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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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selbständigung der gesellschaftlichen Produktionsbedingungen gegen-
über den wirklichen Producenten. Das Kapital zeigt sich immer
mehr als gesellschaftliche Macht, deren Funktionär der Kapitalist
ist, und die in gar keinem möglichen Verhältnisse mehr zu dem
steht, was die Arbeit eines einzelnen Individuums schaffen kann --
aber als entfremdete, verselbständigte gesellschaftliche Macht, die
als Sache, und als Macht des Kapitalisten durch diese Sache, der
Gesellschaft gegenübertritt. Der Widerspruch zwischen der allge-
meinen gesellschaftlichen Macht, zu der sich das Kapital gestaltet,
und der Privatmacht der einzelnen Kapitalisten über diese gesell-
schaftlichen Produktionsbedingungen entwickelt sich immer schrei-
ender und schliesst die Auflösung dieses Verhältnisses ein, indem
sie zugleich die Herausarbeitung der Produktionsbedingungen zu
allgemeinen, gemeinschaftlichen, gesellschaftlichen Produktionsbe-
dingungen einschliesst. Diese Herausarbeitung ist gegeben durch die
Entwicklung der Produktivkräfte unter der kapitalistischen Pro-
duktion, und durch die Art und Weise, worin sich diese Entwick-
lung vollzieht.



Kein Kapitalist wendet eine neue Produktionsweise, sie mag noch
so viel produktiver sein oder um noch so viel die Rate des Mehr-
werths vermehren, freiwillig an, sobald sie die Profitrate vermindert.
Aber jede solche neue Produktionsweise verwohlfeilert die Waaren.
Er verkauft sie daher ursprünglich über ihrem Produktionspreis,
vielleicht über ihrem Werth. Er steckt die Differenz ein, die
zwischen ihren Produktionskosten und dem Marktpreis der übrigen,
zu höheren Produktionskosten producirten Waaren besteht. Er
kann dies, weil der Durchschnitt der zur Produktion dieser Waaren
gesellschaftlich erheischten Arbeitszeit grösser ist als die mit der
neuen Produktionsweise erheischte Arbeitszeit. Seine Produktions-
procedur steht über dem Durchschnitt der gesellschaftlichen. Aber
die Konkurrenz verallgemeinert sie und unterwirft sie dem allge-
meinen Gesetz. Dann tritt das Sinken der Profitrate ein -- viel-
leicht zuerst in dieser Produktionssphäre, und gleicht sich nachher
mit den andren aus -- das also ganz und gar unabhängig ist vom
Willen der Kapitalisten.

Zu diesem Punkt ist noch zu bemerken, dass dies selbe Gesetz
auch in den Produktionssphären herrscht, deren Produkt weder
direkt noch indirekt in die Konsumtion des Arbeiters oder in die
Produktionsbedingungen seiner Lebensmittel eingeht; also auch in
den Produktionssphären, worin keine Verwohlfeilerung der Waaren

selbständigung der gesellschaftlichen Produktionsbedingungen gegen-
über den wirklichen Producenten. Das Kapital zeigt sich immer
mehr als gesellschaftliche Macht, deren Funktionär der Kapitalist
ist, und die in gar keinem möglichen Verhältnisse mehr zu dem
steht, was die Arbeit eines einzelnen Individuums schaffen kann —
aber als entfremdete, verselbständigte gesellschaftliche Macht, die
als Sache, und als Macht des Kapitalisten durch diese Sache, der
Gesellschaft gegenübertritt. Der Widerspruch zwischen der allge-
meinen gesellschaftlichen Macht, zu der sich das Kapital gestaltet,
und der Privatmacht der einzelnen Kapitalisten über diese gesell-
schaftlichen Produktionsbedingungen entwickelt sich immer schrei-
ender und schliesst die Auflösung dieses Verhältnisses ein, indem
sie zugleich die Herausarbeitung der Produktionsbedingungen zu
allgemeinen, gemeinschaftlichen, gesellschaftlichen Produktionsbe-
dingungen einschliesst. Diese Herausarbeitung ist gegeben durch die
Entwicklung der Produktivkräfte unter der kapitalistischen Pro-
duktion, und durch die Art und Weise, worin sich diese Entwick-
lung vollzieht.



