dieser Kapitalelemente hervor. Das Entscheidende ist hier wieder, ob sie an den unmittelbaren Producenten verliehen werden, was Nicht-Existenz der kapitalistischen Produktionsweise voraussetzt, wenigstens in der Sphäre, worin dies stattfindet; oder ob sie an den industriellen Kapitalisten verliehen werden, was eben die Vor- aussetzung auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise ist. Noch ungehöriger und begriffsloser ist es, das Verleihen von Häusern etc. für den individuellen Konsum hierherzuziehn. Dass die Arbeiterklasse auch in dieser Form beschwindelt wird, und zwar himmelschreiend, ist klare Thatsache; aber dies geschieht ebenso von dem Kleinhändler, der ihr die Lebensmittel liefert. Es ist dies eine sekundäre Ausbeutung, die neben der ursprünglichen herläuft, die im Produktionsprocess selbst unmittelbar vor sich geht. Der Unterschied zwischen Verkaufen und Verleihen ist hier ein durchaus gleichgültiger und formeller, der wie schon gezeigt, nur der völligen Unkenntniss des wirklichen Zusammenhangs als wesentlich erscheint.
Der Wucher wie der Handel exploitiren eine gegebne Produk- tionsweise, schaffen sie nicht, verhalten sich äusserlich zu ihr. Der Wucher sucht sie direkt zu erhalten, um sie stets von neuem aus- beuten zu können, ist konservativ, macht sie nur miserabler. Je weniger die Produktionselemente als Waaren in den Produktions- process eintreten, und als Waaren aus ihm herauskommen, um so mehr erscheint ihre Herstellung aus Geld als ein besondrer Akt. Je unbedeutender die Rolle ist, die die Cirkulation in der gesell- schaftlichen Reproduktion spielt, desto blühender der Wucher.
Dass das Geldvermögen als besondres Vermögen sich entwickelt, heisst mit Bezug auf das Wucherkapital, dass es alle seine For- derungen in der Form von Geldforderungen besitzt. Es entwickelt sich um so mehr in einem Lande, je mehr die Masse der Produk- tion auf Naturalleistungen etc., also auf Gebrauchswerth beschränkt.
Insofern der Wucher das Doppelte bewirkt: Erstens überhaupt, neben dem Kaufmannsstand, ein selbständiges Geldvermögen zu bilden, zweitens die Arbeitsbedingungen sich anzueignen, d. h. die Besitzer der alten Arbeitsbedingungen zu ruiniren, ist er ein mächtiger Hebel zur Bildung der Voraussetzungen für das industrielle Kapital.
Zins im Mittelalter.
"Im Mittelalter war die Bevölkerung rein ackerbauend. Und da, wie unter der feudalen Regierung, kann nur wenig Verkehr
dieser Kapitalelemente hervor. Das Entscheidende ist hier wieder, ob sie an den unmittelbaren Producenten verliehen werden, was Nicht-Existenz der kapitalistischen Produktionsweise voraussetzt, wenigstens in der Sphäre, worin dies stattfindet; oder ob sie an den industriellen Kapitalisten verliehen werden, was eben die Vor- aussetzung auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise ist. Noch ungehöriger und begriffsloser ist es, das Verleihen von Häusern etc. für den individuellen Konsum hierherzuziehn. Dass die Arbeiterklasse auch in dieser Form beschwindelt wird, und zwar himmelschreiend, ist klare Thatsache; aber dies geschieht ebenso von dem Kleinhändler, der ihr die Lebensmittel liefert. Es ist dies eine sekundäre Ausbeutung, die neben der ursprünglichen herläuft, die im Produktionsprocess selbst unmittelbar vor sich geht. Der Unterschied zwischen Verkaufen und Verleihen ist hier ein durchaus gleichgültiger und formeller, der wie schon gezeigt, nur der völligen Unkenntniss des wirklichen Zusammenhangs als wesentlich erscheint.
