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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt.

Wir sind aber damit zu einer der wichtigsten Wahrheiten
unserer Wissenschaft gelangt, zu dem Satze von der "Producti-

Gebrauchsgütern Seitens ihrer Besitzer ausgedehnt wird; vid. Herrmann:
Staatsw. Unters. 1832, S. 300 ff., und Schmoller: Die Lehre vom Ein-
kommen, Tübing. Zeitsch., 1863, S. 53 ff., S. 76 ff.) dazu. dass, sowohl die
Arbeitskraft, (vid. schon Canard, Principies d'econ. pol. S. 9; Say,
Cours, 1828, I., p. 285), als auch Grundstücke (vid. Ehrenberg: Staatsw.
nach Naturgesetzen, 1819, S. 13; Oberndorfer: Nationalökonomie, 1822,
S. 207; Edinb. Review. Vol. IV., p. 364 ff.; Herrmann: Staatsw. Unters,
1832, S. 48 ff., Hasner: System I., 294) endlich auch alle Gebrauchsgüter
von einiger Dauer (Hermann: Staatsw. Untersuch., 1832, S. 63) Capitalien
genannt werden müssten. In Wahrheit versteht man unter Capitalien aber
nur jene Quantitäten ökonomischer Güter. welche uns in der Gegenwart
für kommende Zeiträume, also innerhalb gegebener Zeiträume verfügbar
sind und uns jene Nutzung gestatten, deren Wesen und ökonomischen Charakter
wir oben (S. 127 ff.) eines weitern dargelegt haben. Damit dieser Erfolg eintreten
könne, ist indess das Zusammentreffen der folgenden Voraussetzungen nöthig. Es
muss 1. der Zeitraum, innerhalb welches das wirthschaftende Subject über die
bezüglichen Quantitäten ökonomischer Güter verfügt, ausreichend sein, um
demselben eine Production (im wirthschaftlichen Sinne des Wortes, S. 133) zu
ermöglichen. 2. Es müssen die Quantitäten dem Umfange und der Beschaffen-
heit nach der Art sein, dass das bezügliche wirthschaftende Subject durch
dieselben entweder mittelbar oder unmittelbar über die zur Hervorbringung
von Gütern niederer Ordnung erforderlichen complementären Quantitäten von
Gütern höherer Ordnung verfügt. Quantitäten von ökonomischen Gütern,
welche den wirthschaftenden Subjecten nur für so kurze Zeiträume, oder in
Rücksicht auf Quantität, Beschaffenheit oder andere Thatumstände derart ver-
fügbar sind, dass die Productivität derselben ausgeschlossen ist, sind demnach
keine Capitalien. Der wichtigste Unterschied zwischen einzelnen Vermögens-
objecten, welche Einkommen gewähren (Grundstücke, Gebäude etc.) und Ca-
pitalien besteht darin, dass die erstern concrete, dauerhafte Güter sind,
deren Nutzungen selbst wieder Güterqualität und ökonomischen Charakter
aufweisen, die letztern aber, sei es nun mittelbar oder unmittelbar, Ge-
sammtheiten
von ökonomischen Gütern höherer Ordnung (complementäre
Quantitäten von solchen) darstellen, deren Nutzung zwar gleichfalls den
ökonomischen Charakter hat und desshalb Einkommen gewährt, deren Pro-
ductivität indess wesentlich anderer Natur ist, als jene der obigen Vermögens-
objecte. Auf das sprachwidrige Zusammenfassen der beiden obigen Gruppen
von Einkommensquellen unter dem Begriff des Capitals lassen sich fast sämmt-
liche Schwierigkeiten zurückführen, welche aus der Lehre vom Capital für
die Theorie entstanden sind. -- Der Umstand, dass unter entwickelten Verkehrs-
verhältnissen Capitalien sehr häufig in der bequemen Form von Geldsummen
9 *
Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt.

Wir sind aber damit zu einer der wichtigsten Wahrheiten
unserer Wissenschaft gelangt, zu dem Satze von der „Producti-

