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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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Vollständig entwickelt ist der Geldhandel, und dies immer auch
schon in seinen ersten Anfängen, sobald mit seinen sonstigen
Funktionen die des Leihens und Borgens und der Handel in Kredit
sich verbindet. Darüber im folgenden Abschnitt, beim zinstragenden
Kapital.

Der Barrenhandel selbst, das Ueberführen von Gold oder Silber
aus einem Land in das andre, ist nur das Resultat des Waaren-
handels, bestimmt durch den Wechselkurs, der den Stand der inter-
nationalen Zahlungen und des Zinsfusses auf verschiednen Märkten
ausdrückt. Der Barrenhändler als solcher vermittelt nur Resultate.

Bei Betrachtung des Geldes, wie sich seine Bewegungen und Form-
bestimmtheiten aus der einfachen Waarencirkulation entwickeln,
hat man gesehn (Buch I, Kap. III), wie die Bewegung der Masse
des als Kaufmittel und Zahlungsmittel cirkulirenden Geldes bestimmt
ist durch die Waarenmetamorphose, durch Umfang und Geschwin-
digkeit derselben, die wie wir jetzt wissen, selbst nur ein Moment
des gesammten Reproduktionsprocesses ist. Was die Beschaffung
des Geldmaterials -- Gold und Silber -- von seinen Produktions-
quellen angeht, so löst sie sich auf in unmittelbaren Waarenaus-
tausch, in Austausch von Gold und Silber als Waare gegen andre
Waare, ist also selbst ebenso sehr ein Moment des Waarenaus-
tausches wie die Beschaffung von Eisen oder andren Metallen.
Was aber die Bewegung der edlen Metalle auf dem Weltmarkt
angeht (wir sehn hier ab von dieser Bewegung, soweit sie leih-
weise Kapitalübertragung ausdrückt, eine Uebertragung, die auch
in der Form von Waarenkapital vorgeht), so ist sie ganz so be-

sind zwischen zwei Kauf leuten, die beide mit demselben Kassirer arbeiten, so er-
ledigen sich solche Zahlungen sehr einfach durch gegenseitige Buchung, während
die Kassirer ihnen von Tag zu Tag ihre gegenseitigen Forderungen aus-
gleichen. In dieser Vermittlung von Zahlungen besteht also das eigentliche
Kassirergeschäft; es schliesst also industrielle Unternehmungen, Spekulationen,
und die Eröffnung von Blankokrediten aus; denn die Regel muss hier sein,
dass der Kassirer für denjenigen, dem er eine Rechnung in seinen Büchern
eröffnet hat, keine Zahlung über sein Guthaben hinaus leistet." (Vissering,
l. c., p. 134.) -- Ueber die Kassenvereine zu Venedig: "Durch das Bedürf-
niss und die Oertlichkeit von Venedig, wo das Herumtragen von Baarschaften
lästiger als an andren Orten, führten die Grosshändler dieser Stadt Kassen-
vereine ein unter gehöriger Sicherheit, Aufsicht und Verwaltung, legten die
Mitglieder eines solchen Vereins gewisse Summen nieder, auf die sie ihren
Gläubigern Anweisungen ausstellten, worauf dann die gezahlte Summe auf
dem Blatt des Schuldners in dem darüber geführten Buche abgeschrieben und
der Summe, welche der Gläubiger darin zu gut hatte, zugesetzt wurde. Die
ersten Anfänge der sog. Girobanken. Alt sind diese Vereine. Aber wenn
man sie ins 12. Jahrhundert verlegt, so verwechselt man sie mit der 1171
eingerichteten Staatsanleihe-Anstalt." (Hüllmann. l. c. p. 550.)

Vollständig entwickelt ist der Geldhandel, und dies immer auch
schon in seinen ersten Anfängen, sobald mit seinen sonstigen
Funktionen die des Leihens und Borgens und der Handel in Kredit
sich verbindet. Darüber im folgenden Abschnitt, beim zinstragenden
Kapital.

Der Barrenhandel selbst, das Ueberführen von Gold oder Silber
aus einem Land in das andre, ist nur das Resultat des Waaren-
handels, bestimmt durch den Wechselkurs, der den Stand der inter-
nationalen Zahlungen und des Zinsfusses auf verschiednen Märkten
ausdrückt. Der Barrenhändler als solcher vermittelt nur Resultate.

Bei Betrachtung des Geldes, wie sich seine Bewegungen und Form-
bestimmtheiten aus der einfachen Waarencirkulation entwickeln,
hat man gesehn (Buch I, Kap. III), wie die Bewegung der Masse
des als Kaufmittel und Zahlungsmittel cirkulirenden Geldes bestimmt
ist durch die Waarenmetamorphose, durch Umfang und Geschwin-
digkeit derselben, die wie wir jetzt wissen, selbst nur ein Moment
des gesammten Reproduktionsprocesses ist. Was die Beschaffung
des Geldmaterials — Gold und Silber — von seinen Produktions-
quellen angeht, so löst sie sich auf in unmittelbaren Waarenaus-
tausch, in Austausch von Gold und Silber als Waare gegen andre
Waare, ist also selbst ebenso sehr ein Moment des Waarenaus-
tausches wie die Beschaffung von Eisen oder andren Metallen.
Was aber die Bewegung der edlen Metalle auf dem Weltmarkt
angeht (wir sehn hier ab von dieser Bewegung, soweit sie leih-
weise Kapitalübertragung ausdrückt, eine Uebertragung, die auch
in der Form von Waarenkapital vorgeht), so ist sie ganz so be-