Der Wucher wie der Handel exploitiren eine gegebne Produk- tionsweise, schaffen sie nicht, verhalten sich äusserlich zu ihr. Der Wucher sucht sie direkt zu erhalten, um sie stets von neuem aus- beuten zu können, ist konservativ, macht sie nur miserabler. Je weniger die Produktionselemente als Waaren in den Produktions- process eintreten, und als Waaren aus ihm herauskommen, um so mehr erscheint ihre Herstellung aus Geld als ein besondrer Akt. Je unbedeutender die Rolle ist, die die Cirkulation in der gesell- schaftlichen Reproduktion spielt, desto blühender der Wucher.
Dass das Geldvermögen als besondres Vermögen sich entwickelt, heisst mit Bezug auf das Wucherkapital, dass es alle seine For- derungen in der Form von Geldforderungen besitzt. Es entwickelt sich um so mehr in einem Lande, je mehr die Masse der Produk- tion auf Naturalleistungen etc., also auf Gebrauchswerth beschränkt.
Insofern der Wucher das Doppelte bewirkt: Erstens überhaupt, neben dem Kaufmannsstand, ein selbständiges Geldvermögen zu bilden, zweitens die Arbeitsbedingungen sich anzueignen, d. h. die Besitzer der alten Arbeitsbedingungen zu ruiniren, ist er ein mächtiger Hebel zur Bildung der Voraussetzungen für das industrielle Kapital.
Zins im Mittelalter.
„Im Mittelalter war die Bevölkerung rein ackerbauend. Und da, wie unter der feudalen Regierung, kann nur wenig Verkehr
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0158"n="149"/>
dieser Kapitalelemente hervor. Das Entscheidende ist hier wieder,<lb/>
ob sie an den unmittelbaren Producenten verliehen werden, was<lb/>
Nicht-Existenz der kapitalistischen Produktionsweise voraussetzt,<lb/>
wenigstens in der Sphäre, worin dies stattfindet; oder ob sie an<lb/>
den industriellen Kapitalisten verliehen werden, was eben die Vor-<lb/>
aussetzung auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise ist.<lb/>
Noch ungehöriger und begriffsloser ist es, das Verleihen von<lb/>
Häusern etc. für den individuellen Konsum hierherzuziehn. Dass<lb/>
die Arbeiterklasse auch in dieser Form beschwindelt wird, und<lb/>
zwar himmelschreiend, ist klare Thatsache; aber dies geschieht<lb/>
ebenso von dem Kleinhändler, der ihr die Lebensmittel liefert. Es<lb/>
ist dies eine sekundäre Ausbeutung, die neben der ursprünglichen<lb/>
herläuft, die im Produktionsprocess selbst unmittelbar vor sich<lb/>
geht. Der Unterschied zwischen Verkaufen und Verleihen ist hier<lb/>
ein durchaus gleichgültiger und formeller, der wie schon gezeigt,<lb/>
nur der völligen Unkenntniss des wirklichen Zusammenhangs als<lb/>
wesentlich erscheint.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Der Wucher wie der Handel exploitiren eine gegebne Produk-<lb/>
tionsweise, schaffen sie nicht, verhalten sich äusserlich zu ihr. Der<lb/>
Wucher sucht sie direkt zu erhalten, um sie stets von neuem aus-<lb/>
beuten zu können, ist konservativ, macht sie nur miserabler. Je<lb/>
weniger die Produktionselemente als Waaren in den Produktions-<lb/>
process eintreten, und als Waaren aus ihm herauskommen, um so<lb/>
mehr erscheint ihre Herstellung aus Geld als ein besondrer Akt.<lb/>
Je unbedeutender die Rolle ist, die die Cirkulation in der gesell-<lb/>
schaftlichen Reproduktion spielt, desto blühender der Wucher.</p><lb/><p>Dass das Geldvermögen als besondres Vermögen sich entwickelt,<lb/>
heisst mit Bezug auf das Wucherkapital, dass es alle seine For-<lb/>