Gebrauchsgütern Seitens ihrer Besitzer ausgedehnt wird; vid. Herrmann:
Staatsw. Unters. 1832, S. 300 ff., und Schmoller: Die Lehre vom Ein-
kommen, Tübing. Zeitsch., 1863, S. 53 ff., S. 76 ff.) dazu. dass, sowohl die
Arbeitskraft, (vid. schon Canard, Principies d’econ. pol. S. 9; Say,
Cours, 1828, I., p. 285), als auch Grundstücke (vid. Ehrenberg: Staatsw.
nach Naturgesetzen, 1819, S. 13; Oberndorfer: Nationalökonomie, 1822,
S. 207; Edinb. Review. Vol. IV., p. 364 ff.; Herrmann: Staatsw. Unters,
1832, S. 48 ff., Hasner: System I., 294) endlich auch alle Gebrauchsgüter
von einiger Dauer (Hermann: Staatsw. Untersuch., 1832, S. 63) Capitalien
genannt werden müssten. In Wahrheit versteht man unter Capitalien aber
nur jene Quantitäten ökonomischer Güter. welche uns in der Gegenwart
für kommende Zeiträume, also innerhalb gegebener Zeiträume verfügbar
sind und uns jene Nutzung gestatten, deren Wesen und ökonomischen Charakter
wir oben (S. 127 ff.) eines weitern dargelegt haben. Damit dieser Erfolg eintreten
könne, ist indess das Zusammentreffen der folgenden Voraussetzungen nöthig. Es
muss 1. der Zeitraum, innerhalb welches das wirthschaftende Subject über die
bezüglichen Quantitäten ökonomischer Güter verfügt, ausreichend sein, um
demselben eine Production (im wirthschaftlichen Sinne des Wortes, S. 133) zu
ermöglichen. 2. Es müssen die Quantitäten dem Umfange und der Beschaffen-
heit nach der Art sein, dass das bezügliche wirthschaftende Subject durch
dieselben entweder mittelbar oder unmittelbar über die zur Hervorbringung
von Gütern niederer Ordnung erforderlichen complementären Quantitäten von
Gütern höherer Ordnung verfügt. Quantitäten von ökonomischen Gütern,
welche den wirthschaftenden Subjecten nur für so kurze Zeiträume, oder in
Rücksicht auf Quantität, Beschaffenheit oder andere Thatumstände derart ver-
fügbar sind, dass die Productivität derselben ausgeschlossen ist, sind demnach
keine Capitalien. Der wichtigste Unterschied zwischen einzelnen Vermögens-
objecten, welche Einkommen gewähren (Grundstücke, Gebäude etc.) und Ca-
pitalien besteht darin, dass die erstern concrete, dauerhafte Güter sind,
deren Nutzungen selbst wieder Güterqualität und ökonomischen Charakter
aufweisen, die letztern aber, sei es nun mittelbar oder unmittelbar, Ge-
sammtheiten
von ökonomischen Gütern höherer Ordnung (complementäre
Quantitäten von solchen) darstellen, deren Nutzung zwar gleichfalls den
ökonomischen Charakter hat und desshalb Einkommen gewährt, deren Pro-
ductivität indess wesentlich anderer Natur ist, als jene der obigen Vermögens-
objecte. Auf das sprachwidrige Zusammenfassen der beiden obigen Gruppen
von Einkommensquellen unter dem Begriff des Capitals lassen sich fast sämmt-
liche Schwierigkeiten zurückführen, welche aus der Lehre vom Capital für
die Theorie entstanden sind. — Der Umstand, dass unter entwickelten Verkehrs-
verhältnissen Capitalien sehr häufig in der bequemen Form von Geldsummen
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[131/0149] Die Gesetze, nach welchen sich der Werth der Güter regelt. Wir sind aber damit zu einer der wichtigsten Wahrheiten unserer Wissenschaft gelangt, zu dem Satze von der „Producti- *) *) Gebrauchsgütern Seitens ihrer Besitzer ausgedehnt wird; vid. Herrmann: Staatsw. Unters. 1832, S. 300 ff., und Schmoller: Die Lehre vom Ein- kommen, Tübing. Zeitsch., 1863, S. 53 ff., S. 76 ff.) dazu. dass, sowohl die Arbeitskraft, (vid. schon Canard, Principies d’econ. pol. S. 9; Say, Cours, 1828, I., p. 285), als auch Grundstücke (vid. Ehrenberg: Staatsw. nach Naturgesetzen, 1819, S. 13; Oberndorfer: Nationalökonomie, 1822, S. 207; Edinb. Review. Vol. IV., p. 364 ff.; Herrmann: Staatsw. Unters, 1832, S. 48 ff., Hasner: System I., 294) endlich auch alle Gebrauchsgüter von einiger Dauer (Hermann: Staatsw. Untersuch., 1832, S. 63) Capitalien genannt werden müssten. In Wahrheit versteht man unter Capitalien aber nur jene Quantitäten ökonomischer Güter. welche uns in der Gegenwart für kommende Zeiträume, also innerhalb gegebener Zeiträume verfügbar sind und uns jene Nutzung gestatten, deren Wesen und ökonomischen Charakter wir oben (S. 127 ff.) eines weitern dargelegt haben. Damit dieser Erfolg eintreten könne, ist indess das Zusammentreffen der folgenden Voraussetzungen nöthig. Es muss 1. der Zeitraum, innerhalb welches das wirthschaftende Subject über die bezüglichen Quantitäten ökonomischer Güter verfügt, ausreichend sein, um demselben eine Production (im wirthschaftlichen Sinne des Wortes, S. 133) zu ermöglichen. 2. Es müssen die Quantitäten dem Umfange und der Beschaffen- heit nach der Art sein, dass das bezügliche wirthschaftende Subject durch dieselben entweder mittelbar oder unmittelbar über die zur Hervorbringung von Gütern niederer Ordnung erforderlichen complementären Quantitäten von Gütern höherer Ordnung verfügt. Quantitäten von ökonomischen Gütern, welche den wirthschaftenden Subjecten nur für so kurze Zeiträume, oder in Rücksicht auf Quantität, Beschaffenheit oder andere Thatumstände derart ver- fügbar sind, dass die Productivität derselben ausgeschlossen ist, sind demnach keine Capitalien. Der wichtigste Unterschied zwischen einzelnen Vermögens- objecten, welche Einkommen gewähren (Grundstücke, Gebäude etc.) und Ca- pitalien besteht darin, dass die erstern concrete, dauerhafte Güter sind, deren Nutzungen selbst wieder Güterqualität und ökonomischen Charakter aufweisen, die letztern aber, sei es nun mittelbar oder unmittelbar, Ge- sammtheiten von ökonomischen Gütern höherer Ordnung (complementäre Quantitäten von solchen) darstellen, deren Nutzung zwar gleichfalls den ökonomischen Charakter hat und desshalb Einkommen gewährt, deren Pro- ductivität indess wesentlich anderer Natur ist, als jene der obigen Vermögens- objecte. Auf das sprachwidrige Zusammenfassen der beiden obigen Gruppen von Einkommensquellen unter dem Begriff des Capitals lassen sich fast sämmt- liche Schwierigkeiten zurückführen, welche aus der Lehre vom Capital für die Theorie entstanden sind. — Der Umstand, dass unter entwickelten Verkehrs- verhältnissen Capitalien sehr häufig in der bequemen Form von Geldsummen 9 *

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/149>, abgerufen am 26.04.2024.