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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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Schranken setzt. Da der Theil der gesellschaftlichen Revenue, der
aus Arbeitslohn besteht, ursprünglich vom industriellen Kapitalisten
in der Form von variablem Kapital, und stets in Geldform vor-
geschossen wird, bedarf er in Zeiten der Prosperität mehr Geld zu
seiner Cirkulation. Aber wir dürfen dies nicht zweimal rechnen:
einmal als Geld, nöthig zur Cirkulation des variablen Kapitals, und
noch einmal als Geld, nöthig zur Cirkulation der Revenue der
Arbeiter. Das den Arbeitern als Lohn ausgezahlte Geld wird im
Kleinverkehr verausgabt und kehrt so ziemlich wöchentlich als
Depositum der Kleinhändler zu den Banken zurück, nachdem es
in kleinern Kreisläufen noch allerlei Zwischengeschäfte vermittelt
hat. In Zeiten der Prosperität wickelt sich der Rückfluss des
Geldes für die industriellen Kapitalisten glatt ab, und so steigt ihr
Bedürfniss für Geldakkommodation nicht dadurch, dass sie mehr
Arbeitslohn zu zahlen haben, mehr Geld zur Cirkulation ihres
variablen Kapitals bedürfen.

Das Gesammtresultat ist, dass in Perioden der Prosperität die
Masse der Umlaufsmittel, die zur Verausgabung von Revenue
dient, entschieden wächst.

Was nun die Cirkulation betrifft, die zum Uebertrag von Kapital,
also nur zwischen den Kapitalisten selbst nöthig ist, so ist diese
flotte Geschäftszeit zugleich die Periode des elastischsten und leich-
testen Kredits. Die Geschwindigkeit der Cirkulation zwischen
Kapitalist und Kapitalist ist direkt durch den Kredit regulirt, und
die Masse des Cirkulationsmittels, die zur Saldirung der Zahlungen
und selbst zu Baarkäufen erheischt ist, nimmt also verhältniss-
mäßig ab. Sie mag sich absolut ausdehnen, aber sie nimmt unter
allen Umständen relativ ab, verglichen mit der Expansion des
Reproduktionsprocesses. Einerseits werden grössere Massenzahlungen
ohne alle Dazwischenkunft von Geld liquidirt; andrerseits, bei der
grossen Lebendigkeit des Processes, herrscht raschere Bewegung
derselben Geldquanta, sowohl als Kauf- wie als Zahlungsmittel.
Dieselbe Geldmasse vermittelt den Rückfluss einer grössern Anzahl
von Einzelkapitalen.

Im ganzen erscheint in solchen Perioden der Geldumlauf voll-
gefüllt (full), obgleich Theil II (Kapitalübertragung) sich wenigstens
relativ kontrahirt, während Theil I (Revenueausgabe) sich absolut
ausdehnt.

Die Rückflüsse drücken die Rückverwandlung des Waarenkapitals
in Geld aus, G--W--G', wie man bei Betrachtung des Reproduk-
tionsprocesses, Buch II, Abschnitt I gesehn hat. Der Kredit macht

Schranken setzt. Da der Theil der gesellschaftlichen Revenue, der
aus Arbeitslohn besteht, ursprünglich vom industriellen Kapitalisten
in der Form von variablem Kapital, und stets in Geldform vor-
geschossen wird, bedarf er in Zeiten der Prosperität mehr Geld zu
seiner Cirkulation. Aber wir dürfen dies nicht zweimal rechnen:
einmal als Geld, nöthig zur Cirkulation des variablen Kapitals, und
noch einmal als Geld, nöthig zur Cirkulation der Revenue der
Arbeiter. Das den Arbeitern als Lohn ausgezahlte Geld wird im
Kleinverkehr verausgabt und kehrt so ziemlich wöchentlich als
Depositum der Kleinhändler zu den Banken zurück, nachdem es
in kleinern Kreisläufen noch allerlei Zwischengeschäfte vermittelt
hat. In Zeiten der Prosperität wickelt sich der Rückfluss des
Geldes für die industriellen Kapitalisten glatt ab, und so steigt ihr
Bedürfniss für Geldakkommodation nicht dadurch, dass sie mehr
Arbeitslohn zu zahlen haben, mehr Geld zur Cirkulation ihres
variablen Kapitals bedürfen.

Das Gesammtresultat ist, dass in Perioden der Prosperität die
Masse der Umlaufsmittel, die zur Verausgabung von Revenue
dient, entschieden wächst.

