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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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stellung von der Selbständigkeit dieser Form des Kapitals. Der
beste Beweis von der Selbständigkeit worin, in den ersten Perioden
der kapitalistischen Produktionsweise, der Zins dem Profit und das
zinstragende Kapital dem industriellen Kapital gegenüber erscheint,
ist der, dass erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts die Thatsache
entdeckt wurde (von Massie und nach ihm von Hume), dass der
Zins ein blosser Theil des Bruttoprofits ist, und dass es überhaupt
einer solchen Entdeckung bedurfte.

Drittens: Ob der industrielle Kapitalist mit eignem oder ge-
borgtem Kapital arbeitet, ändert nichts an dem Umstand, dass ihm
die Klasse der Geldkapitalisten als eine besondre Sorte Kapitalisten,
das Geldkapital als eine selbständige Sorte des Kapitals, und der
Zins als die diesem specifischen Kapital entsprechende selbständige
Form des Mehrwerths gegenübersteht.

Qualitativ betrachtet ist der Zins Mehrwerth, den das blosse
Eigenthum des Kapitals liefert, den das Kapital an sich abwirft,
obgleich sein Eigenthümer ausserhalb des Reproduktionsprocesses
stehn bleibt; den also Kapital abgesondert von seinem Process
abwirft.

Quantitativ betrachtet erscheint der Theil des Profits, der den
Zins bildet, nicht auf das industrielle und kommerzielle Kapital als
solches, sondern auf das Geldkapital bezogen, und die Rate dieses
Theils des Mehrwerths, die Zinsrate oder der Zinsfuss, befestigt
dies Verhältniss. Denn erstens wird der Zinsfuss -- trotz seiner
Abhängigkeit von der allgemeinen Profitrate -- selbständig be-
stimmt, und zweitens erscheint er, wie der Marktpreis der Waaren,
der unfassbaren Profitrate gegenüber als bei allem Wechsel festes,
uniformes, handgreifliches und stets gegebnes Verhältniss. Befände
sich alles Kapital in den Händen der industriellen Kapitalisten, so
existirte kein Zins und kein Zinsfuss. Die selbständige Form, die
die quantitative Theilung des Rohprofits annimmt, erzeugt die
qualitative. Vergleicht sich der industrielle Kapitalist mit dem
Geldkapitalisten, so unterscheidet ihn von diesem nur der Unter-
nehmergewinn, als Ueberschuss des Rohprofits über den Durch-
schnittszins, der vermöge des Zinsfusses als empirisch gegebne
Grösse erscheint. Vergleicht er sich andrerseits mit dem indu-
striellen Kapitalisten, der mit eignem statt geborgtem Kapital wirth-
schaftet, so unterscheidet dieser sich von ihm nur als Geldkapitalist,
indem er den Zins selbst einsteckt statt ihn wegzuzahlen. Nach
beiden Seiten erscheint ihm der vom Zins unterschiedne Theil des
Rohprofits als Unternehmergewinn, und der Zins selbst als ein

stellung von der Selbständigkeit dieser Form des Kapitals. Der
beste Beweis von der Selbständigkeit worin, in den ersten Perioden
der kapitalistischen Produktionsweise, der Zins dem Profit und das
zinstragende Kapital dem industriellen Kapital gegenüber erscheint,
ist der, dass erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts die Thatsache
entdeckt wurde (von Massie und nach ihm von Hume), dass der
Zins ein blosser Theil des Bruttoprofits ist, und dass es überhaupt
einer solchen Entdeckung bedurfte.

Drittens: Ob der industrielle Kapitalist mit eignem oder ge-
borgtem Kapital arbeitet, ändert nichts an dem Umstand, dass ihm
die Klasse der Geldkapitalisten als eine besondre Sorte Kapitalisten,
das Geldkapital als eine selbständige Sorte des Kapitals, und der
Zins als die diesem specifischen Kapital entsprechende selbständige
Form des Mehrwerths gegenübersteht.

Qualitativ betrachtet ist der Zins Mehrwerth, den das blosse
Eigenthum des Kapitals liefert, den das Kapital an sich abwirft,
obgleich sein Eigenthümer ausserhalb des Reproduktionsprocesses
stehn bleibt; den also Kapital abgesondert von seinem Process
abwirft.

