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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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§ 10. Quellen des Verwaltungsrechts.
§ 10.
Quellen des Verwaltungsrechts.

Das Verfassungsrecht enthält zugleich die grundlegende
Ordnung für das Verhältnis zwischen der öffentlichen Gewalt und den
Unterthanen in der Verwaltung (oben § 6--8). Darunter entstehen
nun weitere Rechtssätze, welche dieses Verhältnis bestimmen, das sind
die Verwaltungsrechtssätze.

Die Entstehungsformen dieser Rechtssätze heissen Ver-
waltungsrechtsquellen
. Es sind ihrer im geltenden Rechte
vier: Gesetz, Verordnung, gesetzvertretendes Statut und rechtsver-
bindliche Gewohnheit.

Wir begegnen aber auch noch häufig Rechtssätzen, welche aus
früheren Entwicklungsstufen übernommen sind, aus der Zeit vor
dem neuen Verfassungs- und Verwaltungsrecht, und demnach Rechts-
quellen entstammen, die nicht nach den heutigen Regeln sich richten.

1. An der Spitze aller Rechtsquellen steht für die staatliche
Ordnung der Gegenwart das verfassungsmässige Gesetz.

Verwaltungsrechtsquelle ist es, sofern es auf das Verhältnis
zwischen der öffentlichen Gewalt und den Unterthanen in der Ver-
waltung sich bezieht und Rechtssätze dafür enthält. Wenn wir von
Verwaltungsgesetz schlechthin sprechen, so verstehen wir ein
Gesetz von solchem Inhalte darunter1. Damit ist nicht gesagt, dass
sein ganzer Inhalt Rechtssatz sein muss; es bleibt Verwaltungsrechts-

durch die Behörde, trotz der Verzichtserklärung; ob der Erlaubnisträger thatsäch-
lich davon Gebrauch machen will oder nicht, ist seine Sache. Setzen wir dagegen
den Fall einer verliehenen Wassernutzung, einer Familiengrabstätte. Hier ist ein
wirkliches Recht begründet; der Berechtigte kann zweifellos ummittelbar wirk-
sam darauf verzichten, sein Verzicht zerstört die Wirkung des Verwaltungsaktes,
der die Verleihung ausgesprochen hatte; es bedarf keiner Zurücknahme desselben.
Das ist die Kraft des subjektiven öffentlichen Rechts.
1 G. Meyer, V.R. I S. 7; v. Sarwey, Allg. V.R. S. 37. Über die Forde-
rung der Allgemeinheit des Rechtssatzes vgl. oben § 7 Note 17 und 18. -- In
offenem Widerspruch mit allem Sprachgebrauch will Laband, St.R. I S. 679,
unter Verwaltungsgesetz ein Gesetz verstehen, welches keine Rechtsvorschriften
enthält; er stellt es in Gegensatz zum Rechtsgesetz. Aber der Gegensatz zum Ver-
waltungsgesetz ist nicht das Rechtsgesetz, sondern das Justizgesetz; Rechtsgesetze
sind sie beide, insofern sie Rechtssätze zu geben bestimmt sind; das braucht man
aber gar nicht erst zu sagen. Wie diese abweichende Ausdrucksweise zusammen-
hängt, vgl. unten Note 11.
§ 10. Quellen des Verwaltungsrechts.
§ 10.
Quellen des Verwaltungsrechts.

Das Verfassungsrecht enthält zugleich die grundlegende
Ordnung für das Verhältnis zwischen der öffentlichen Gewalt und den
Unterthanen in der Verwaltung (oben § 6—8). Darunter entstehen
nun weitere Rechtssätze, welche dieses Verhältnis bestimmen, das sind
die Verwaltungsrechtssätze.

Die Entstehungsformen dieser Rechtssätze heiſsen Ver-
waltungsrechtsquellen
. Es sind ihrer im geltenden Rechte
vier: Gesetz, Verordnung, gesetzvertretendes Statut und rechtsver-
bindliche Gewohnheit.

Wir begegnen aber auch noch häufig Rechtssätzen, welche aus
früheren Entwicklungsstufen übernommen sind, aus der Zeit vor
dem neuen Verfassungs- und Verwaltungsrecht, und demnach Rechts-
quellen entstammen, die nicht nach den heutigen Regeln sich richten.

