2) Verwandlung von Kapital oder Revenue in Geld, das in Leihkapital verwandelt wird.
Wir betrachten hier die Akkumulation des Geldkapitals, soweit sie nicht Ausdruck ist entweder einer Stockung im Fluss des kommerciellen Kredits, oder aber einer Oekonomisirung, sei es des wirklich umlaufenden Mittels, sei es des Reservekapitals der in der Reproduktion beschäftigten Agenten.
Ausser diesen beiden Fällen kann Akkumulation von Geldkapital entstehn durch aussergewöhnlichen Goldzufluss, wie 1852 und 53 in Folge der australischen und kalifornischen neuen Goldminen. Solches Gold wurde in der Bank von England deponirt. Die Depositoren nahmen Noten dagegen, die sie nicht wieder direkt bei Bankiers deponirten. Dadurch wurde das cirkulirende Mittel aussergewöhnlich vermehrt. (Aussage von Weguelin, B. C. 1857, No. 1329.) Die Bank suchte diese Depositen zu verwerthen durch Erniedrigung des Discontos auf 2 %. Die in der Bank aufgehäufte Goldmasse stieg während sechs Monaten von 1853 auf 22--23 Mill.
Die Akkumulation aller Geld verleihenden Kapitalisten geschieht selbstredend stets unmittelbar in der Geldform, während wir gesehn haben, dass die wirkliche Akkumulation der industriellen Kapi- talisten in der Regel durch Vermehrung der Elemente des reproduk- tiven Kapitals selbst sich vollzieht. Die Entwicklung des Kredit- wesens und die ungeheure Koncentration des Geld verleihenden Geschäfts in den Händen grosser Banken muss also an und für sich schon die Akkumulation des leihbaren Kapitals beschleunigen als eine von der wirklichen Akkumulation verschiedne Form. Diese rasche Entwicklung des Leihkapitals ist daher ein Resultat der wirklichen Akkumulation, denn sie ist die Folge der Ent- wicklung des Reproduktionsprocesses, und der Profit, der die Akku- mulationsquelle dieser Geldkapitalisten bildet, ist nur ein Abzug von dem Mehrwerth, den die Reproduktiven herausschlagen (zu- gleich Aneignung eines Theils des Zinses von fremden Ersparungen). Das Leihkapital akkumulirt auf Kosten zugleich der Industriellen und Kommerciellen. Wir haben gesehn, wie in den ungünstigen Phasen des industriellen Cyklus der Zinsfuss so hoch steigen kann, dass er für einzelne, besonders nachtheilig gestellte Geschäftszweige den Profit zeitweilig ganz verschlingt. Gleichzeitig fallen die Preise der Staatseffekten und andren Werthpapiere. Dies ist der Moment, wo die Geldkapitalisten diese entwertheten Papiere massenhaft auf- kaufen, die in den spätern Phasen bald wieder auf und über ihre normale Höhe steigen. Dann werden sie losgeschlagen und so ein
2) Verwandlung von Kapital oder Revenue in Geld, das in Leihkapital verwandelt wird.
Wir betrachten hier die Akkumulation des Geldkapitals, soweit sie nicht Ausdruck ist entweder einer Stockung im Fluss des kommerciellen Kredits, oder aber einer Oekonomisirung, sei es des wirklich umlaufenden Mittels, sei es des Reservekapitals der in der Reproduktion beschäftigten Agenten.
Ausser diesen beiden Fällen kann Akkumulation von Geldkapital entstehn durch aussergewöhnlichen Goldzufluss, wie 1852 und 53 in Folge der australischen und kalifornischen neuen Goldminen. Solches Gold wurde in der Bank von England deponirt. Die Depositoren nahmen Noten dagegen, die sie nicht wieder direkt bei Bankiers deponirten. Dadurch wurde das cirkulirende Mittel aussergewöhnlich vermehrt. (Aussage von Weguelin, B. C. 1857, No. 1329.) Die Bank suchte diese Depositen zu verwerthen durch Erniedrigung des Discontos auf 2 %. Die in der Bank aufgehäufte Goldmasse stieg während sechs Monaten von 1853 auf 22—23 Mill.