Kein Kapitalist wendet eine neue Produktionsweise, sie mag noch
so viel produktiver sein oder um noch so viel die Rate des Mehr-
werths vermehren, freiwillig an, sobald sie die Profitrate vermindert.
Aber jede solche neue Produktionsweise verwohlfeilert die Waaren.
Er verkauft sie daher ursprünglich über ihrem Produktionspreis,
vielleicht über ihrem Werth. Er steckt die Differenz ein, die
zwischen ihren Produktionskosten und dem Marktpreis der übrigen,
zu höheren Produktionskosten producirten Waaren besteht. Er
kann dies, weil der Durchschnitt der zur Produktion dieser Waaren
gesellschaftlich erheischten Arbeitszeit grösser ist als die mit der
neuen Produktionsweise erheischte Arbeitszeit. Seine Produktions-
procedur steht über dem Durchschnitt der gesellschaftlichen. Aber
die Konkurrenz verallgemeinert sie und unterwirft sie dem allge-
meinen Gesetz. Dann tritt das Sinken der Profitrate ein — viel-
leicht zuerst in dieser Produktionssphäre, und gleicht sich nachher
mit den andren aus — das also ganz und gar unabhängig ist vom
Willen der Kapitalisten.

Zu diesem Punkt ist noch zu bemerken, dass dies selbe Gesetz
auch in den Produktionssphären herrscht, deren Produkt weder
direkt noch indirekt in die Konsumtion des Arbeiters oder in die
Produktionsbedingungen seiner Lebensmittel eingeht; also auch in
den Produktionssphären, worin keine Verwohlfeilerung der Waaren

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[247/0281] selbständigung der gesellschaftlichen Produktionsbedingungen gegen- über den wirklichen Producenten. Das Kapital zeigt sich immer mehr als gesellschaftliche Macht, deren Funktionär der Kapitalist ist, und die in gar keinem möglichen Verhältnisse mehr zu dem steht, was die Arbeit eines einzelnen Individuums schaffen kann — aber als entfremdete, verselbständigte gesellschaftliche Macht, die als Sache, und als Macht des Kapitalisten durch diese Sache, der Gesellschaft gegenübertritt. Der Widerspruch zwischen der allge- meinen gesellschaftlichen Macht, zu der sich das Kapital gestaltet, und der Privatmacht der einzelnen Kapitalisten über diese gesell- schaftlichen Produktionsbedingungen entwickelt sich immer schrei- ender und schliesst die Auflösung dieses Verhältnisses ein, indem sie zugleich die Herausarbeitung der Produktionsbedingungen zu allgemeinen, gemeinschaftlichen, gesellschaftlichen Produktionsbe- dingungen einschliesst. Diese Herausarbeitung ist gegeben durch die Entwicklung der Produktivkräfte unter der kapitalistischen Pro- duktion, und durch die Art und Weise, worin sich diese Entwick- lung vollzieht. Kein Kapitalist wendet eine neue Produktionsweise, sie mag noch so viel produktiver sein oder um noch so viel die Rate des Mehr- werths vermehren, freiwillig an, sobald sie die Profitrate vermindert. Aber jede solche neue Produktionsweise verwohlfeilert die Waaren. Er verkauft sie daher ursprünglich über ihrem Produktionspreis, vielleicht über ihrem Werth. Er steckt die Differenz ein, die zwischen ihren Produktionskosten und dem Marktpreis der übrigen, zu höheren Produktionskosten producirten Waaren besteht. Er kann dies, weil der Durchschnitt der zur Produktion dieser Waaren gesellschaftlich erheischten Arbeitszeit grösser ist als die mit der neuen Produktionsweise erheischte Arbeitszeit. Seine Produktions- procedur steht über dem Durchschnitt der gesellschaftlichen. Aber die Konkurrenz verallgemeinert sie und unterwirft sie dem allge- meinen Gesetz. Dann tritt das Sinken der Profitrate ein — viel- leicht zuerst in dieser Produktionssphäre, und gleicht sich nachher mit den andren aus — das also ganz und gar unabhängig ist vom Willen der Kapitalisten. Zu diesem Punkt ist noch zu bemerken, dass dies selbe Gesetz auch in den Produktionssphären herrscht, deren Produkt weder direkt noch indirekt in die Konsumtion des Arbeiters oder in die Produktionsbedingungen seiner Lebensmittel eingeht; also auch in den Produktionssphären, worin keine Verwohlfeilerung der Waaren

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/281>, abgerufen am 26.04.2024.