Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Waarenmetamorphose seine entwickelten Bewegungsformen. Diese
Formen schliessen daher die Möglichkeit, aber auch nur die Möglich-
keit der Krisen ein. Die Entwicklung dieser Möglichkeit zur Wirklich-
keit erfordert einen ganzen Umkreis von Verhältnissen, die vom Standpunkt
der einfachen Waarencirculation noch gar nicht existiren57).

Als Vermittler der Waarencirculation erhält das Geld die Funktion
des Circulationsmittels.

b) Der Umlauf des Geldes.

Der Formwechsel, worin sich der Stoffwechsel der Arbeitsprodukte
vollzieht, W -- G -- W, bedingt, dass derselbe Werth als Waare
den Ausgangspunkt des Prozesses bildet und zu demselben Punkt zurück-
kehrt als Waare. Diese Bewegung der Waaren ist daher Kreis-
lauf
. Andrerseits schliesst dieselbe Form den Kreislauf des Geldes aus.
Ihr Resultat ist beständige Entfernung des Geldes von seinem
Ausgangspunkt, nicht Rückkehr zu demselben. So lange der Verkäufer
die verwandelte Gestalt seiner Waare festhält, das Geld, befindet sich die
Waare im Stadium der ersten Metamorphose oder hat nur ihre erste Cir-
culationshälfte zurückgelegt. Ist der Prozess, Verkaufen um zu kau-
fen
, vervollständigt, so ist auch das Geld wieder aus der Hand ihres
ursprünglichen Besitzers entfernt. Allerdings, wenn der Leinweber, nach-
dem er die Bibel gekauft, von neuem Leinwand verkauft, kehrt auch das

57) Vergleiche meine Bemerkungen über James Mill: "Zur Kritik
etc." p. 74--76. Zwei Punkte sind hier charakteristisch für die Methode der
ökonomistischen Apologetik. Erstens die Identificirung von Waarencircula-
tion und unmittelbarem Produktenaustausch durch einfache Abstraktion
von ihren Unterschieden. Zweitens der Versuch, die Widersprüche des kapi-
talistischen Produktionsprozesses
wegzuleugnen, indem man die Ver-
hältnisse seiner Produktionsagenten in die einfachen Beziehungen auflöst, die aus
der Waarencirculation entspringen. Waarenproduktion und Waarencirculation
sind aber Phänomene, die den verschiedensten Produktionsweisen angehören, wenn
auch in verschiednem Umfang und Tragweite. Man weiss also noch nichts von
der differentia specifica dieser Produktionsweisen und kann sie daher nicht beur-
theilen, wenn man nur die ihnen gemeinschaftlichen, abstrakten Kategorien der
Waarencirculation kennt. In keiner andern Wissenschaft ausser der politischen
Oekonomie herrscht ähnliche Wichtigthuerei mit elementarischer Gemeinplätzlich-
keit. Z. B. J. B. Say nimmt sich heraus, über die Krisen abzuurtheilen,
weil er weiss, dass die Waare Produkt ist.

Waarenmetamorphose seine entwickelten Bewegungsformen. Diese
Formen schliessen daher die Möglichkeit, aber auch nur die Möglich-
keit der Krisen ein. Die Entwicklung dieser Möglichkeit zur Wirklich-
keit erfordert einen ganzen Umkreis von Verhältnissen, die vom Standpunkt
der einfachen Waarencirculation noch gar nicht existiren57).

Als Vermittler der Waarencirculation erhält das Geld die Funktion
des Circulationsmittels.

b) Der Umlauf des Geldes.

Der Formwechsel, worin sich der Stoffwechsel der Arbeitsprodukte
vollzieht, W — G — W, bedingt, dass derselbe Werth als Waare
den Ausgangspunkt des Prozesses bildet und zu demselben Punkt zurück-
kehrt als Waare. Diese Bewegung der Waaren ist daher Kreis-
lauf
. Andrerseits schliesst dieselbe Form den Kreislauf des Geldes aus.
Ihr Resultat ist beständige Entfernung des Geldes von seinem
Ausgangspunkt, nicht Rückkehr zu demselben. So lange der Verkäufer
die verwandelte Gestalt seiner Waare festhält, das Geld, befindet sich die
Waare im Stadium der ersten Metamorphose oder hat nur ihre erste Cir-
culationshälfte zurückgelegt. Ist der Prozess, Verkaufen um zu kau-
fen
, vervollständigt, so ist auch das Geld wieder aus der Hand ihres
ursprünglichen Besitzers entfernt. Allerdings, wenn der Leinweber, nach-
dem er die Bibel gekauft, von neuem Leinwand verkauft, kehrt auch das