Quantitativ betrachtet erscheint der Theil des Profits, der den
Zins bildet, nicht auf das industrielle und kommerzielle Kapital als
solches, sondern auf das Geldkapital bezogen, und die Rate dieses
Theils des Mehrwerths, die Zinsrate oder der Zinsfuss, befestigt
dies Verhältniss. Denn erstens wird der Zinsfuss — trotz seiner
Abhängigkeit von der allgemeinen Profitrate — selbständig be-
stimmt, und zweitens erscheint er, wie der Marktpreis der Waaren,
der unfassbaren Profitrate gegenüber als bei allem Wechsel festes,
uniformes, handgreifliches und stets gegebnes Verhältniss. Befände
sich alles Kapital in den Händen der industriellen Kapitalisten, so
existirte kein Zins und kein Zinsfuss. Die selbständige Form, die
die quantitative Theilung des Rohprofits annimmt, erzeugt die
qualitative. Vergleicht sich der industrielle Kapitalist mit dem
Geldkapitalisten, so unterscheidet ihn von diesem nur der Unter-
nehmergewinn, als Ueberschuss des Rohprofits über den Durch-
schnittszins, der vermöge des Zinsfusses als empirisch gegebne
Grösse erscheint. Vergleicht er sich andrerseits mit dem indu-
striellen Kapitalisten, der mit eignem statt geborgtem Kapital wirth-
schaftet, so unterscheidet dieser sich von ihm nur als Geldkapitalist,
indem er den Zins selbst einsteckt statt ihn wegzuzahlen. Nach
beiden Seiten erscheint ihm der vom Zins unterschiedne Theil des
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[362/0396] stellung von der Selbständigkeit dieser Form des Kapitals. Der beste Beweis von der Selbständigkeit worin, in den ersten Perioden der kapitalistischen Produktionsweise, der Zins dem Profit und das zinstragende Kapital dem industriellen Kapital gegenüber erscheint, ist der, dass erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts die Thatsache entdeckt wurde (von Massie und nach ihm von Hume), dass der Zins ein blosser Theil des Bruttoprofits ist, und dass es überhaupt einer solchen Entdeckung bedurfte. Drittens: Ob der industrielle Kapitalist mit eignem oder ge- borgtem Kapital arbeitet, ändert nichts an dem Umstand, dass ihm die Klasse der Geldkapitalisten als eine besondre Sorte Kapitalisten, das Geldkapital als eine selbständige Sorte des Kapitals, und der Zins als die diesem specifischen Kapital entsprechende selbständige Form des Mehrwerths gegenübersteht. Qualitativ betrachtet ist der Zins Mehrwerth, den das blosse Eigenthum des Kapitals liefert, den das Kapital an sich abwirft, obgleich sein Eigenthümer ausserhalb des Reproduktionsprocesses stehn bleibt; den also Kapital abgesondert von seinem Process abwirft. Quantitativ betrachtet erscheint der Theil des Profits, der den Zins bildet, nicht auf das industrielle und kommerzielle Kapital als solches, sondern auf das Geldkapital bezogen, und die Rate dieses Theils des Mehrwerths, die Zinsrate oder der Zinsfuss, befestigt dies Verhältniss. Denn erstens wird der Zinsfuss — trotz seiner Abhängigkeit von der allgemeinen Profitrate — selbständig be- stimmt, und zweitens erscheint er, wie der Marktpreis der Waaren, der unfassbaren Profitrate gegenüber als bei allem Wechsel festes, uniformes, handgreifliches und stets gegebnes Verhältniss. Befände sich alles Kapital in den Händen der industriellen Kapitalisten, so existirte kein Zins und kein Zinsfuss. Die selbständige Form, die die quantitative Theilung des Rohprofits annimmt, erzeugt die qualitative. Vergleicht sich der industrielle Kapitalist mit dem Geldkapitalisten, so unterscheidet ihn von diesem nur der Unter- nehmergewinn, als Ueberschuss des Rohprofits über den Durch- schnittszins, der vermöge des Zinsfusses als empirisch gegebne Grösse erscheint. Vergleicht er sich andrerseits mit dem indu- striellen Kapitalisten, der mit eignem statt geborgtem Kapital wirth- schaftet, so unterscheidet dieser sich von ihm nur als Geldkapitalist, indem er den Zins selbst einsteckt statt ihn wegzuzahlen. Nach beiden Seiten erscheint ihm der vom Zins unterschiedne Theil des Rohprofits als Unternehmergewinn, und der Zins selbst als ein

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/396>, abgerufen am 27.04.2024.