derungen in der Form von Geldforderungen besitzt. Es entwickelt<lb/>
sich um so mehr in einem Lande, je mehr die Masse der Produk-<lb/>
tion auf Naturalleistungen etc., also auf Gebrauchswerth beschränkt.</p><lb/><p>Insofern der Wucher das Doppelte bewirkt: Erstens überhaupt,<lb/>
neben dem Kaufmannsstand, ein selbständiges Geldvermögen zu<lb/>
bilden, zweitens die Arbeitsbedingungen sich anzueignen, d. h. die<lb/>
Besitzer der alten Arbeitsbedingungen zu ruiniren, ist er ein mächtiger<lb/>
Hebel zur Bildung der Voraussetzungen für das industrielle Kapital.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="4"><head><hirendition="#g">Zins im Mittelalter</hi>.</head><lb/><p>„Im Mittelalter war die Bevölkerung rein ackerbauend. Und<lb/>
da, wie unter der feudalen Regierung, kann nur wenig Verkehr<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[149/0158]
dieser Kapitalelemente hervor. Das Entscheidende ist hier wieder,
ob sie an den unmittelbaren Producenten verliehen werden, was
Nicht-Existenz der kapitalistischen Produktionsweise voraussetzt,
wenigstens in der Sphäre, worin dies stattfindet; oder ob sie an
den industriellen Kapitalisten verliehen werden, was eben die Vor-
aussetzung auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise ist.
Noch ungehöriger und begriffsloser ist es, das Verleihen von
Häusern etc. für den individuellen Konsum hierherzuziehn. Dass
die Arbeiterklasse auch in dieser Form beschwindelt wird, und
zwar himmelschreiend, ist klare Thatsache; aber dies geschieht
ebenso von dem Kleinhändler, der ihr die Lebensmittel liefert. Es
ist dies eine sekundäre Ausbeutung, die neben der ursprünglichen
herläuft, die im Produktionsprocess selbst unmittelbar vor sich
geht. Der Unterschied zwischen Verkaufen und Verleihen ist hier
ein durchaus gleichgültiger und formeller, der wie schon gezeigt,
nur der völligen Unkenntniss des wirklichen Zusammenhangs als
wesentlich erscheint.
Der Wucher wie der Handel exploitiren eine gegebne Produk-
tionsweise, schaffen sie nicht, verhalten sich äusserlich zu ihr. Der
Wucher sucht sie direkt zu erhalten, um sie stets von neuem aus-
beuten zu können, ist konservativ, macht sie nur miserabler. Je
weniger die Produktionselemente als Waaren in den Produktions-
process eintreten, und als Waaren aus ihm herauskommen, um so
mehr erscheint ihre Herstellung aus Geld als ein besondrer Akt.
Je unbedeutender die Rolle ist, die die Cirkulation in der gesell-
schaftlichen Reproduktion spielt, desto blühender der Wucher.
Dass das Geldvermögen als besondres Vermögen sich entwickelt,
heisst mit Bezug auf das Wucherkapital, dass es alle seine For-
derungen in der Form von Geldforderungen besitzt. Es entwickelt
sich um so mehr in einem Lande, je mehr die Masse der Produk-
tion auf Naturalleistungen etc., also auf Gebrauchswerth beschränkt.
Insofern der Wucher das Doppelte bewirkt: Erstens überhaupt,
neben dem Kaufmannsstand, ein selbständiges Geldvermögen zu
bilden, zweitens die Arbeitsbedingungen sich anzueignen, d. h. die
Besitzer der alten Arbeitsbedingungen zu ruiniren, ist er ein mächtiger
Hebel zur Bildung der Voraussetzungen für das industrielle Kapital.
Zins im Mittelalter.
„Im Mittelalter war die Bevölkerung rein ackerbauend. Und
da, wie unter der feudalen Regierung, kann nur wenig Verkehr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/158>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.