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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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Erstens ist es ein Werth, der aus einer Hand in die andre über-
geht. Bei der einfachen Waare, der Waare als solcher bleibt der-
selbe Werth in der Hand des Käufers und Verkäufers, nur in
verschiedner Form; sie haben beide nach wie vor denselben Werth,
den sie veräusserten, der eine in Waarenform, der andre in Geld-
form. Der Unterschied ist, dass beim Verleihen der Geldkapitalist
der einzige ist, der in dieser Transaktion Werth fortgibt; aber er
bewahrt ihn durch die künftige Rückzahlung. Es wird beim Ver-
leihen nur von einer Seite Werth empfangen, da nur von einer
Seite Werth weggegeben wird. -- Zweitens wird auf der einen
Seite ein wirklicher Gebrauchswerth veräussert und auf der andren
empfangen und verbraucht. Aber im Unterschied zur gewöhnlichen
Waare ist dieser Gebrauchswerth selbst Werth, nämlich der Ueber-
schuss der Werthgrösse, die durch den Gebrauch des Geldes als
Kapital sich ergibt, über seine ursprüngliche Werthgrösse. Der
Profit ist dieser Gebrauchswerth.

Der Gebrauchswerth des ausgeliehenen Geldes ist: als Kapital
fungiren zu können und als solches unter durchschnittlichen Um-
ständen den Durchschnittsprofit zu produciren.57)

Was zahlt nun der industrielle Kapitalist, und was ist daher
der Preis des ausgeliehenen Kapitals? That which men pay as
interest for the use of what they borrow, ist nach Massie a part
of the profit it is capable of producing.58)

Was der Käufer einer gewöhnlichen Waare kauft, ist ihr Ge-
brauchswerth; was er zahlt, ist ihr Werth. Was der Borger des
Geldes kauft, ist ebenfalls dessen Gebrauchswerth als Kapital; aber
was zahlt er? Sicher nicht, wie bei den andren Waaren, ihren
Preis oder Werth. Zwischen Verleiher und Borger geht nicht,
wie zwischen Käufer und Verkäufer, ein Formwechsel des Werths
vor, sodass dieser Werth das eine Mal in der Form des Geldes,
das andre Mal in der Form der Waare existirt. Die Dieselbigkeit
des weggegebnen und des rückempfangnen Werths zeigt sich hier
in ganz andrer Weise. Die Werthsumme, das Geld wird fortgegeben

57) The equitableness of taking interest depends not upon a man's making
or not making profit, but upon its (des Geborgten) being capable of produc-
ing profit, if rightly employed. (An Essay on the Governing Causes of the
Natural Rate of Interest, wherein the sentiments of Sir W. Petty and Mr.
Locke, on that head, are considered. London 1750. p. 49. Verfasser der
anonymen Schrift: J. Massie.
58) Rich people, instead of employing their money themselves ... let it
out to other people for them to make profit of, reserving for the owners a
proportion of the profits so made. (l. c., p. 23.)
Marx, Kapital III. 22

Erstens ist es ein Werth, der aus einer Hand in die andre über-
geht. Bei der einfachen Waare, der Waare als solcher bleibt der-
selbe Werth in der Hand des Käufers und Verkäufers, nur in
verschiedner Form; sie haben beide nach wie vor denselben Werth,
den sie veräusserten, der eine in Waarenform, der andre in Geld-
form. Der Unterschied ist, dass beim Verleihen der Geldkapitalist
der einzige ist, der in dieser Transaktion Werth fortgibt; aber er
bewahrt ihn durch die künftige Rückzahlung. Es wird beim Ver-
leihen nur von einer Seite Werth empfangen, da nur von einer
Seite Werth weggegeben wird. — Zweitens wird auf der einen
Seite ein wirklicher Gebrauchswerth veräussert und auf der andren
empfangen und verbraucht. Aber im Unterschied zur gewöhnlichen
Waare ist dieser Gebrauchswerth selbst Werth, nämlich der Ueber-
schuss der Werthgrösse, die durch den Gebrauch des Geldes als
Kapital sich ergibt, über seine ursprüngliche Werthgrösse. Der
Profit ist dieser Gebrauchswerth.