sind zwischen zwei Kauf leuten, die beide mit demselben Kassirer arbeiten, so er-
ledigen sich solche Zahlungen sehr einfach durch gegenseitige Buchung, während
die Kassirer ihnen von Tag zu Tag ihre gegenseitigen Forderungen aus-
gleichen. In dieser Vermittlung von Zahlungen besteht also das eigentliche
Kassirergeschäft; es schliesst also industrielle Unternehmungen, Spekulationen,
und die Eröffnung von Blankokrediten aus; denn die Regel muss hier sein,
dass der Kassirer für denjenigen, dem er eine Rechnung in seinen Büchern
eröffnet hat, keine Zahlung über sein Guthaben hinaus leistet.“ (Vissering,
l. c., p. 134.) — Ueber die Kassenvereine zu Venedig: „Durch das Bedürf-
niss und die Oertlichkeit von Venedig, wo das Herumtragen von Baarschaften
lästiger als an andren Orten, führten die Grosshändler dieser Stadt Kassen-
vereine ein unter gehöriger Sicherheit, Aufsicht und Verwaltung, legten die
Mitglieder eines solchen Vereins gewisse Summen nieder, auf die sie ihren
Gläubigern Anweisungen ausstellten, worauf dann die gezahlte Summe auf
dem Blatt des Schuldners in dem darüber geführten Buche abgeschrieben und
der Summe, welche der Gläubiger darin zu gut hatte, zugesetzt wurde. Die
ersten Anfänge der sog. Girobanken. Alt sind diese Vereine. Aber wenn
man sie ins 12. Jahrhundert verlegt, so verwechselt man sie mit der 1171
eingerichteten Staatsanleihe-Anstalt.“ (Hüllmann. l. c. p. 550.)
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[304/0338] Vollständig entwickelt ist der Geldhandel, und dies immer auch schon in seinen ersten Anfängen, sobald mit seinen sonstigen Funktionen die des Leihens und Borgens und der Handel in Kredit sich verbindet. Darüber im folgenden Abschnitt, beim zinstragenden Kapital. Der Barrenhandel selbst, das Ueberführen von Gold oder Silber aus einem Land in das andre, ist nur das Resultat des Waaren- handels, bestimmt durch den Wechselkurs, der den Stand der inter- nationalen Zahlungen und des Zinsfusses auf verschiednen Märkten ausdrückt. Der Barrenhändler als solcher vermittelt nur Resultate. Bei Betrachtung des Geldes, wie sich seine Bewegungen und Form- bestimmtheiten aus der einfachen Waarencirkulation entwickeln, hat man gesehn (Buch I, Kap. III), wie die Bewegung der Masse des als Kaufmittel und Zahlungsmittel cirkulirenden Geldes bestimmt ist durch die Waarenmetamorphose, durch Umfang und Geschwin- digkeit derselben, die wie wir jetzt wissen, selbst nur ein Moment des gesammten Reproduktionsprocesses ist. Was die Beschaffung des Geldmaterials — Gold und Silber — von seinen Produktions- quellen angeht, so löst sie sich auf in unmittelbaren Waarenaus- tausch, in Austausch von Gold und Silber als Waare gegen andre Waare, ist also selbst ebenso sehr ein Moment des Waarenaus- tausches wie die Beschaffung von Eisen oder andren Metallen. Was aber die Bewegung der edlen Metalle auf dem Weltmarkt angeht (wir sehn hier ab von dieser Bewegung, soweit sie leih- weise Kapitalübertragung ausdrückt, eine Uebertragung, die auch in der Form von Waarenkapital vorgeht), so ist sie ganz so be- 44) 44) sind zwischen zwei Kauf leuten, die beide mit demselben Kassirer arbeiten, so er- ledigen sich solche Zahlungen sehr einfach durch gegenseitige Buchung, während die Kassirer ihnen von Tag zu Tag ihre gegenseitigen Forderungen aus- gleichen. In dieser Vermittlung von Zahlungen besteht also das eigentliche Kassirergeschäft; es schliesst also industrielle Unternehmungen, Spekulationen, und die Eröffnung von Blankokrediten aus; denn die Regel muss hier sein, dass der Kassirer für denjenigen, dem er eine Rechnung in seinen Büchern eröffnet hat, keine Zahlung über sein Guthaben hinaus leistet.“ (Vissering, l. c., p. 134.) — Ueber die Kassenvereine zu Venedig: „Durch das Bedürf- niss und die Oertlichkeit von Venedig, wo das Herumtragen von Baarschaften lästiger als an andren Orten, führten die Grosshändler dieser Stadt Kassen- vereine ein unter gehöriger Sicherheit, Aufsicht und Verwaltung, legten die Mitglieder eines solchen Vereins gewisse Summen nieder, auf die sie ihren Gläubigern Anweisungen ausstellten, worauf dann die gezahlte Summe auf dem Blatt des Schuldners in dem darüber geführten Buche abgeschrieben und der Summe, welche der Gläubiger darin zu gut hatte, zugesetzt wurde. Die ersten Anfänge der sog. Girobanken. Alt sind diese Vereine. Aber wenn man sie ins 12. Jahrhundert verlegt, so verwechselt man sie mit der 1171 eingerichteten Staatsanleihe-Anstalt.“ (Hüllmann. l. c. p. 550.)

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/338>, abgerufen am 26.04.2024.