beſchriebenen Spitzbogen. Man ziehe in demſelben die Sehne GB. und verlängere ſie bis 5, ziehe durch den Punkt 5. eine Senkrechte ds., ſo zeigt der wagerechte Abſtand dieſer Linie von B. die Stärke des Widerlagers an. Wollte man das Widerlager des flachen Bogens finden, deſſen Mittelpunkt in O′ liegt, ſo würde man die Sehne GB. 3. erhalten. Durch 3. die Senkrechte 3 b. gezogen, würde die Widerlagsſtärke angeben. Eben ſo würde man für den noch flacheren Bogen, deſſen Mit- telpunkt O″ iſt, durch den Punkt 2. eine Senkrechte 2 a. erhalten, wel- che die Widerlagsſtärke angäbe. Beſonders anwendbar iſt dieſe Methode für den Fall, wo man

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Zitationshilfe: Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/183>, abgerufen am 26.04.2024.