1. An der Spitze aller Rechtsquellen steht für die staatliche
Ordnung der Gegenwart das verfassungsmäſsige Gesetz.

Verwaltungsrechtsquelle ist es, sofern es auf das Verhältnis
zwischen der öffentlichen Gewalt und den Unterthanen in der Ver-
waltung sich bezieht und Rechtssätze dafür enthält. Wenn wir von
Verwaltungsgesetz schlechthin sprechen, so verstehen wir ein
Gesetz von solchem Inhalte darunter1. Damit ist nicht gesagt, daſs
sein ganzer Inhalt Rechtssatz sein muſs; es bleibt Verwaltungsrechts-

durch die Behörde, trotz der Verzichtserklärung; ob der Erlaubnisträger thatsäch-
lich davon Gebrauch machen will oder nicht, ist seine Sache. Setzen wir dagegen
den Fall einer verliehenen Wassernutzung, einer Familiengrabstätte. Hier ist ein
wirkliches Recht begründet; der Berechtigte kann zweifellos ummittelbar wirk-
sam darauf verzichten, sein Verzicht zerstört die Wirkung des Verwaltungsaktes,
der die Verleihung ausgesprochen hatte; es bedarf keiner Zurücknahme desselben.
Das ist die Kraft des subjektiven öffentlichen Rechts.
1 G. Meyer, V.R. I S. 7; v. Sarwey, Allg. V.R. S. 37. Über die Forde-
rung der Allgemeinheit des Rechtssatzes vgl. oben § 7 Note 17 und 18. — In
offenem Widerspruch mit allem Sprachgebrauch will Laband, St.R. I S. 679,
unter Verwaltungsgesetz ein Gesetz verstehen, welches keine Rechtsvorschriften
enthält; er stellt es in Gegensatz zum Rechtsgesetz. Aber der Gegensatz zum Ver-
waltungsgesetz ist nicht das Rechtsgesetz, sondern das Justizgesetz; Rechtsgesetze
sind sie beide, insofern sie Rechtssätze zu geben bestimmt sind; das braucht man
aber gar nicht erst zu sagen. Wie diese abweichende Ausdrucksweise zusammen-
hängt, vgl. unten Note 11.
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[119/0139] § 10. Quellen des Verwaltungsrechts. § 10. Quellen des Verwaltungsrechts. Das Verfassungsrecht enthält zugleich die grundlegende Ordnung für das Verhältnis zwischen der öffentlichen Gewalt und den Unterthanen in der Verwaltung (oben § 6—8). Darunter entstehen nun weitere Rechtssätze, welche dieses Verhältnis bestimmen, das sind die Verwaltungsrechtssätze. Die Entstehungsformen dieser Rechtssätze heiſsen Ver- waltungsrechtsquellen. Es sind ihrer im geltenden Rechte vier: Gesetz, Verordnung, gesetzvertretendes Statut und rechtsver- bindliche Gewohnheit. Wir begegnen aber auch noch häufig Rechtssätzen, welche aus früheren Entwicklungsstufen übernommen sind, aus der Zeit vor dem neuen Verfassungs- und Verwaltungsrecht, und demnach Rechts- quellen entstammen, die nicht nach den heutigen Regeln sich richten. 1. An der Spitze aller Rechtsquellen steht für die staatliche Ordnung der Gegenwart das verfassungsmäſsige Gesetz. Verwaltungsrechtsquelle ist es, sofern es auf das Verhältnis zwischen der öffentlichen Gewalt und den Unterthanen in der Ver- waltung sich bezieht und Rechtssätze dafür enthält. Wenn wir von Verwaltungsgesetz schlechthin sprechen, so verstehen wir ein Gesetz von solchem Inhalte darunter 1. Damit ist nicht gesagt, daſs sein ganzer Inhalt Rechtssatz sein muſs; es bleibt Verwaltungsrechts- 25 1 G. Meyer, V.R. I S. 7; v. Sarwey, Allg. V.R. S. 37. Über die Forde- rung der Allgemeinheit des Rechtssatzes vgl. oben § 7 Note 17 und 18. — In offenem Widerspruch mit allem Sprachgebrauch will Laband, St.R. I S. 679, unter Verwaltungsgesetz ein Gesetz verstehen, welches keine Rechtsvorschriften enthält; er stellt es in Gegensatz zum Rechtsgesetz. Aber der Gegensatz zum Ver- waltungsgesetz ist nicht das Rechtsgesetz, sondern das Justizgesetz; Rechtsgesetze sind sie beide, insofern sie Rechtssätze zu geben bestimmt sind; das braucht man aber gar nicht erst zu sagen. Wie diese abweichende Ausdrucksweise zusammen- hängt, vgl. unten Note 11. 25 durch die Behörde, trotz der Verzichtserklärung; ob der Erlaubnisträger thatsäch- lich davon Gebrauch machen will oder nicht, ist seine Sache. Setzen wir dagegen den Fall einer verliehenen Wassernutzung, einer Familiengrabstätte. Hier ist ein wirkliches Recht begründet; der Berechtigte kann zweifellos ummittelbar wirk- sam darauf verzichten, sein Verzicht zerstört die Wirkung des Verwaltungsaktes, der die Verleihung ausgesprochen hatte; es bedarf keiner Zurücknahme desselben. Das ist die Kraft des subjektiven öffentlichen Rechts.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/139>, abgerufen am 21.11.2024.