Die Akkumulation aller Geld verleihenden Kapitalisten geschieht selbstredend stets unmittelbar in der Geldform, während wir gesehn haben, dass die wirkliche Akkumulation der industriellen Kapi- talisten in der Regel durch Vermehrung der Elemente des reproduk- tiven Kapitals selbst sich vollzieht. Die Entwicklung des Kredit- wesens und die ungeheure Koncentration des Geld verleihenden Geschäfts in den Händen grosser Banken muss also an und für sich schon die Akkumulation des leihbaren Kapitals beschleunigen als eine von der wirklichen Akkumulation verschiedne Form. Diese rasche Entwicklung des Leihkapitals ist daher ein Resultat der wirklichen Akkumulation, denn sie ist die Folge der Ent- wicklung des Reproduktionsprocesses, und der Profit, der die Akku- mulationsquelle dieser Geldkapitalisten bildet, ist nur ein Abzug von dem Mehrwerth, den die Reproduktiven herausschlagen (zu- gleich Aneignung eines Theils des Zinses von fremden Ersparungen). Das Leihkapital akkumulirt auf Kosten zugleich der Industriellen und Kommerciellen. Wir haben gesehn, wie in den ungünstigen Phasen des industriellen Cyklus der Zinsfuss so hoch steigen kann, dass er für einzelne, besonders nachtheilig gestellte Geschäftszweige den Profit zeitweilig ganz verschlingt. Gleichzeitig fallen die Preise der Staatseffekten und andren Werthpapiere. Dies ist der Moment, wo die Geldkapitalisten diese entwertheten Papiere massenhaft auf- kaufen, die in den spätern Phasen bald wieder auf und über ihre normale Höhe steigen. Dann werden sie losgeschlagen und so ein
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[40/0049]
2) Verwandlung von Kapital oder Revenue in Geld, das
in Leihkapital verwandelt wird.
Wir betrachten hier die Akkumulation des Geldkapitals, soweit
sie nicht Ausdruck ist entweder einer Stockung im Fluss des
kommerciellen Kredits, oder aber einer Oekonomisirung, sei es des
wirklich umlaufenden Mittels, sei es des Reservekapitals der in der
Reproduktion beschäftigten Agenten.
Ausser diesen beiden Fällen kann Akkumulation von Geldkapital
entstehn durch aussergewöhnlichen Goldzufluss, wie 1852 und 53
in Folge der australischen und kalifornischen neuen Goldminen.
Solches Gold wurde in der Bank von England deponirt. Die
Depositoren nahmen Noten dagegen, die sie nicht wieder direkt
bei Bankiers deponirten. Dadurch wurde das cirkulirende Mittel
aussergewöhnlich vermehrt. (Aussage von Weguelin, B. C. 1857,
No. 1329.) Die Bank suchte diese Depositen zu verwerthen durch
Erniedrigung des Discontos auf 2 %. Die in der Bank aufgehäufte
Goldmasse stieg während sechs Monaten von 1853 auf 22—23 Mill.
Die Akkumulation aller Geld verleihenden Kapitalisten geschieht
selbstredend stets unmittelbar in der Geldform, während wir gesehn
haben, dass die wirkliche Akkumulation der industriellen Kapi-
talisten in der Regel durch Vermehrung der Elemente des reproduk-
tiven Kapitals selbst sich vollzieht. Die Entwicklung des Kredit-
wesens und die ungeheure Koncentration des Geld verleihenden
Geschäfts in den Händen grosser Banken muss also an und für
sich schon die Akkumulation des leihbaren Kapitals beschleunigen
als eine von der wirklichen Akkumulation verschiedne Form.
Diese rasche Entwicklung des Leihkapitals ist daher ein Resultat
der wirklichen Akkumulation, denn sie ist die Folge der Ent-
wicklung des Reproduktionsprocesses, und der Profit, der die Akku-
mulationsquelle dieser Geldkapitalisten bildet, ist nur ein Abzug
von dem Mehrwerth, den die Reproduktiven herausschlagen (zu-
gleich Aneignung eines Theils des Zinses von fremden Ersparungen).
Das Leihkapital akkumulirt auf Kosten zugleich der Industriellen
und Kommerciellen. Wir haben gesehn, wie in den ungünstigen
Phasen des industriellen Cyklus der Zinsfuss so hoch steigen kann,
dass er für einzelne, besonders nachtheilig gestellte Geschäftszweige
den Profit zeitweilig ganz verschlingt. Gleichzeitig fallen die Preise
der Staatseffekten und andren Werthpapiere. Dies ist der Moment,
wo die Geldkapitalisten diese entwertheten Papiere massenhaft auf-
kaufen, die in den spätern Phasen bald wieder auf und über ihre
normale Höhe steigen. Dann werden sie losgeschlagen und so ein
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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/49>, abgerufen am 21.11.2024.
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