Was nun die Cirkulation betrifft, die zum Uebertrag von Kapital,
also nur zwischen den Kapitalisten selbst nöthig ist, so ist diese
flotte Geschäftszeit zugleich die Periode des elastischsten und leich-
testen Kredits. Die Geschwindigkeit der Cirkulation zwischen
Kapitalist und Kapitalist ist direkt durch den Kredit regulirt, und
die Masse des Cirkulationsmittels, die zur Saldirung der Zahlungen
und selbst zu Baarkäufen erheischt ist, nimmt also verhältniss-
mäßig ab. Sie mag sich absolut ausdehnen, aber sie nimmt unter
allen Umständen relativ ab, verglichen mit der Expansion des
Reproduktionsprocesses. Einerseits werden grössere Massenzahlungen
ohne alle Dazwischenkunft von Geld liquidirt; andrerseits, bei der
grossen Lebendigkeit des Processes, herrscht raschere Bewegung
derselben Geldquanta, sowohl als Kauf- wie als Zahlungsmittel.
Dieselbe Geldmasse vermittelt den Rückfluss einer grössern Anzahl
von Einzelkapitalen.

Im ganzen erscheint in solchen Perioden der Geldumlauf voll-
gefüllt (full), obgleich Theil II (Kapitalübertragung) sich wenigstens
relativ kontrahirt, während Theil I (Revenueausgabe) sich absolut
ausdehnt.

Die Rückflüsse drücken die Rückverwandlung des Waarenkapitals
in Geld aus, G—W—G', wie man bei Betrachtung des Reproduk-
tionsprocesses, Buch II, Abschnitt I gesehn hat. Der Kredit macht

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[434/0468] Schranken setzt. Da der Theil der gesellschaftlichen Revenue, der aus Arbeitslohn besteht, ursprünglich vom industriellen Kapitalisten in der Form von variablem Kapital, und stets in Geldform vor- geschossen wird, bedarf er in Zeiten der Prosperität mehr Geld zu seiner Cirkulation. Aber wir dürfen dies nicht zweimal rechnen: einmal als Geld, nöthig zur Cirkulation des variablen Kapitals, und noch einmal als Geld, nöthig zur Cirkulation der Revenue der Arbeiter. Das den Arbeitern als Lohn ausgezahlte Geld wird im Kleinverkehr verausgabt und kehrt so ziemlich wöchentlich als Depositum der Kleinhändler zu den Banken zurück, nachdem es in kleinern Kreisläufen noch allerlei Zwischengeschäfte vermittelt hat. In Zeiten der Prosperität wickelt sich der Rückfluss des Geldes für die industriellen Kapitalisten glatt ab, und so steigt ihr Bedürfniss für Geldakkommodation nicht dadurch, dass sie mehr Arbeitslohn zu zahlen haben, mehr Geld zur Cirkulation ihres variablen Kapitals bedürfen. Das Gesammtresultat ist, dass in Perioden der Prosperität die Masse der Umlaufsmittel, die zur Verausgabung von Revenue dient, entschieden wächst. Was nun die Cirkulation betrifft, die zum Uebertrag von Kapital, also nur zwischen den Kapitalisten selbst nöthig ist, so ist diese flotte Geschäftszeit zugleich die Periode des elastischsten und leich- testen Kredits. Die Geschwindigkeit der Cirkulation zwischen Kapitalist und Kapitalist ist direkt durch den Kredit regulirt, und die Masse des Cirkulationsmittels, die zur Saldirung der Zahlungen und selbst zu Baarkäufen erheischt ist, nimmt also verhältniss- mäßig ab. Sie mag sich absolut ausdehnen, aber sie nimmt unter allen Umständen relativ ab, verglichen mit der Expansion des Reproduktionsprocesses. Einerseits werden grössere Massenzahlungen ohne alle Dazwischenkunft von Geld liquidirt; andrerseits, bei der grossen Lebendigkeit des Processes, herrscht raschere Bewegung derselben Geldquanta, sowohl als Kauf- wie als Zahlungsmittel. Dieselbe Geldmasse vermittelt den Rückfluss einer grössern Anzahl von Einzelkapitalen. Im ganzen erscheint in solchen Perioden der Geldumlauf voll- gefüllt (full), obgleich Theil II (Kapitalübertragung) sich wenigstens relativ kontrahirt, während Theil I (Revenueausgabe) sich absolut ausdehnt. Die Rückflüsse drücken die Rückverwandlung des Waarenkapitals in Geld aus, G—W—G', wie man bei Betrachtung des Reproduk- tionsprocesses, Buch II, Abschnitt I gesehn hat. Der Kredit macht

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/468>, abgerufen am 26.04.2024.