Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite
Capitel 23.

Wie mein arm Töchterlein soll mit der peinlichen
Frag beleget werden.


Als nunmehro Akta an Ein lobsam Hofgericht ver¬
schicket worden, währete es wohl an die 14 Tage
bevorab Antwort kam. Und war Se. Gestrengen der
Amtshaubtmann sonderlich freundlich gegen mich, erlaubte
auch, da das Gericht wieder heimbgekehret, daß ich mein
Töchterlein so oft sehen kunnte, als ich begehrete, wan¬
nenhero ich den größten Theil des Tages umb sie war.
Und, wenn dem Büttel die Zeit zu lange währete, daß
er auf mich passen mußte gab ich ihm ein Trinkgeld,
und ließ mich von ihm mit meim Kind einschließen. Auch
war der barmherzige Gott uns gnädig, daß wir oft und
gerne beten mugten. Denn wir hatten wieder eine steife
Hoffnung und vermeineten, daß das Creuz, so wir ge¬
sehen, nun bald wäre fürübergezogen und der grimmige
Wulf schon seinen Lohn bekommen würde, wenn ein lob¬
sam Gericht Acta einsähe, und an die fürtreffliche De¬
fension gelangete, so Dn. Syndicus vor mein Kind ge¬
fabriciret. Darumb fing ich auch wieder an aufzuhei¬
tern, zumalen als ich sahe, daß meinem Töchterlein die
Wangen sich gar lieblich rötheten. Doch am Donner¬
stag den 25sten mensis Augusti umb Mittag fuhr
Ein ehrsam Gericht abereins auf den Schloßhof, als ich

Capitel 23.

Wie mein arm Töchterlein ſoll mit der peinlichen
Frag beleget werden.


Als nunmehro Akta an Ein lobſam Hofgericht ver¬
ſchicket worden, währete es wohl an die 14 Tage
bevorab Antwort kam. Und war Se. Geſtrengen der
Amtshaubtmann ſonderlich freundlich gegen mich, erlaubte
auch, da das Gericht wieder heimbgekehret, daß ich mein
Töchterlein ſo oft ſehen kunnte, als ich begehrete, wan¬
nenhero ich den größten Theil des Tages umb ſie war.
Und, wenn dem Büttel die Zeit zu lange währete, daß
er auf mich paſſen mußte gab ich ihm ein Trinkgeld,
und ließ mich von ihm mit meim Kind einſchließen. Auch
war der barmherzige Gott uns gnädig, daß wir oft und
gerne beten mugten. Denn wir hatten wieder eine ſteife
Hoffnung und vermeineten, daß das Creuz, ſo wir ge¬
ſehen, nun bald wäre fürübergezogen und der grimmige
Wulf ſchon ſeinen Lohn bekommen würde, wenn ein lob¬
ſam Gericht Acta einſähe, und an die fürtreffliche De¬
fenſion gelangete, ſo Dn. Syndicus vor mein Kind ge¬
fabriciret. Darumb fing ich auch wieder an aufzuhei¬
tern, zumalen als ich ſahe, daß meinem Töchterlein die
Wangen ſich gar lieblich rötheten. Doch am Donner¬
ſtag den 25ſten mensis Augusti umb Mittag fuhr
Ein ehrſam Gericht abereins auf den Schloßhof, als ich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0208" n="192"/>
      </div>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#g">Capitel</hi> 23.<lb/></head>
        <argument>
          <p> <hi rendition="#fr">Wie mein arm Töchterlein &#x017F;oll mit der peinlichen<lb/>
Frag beleget werden.</hi> </p>
        </argument><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">A</hi>ls nunmehro Akta an Ein lob&#x017F;am Hofgericht ver¬<lb/>
&#x017F;chicket worden, währete es wohl an die 14 Tage<lb/>
bevorab Antwort kam. Und war Se. Ge&#x017F;trengen der<lb/>
Amtshaubtmann &#x017F;onderlich freundlich gegen mich, erlaubte<lb/>
auch, da das Gericht wieder heimbgekehret, daß ich mein<lb/>
Töchterlein &#x017F;o oft &#x017F;ehen kunnte, als ich begehrete, wan¬<lb/>
nenhero ich den größten Theil des Tages umb &#x017F;ie war.<lb/>
Und, wenn dem Büttel die Zeit zu lange währete, daß<lb/>
er auf mich pa&#x017F;&#x017F;en mußte gab ich ihm ein Trinkgeld,<lb/>
und ließ mich von ihm mit meim Kind ein&#x017F;chließen. Auch<lb/>
war der barmherzige Gott uns gnädig, daß wir oft und<lb/>
gerne beten mugten. Denn wir hatten wieder eine &#x017F;teife<lb/>
Hoffnung und vermeineten, daß das Creuz, &#x017F;o wir ge¬<lb/>
&#x017F;ehen, nun bald wäre fürübergezogen und der grimmige<lb/>
Wulf &#x017F;chon &#x017F;einen Lohn bekommen würde, wenn ein lob¬<lb/>
&#x017F;am Gericht <hi rendition="#aq">Acta</hi> ein&#x017F;ähe, und an die fürtreffliche De¬<lb/>
fen&#x017F;ion gelangete, &#x017F;o <hi rendition="#fr">Dn. Syndicus</hi> vor mein Kind ge¬<lb/>
fabriciret. Darumb fing ich auch wieder an aufzuhei¬<lb/>
tern, zumalen als ich &#x017F;ahe, daß meinem Töchterlein die<lb/>
Wangen &#x017F;ich gar lieblich rötheten. Doch am Donner¬<lb/>
&#x017F;tag den 25&#x017F;ten <hi rendition="#aq">mensis Augusti</hi> umb Mittag fuhr<lb/>
Ein ehr&#x017F;am Gericht abereins auf den Schloßhof, als ich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0208] Capitel 23. Wie mein arm Töchterlein ſoll mit der peinlichen Frag beleget werden. Als nunmehro Akta an Ein lobſam Hofgericht ver¬ ſchicket worden, währete es wohl an die 14 Tage bevorab Antwort kam. Und war Se. Geſtrengen der Amtshaubtmann ſonderlich freundlich gegen mich, erlaubte auch, da das Gericht wieder heimbgekehret, daß ich mein Töchterlein ſo oft ſehen kunnte, als ich begehrete, wan¬ nenhero ich den größten Theil des Tages umb ſie war. Und, wenn dem Büttel die Zeit zu lange währete, daß er auf mich paſſen mußte gab ich ihm ein Trinkgeld, und ließ mich von ihm mit meim Kind einſchließen. Auch war der barmherzige Gott uns gnädig, daß wir oft und gerne beten mugten. Denn wir hatten wieder eine ſteife Hoffnung und vermeineten, daß das Creuz, ſo wir ge¬ ſehen, nun bald wäre fürübergezogen und der grimmige Wulf ſchon ſeinen Lohn bekommen würde, wenn ein lob¬ ſam Gericht Acta einſähe, und an die fürtreffliche De¬ fenſion gelangete, ſo Dn. Syndicus vor mein Kind ge¬ fabriciret. Darumb fing ich auch wieder an aufzuhei¬ tern, zumalen als ich ſahe, daß meinem Töchterlein die Wangen ſich gar lieblich rötheten. Doch am Donner¬ ſtag den 25ſten mensis Augusti umb Mittag fuhr Ein ehrſam Gericht abereins auf den Schloßhof, als ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/208
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/208>, abgerufen am 21.11.2024.