Der Gebrauchswerth des ausgeliehenen Geldes ist: als Kapital
fungiren zu können und als solches unter durchschnittlichen Um-
ständen den Durchschnittsprofit zu produciren.57)

Was zahlt nun der industrielle Kapitalist, und was ist daher
der Preis des ausgeliehenen Kapitals? That which men pay as
interest for the use of what they borrow, ist nach Massie a part
of the profit it is capable of producing.58)

Was der Käufer einer gewöhnlichen Waare kauft, ist ihr Ge-
brauchswerth; was er zahlt, ist ihr Werth. Was der Borger des
Geldes kauft, ist ebenfalls dessen Gebrauchswerth als Kapital; aber
was zahlt er? Sicher nicht, wie bei den andren Waaren, ihren
Preis oder Werth. Zwischen Verleiher und Borger geht nicht,
wie zwischen Käufer und Verkäufer, ein Formwechsel des Werths
vor, sodass dieser Werth das eine Mal in der Form des Geldes,
das andre Mal in der Form der Waare existirt. Die Dieselbigkeit
des weggegebnen und des rückempfangnen Werths zeigt sich hier
in ganz andrer Weise. Die Werthsumme, das Geld wird fortgegeben

57) The equitableness of taking interest depends not upon a man’s making
or not making profit, but upon its (des Geborgten) being capable of produc-
ing profit, if rightly employed. (An Essay on the Governing Causes of the
Natural Rate of Interest, wherein the sentiments of Sir W. Petty and Mr.
Locke, on that head, are considered. London 1750. p. 49. Verfasser der
anonymen Schrift: J. Massie.
58) Rich people, instead of employing their money themselves … let it
out to other people for them to make profit of, reserving for the owners a
proportion of the profits so made. (l. c., p. 23.)
Marx, Kapital III. 22
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[337/0371] Erstens ist es ein Werth, der aus einer Hand in die andre über- geht. Bei der einfachen Waare, der Waare als solcher bleibt der- selbe Werth in der Hand des Käufers und Verkäufers, nur in verschiedner Form; sie haben beide nach wie vor denselben Werth, den sie veräusserten, der eine in Waarenform, der andre in Geld- form. Der Unterschied ist, dass beim Verleihen der Geldkapitalist der einzige ist, der in dieser Transaktion Werth fortgibt; aber er bewahrt ihn durch die künftige Rückzahlung. Es wird beim Ver- leihen nur von einer Seite Werth empfangen, da nur von einer Seite Werth weggegeben wird. — Zweitens wird auf der einen Seite ein wirklicher Gebrauchswerth veräussert und auf der andren empfangen und verbraucht. Aber im Unterschied zur gewöhnlichen Waare ist dieser Gebrauchswerth selbst Werth, nämlich der Ueber- schuss der Werthgrösse, die durch den Gebrauch des Geldes als Kapital sich ergibt, über seine ursprüngliche Werthgrösse. Der Profit ist dieser Gebrauchswerth. Der Gebrauchswerth des ausgeliehenen Geldes ist: als Kapital fungiren zu können und als solches unter durchschnittlichen Um- ständen den Durchschnittsprofit zu produciren. 57) Was zahlt nun der industrielle Kapitalist, und was ist daher der Preis des ausgeliehenen Kapitals? That which men pay as interest for the use of what they borrow, ist nach Massie a part of the profit it is capable of producing. 58) Was der Käufer einer gewöhnlichen Waare kauft, ist ihr Ge- brauchswerth; was er zahlt, ist ihr Werth. Was der Borger des Geldes kauft, ist ebenfalls dessen Gebrauchswerth als Kapital; aber was zahlt er? Sicher nicht, wie bei den andren Waaren, ihren Preis oder Werth. Zwischen Verleiher und Borger geht nicht, wie zwischen Käufer und Verkäufer, ein Formwechsel des Werths vor, sodass dieser Werth das eine Mal in der Form des Geldes, das andre Mal in der Form der Waare existirt. Die Dieselbigkeit des weggegebnen und des rückempfangnen Werths zeigt sich hier in ganz andrer Weise. Die Werthsumme, das Geld wird fortgegeben 57) The equitableness of taking interest depends not upon a man’s making or not making profit, but upon its (des Geborgten) being capable of produc- ing profit, if rightly employed. (An Essay on the Governing Causes of the Natural Rate of Interest, wherein the sentiments of Sir W. Petty and Mr. Locke, on that head, are considered. London 1750. p. 49. Verfasser der anonymen Schrift: J. Massie. 58) Rich people, instead of employing their money themselves … let it out to other people for them to make profit of, reserving for the owners a proportion of the profits so made. (l. c., p. 23.) Marx, Kapital III. 22

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/371>, abgerufen am 27.04.2024.