57) Vergleiche meine Bemerkungen über James Mill: „Zur Kritik
etc.“ p. 74—76. Zwei Punkte sind hier charakteristisch für die Methode der
ökonomistischen Apologetik. Erstens die Identificirung von Waarencircula-
tion und unmittelbarem Produktenaustausch durch einfache Abstraktion
von ihren Unterschieden. Zweitens der Versuch, die Widersprüche des kapi-
talistischen Produktionsprozesses
wegzuleugnen, indem man die Ver-
hältnisse seiner Produktionsagenten in die einfachen Beziehungen auflöst, die aus
der Waarencirculation entspringen. Waarenproduktion und Waarencirculation
sind aber Phänomene, die den verschiedensten Produktionsweisen angehören, wenn
auch in verschiednem Umfang und Tragweite. Man weiss also noch nichts von
der differentia specifica dieser Produktionsweisen und kann sie daher nicht beur-
theilen, wenn man nur die ihnen gemeinschaftlichen, abstrakten Kategorien der
Waarencirculation kennt. In keiner andern Wissenschaft ausser der politischen
Oekonomie herrscht ähnliche Wichtigthuerei mit elementarischer Gemeinplätzlich-
keit. Z. B. J. B. Say nimmt sich heraus, über die Krisen abzuurtheilen,
weil er weiss, dass die Waare Produkt ist.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0093" n="74"/>
Waarenmetamorphose seine entwickelten <hi rendition="#g">Bewegungsformen</hi>. Diese<lb/>
Formen schliessen daher die <hi rendition="#g">Möglichkeit</hi>, aber auch nur die Möglich-<lb/>
keit der Krisen ein. Die Entwicklung dieser Möglichkeit zur Wirklich-<lb/>
keit erfordert einen ganzen Umkreis von Verhältnissen, die vom Standpunkt<lb/>
der einfachen Waarencirculation noch gar nicht existiren<note place="foot" n="57)">Vergleiche meine Bemerkungen über <hi rendition="#g">James Mill</hi>: &#x201E;<hi rendition="#g">Zur Kritik</hi><lb/>
etc.&#x201C; p. 74&#x2014;76. Zwei Punkte sind hier charakteristisch für die Methode der<lb/>
ökonomistischen Apologetik. <hi rendition="#g">Erstens</hi> die Identificirung von Waarencircula-<lb/>
tion und unmittelbarem Produktenaustausch durch einfache <hi rendition="#g">Abstraktion</hi><lb/>
von ihren Unterschieden. <hi rendition="#g">Zweitens</hi> der Versuch, die Widersprüche des <hi rendition="#g">kapi-<lb/>
talistischen Produktionsprozesses</hi> wegzuleugnen, indem man die Ver-<lb/>
hältnisse seiner Produktionsagenten in die einfachen Beziehungen auflöst, die aus<lb/>
der Waarencirculation entspringen. Waarenproduktion und Waarencirculation<lb/>
sind aber Phänomene, die den verschiedensten Produktionsweisen angehören, wenn<lb/>
auch in verschiednem Umfang und Tragweite. Man weiss also noch nichts von<lb/>
der differentia specifica dieser Produktionsweisen und kann sie daher nicht beur-<lb/>
theilen, wenn man nur die ihnen gemeinschaftlichen, abstrakten Kategorien der<lb/>
Waarencirculation kennt. In keiner andern Wissenschaft ausser der politischen<lb/>
Oekonomie herrscht ähnliche Wichtigthuerei mit elementarischer Gemeinplätzlich-<lb/>
keit. Z. B. J. B. <hi rendition="#g">Say</hi> nimmt sich heraus, über die <hi rendition="#g">Krisen</hi> abzuurtheilen,<lb/>
weil er weiss, dass die Waare <hi rendition="#g">Produkt</hi> ist.</note>.</p><lb/>
                <p>Als Vermittler der Waarencirculation erhält das Geld die Funktion<lb/>
des <hi rendition="#g">Circulationsmittels</hi>.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>b) <hi rendition="#g">Der Umlauf des Geldes</hi>.</head><lb/>
                <p>Der Formwechsel, worin sich der Stoffwechsel der Arbeitsprodukte<lb/>
vollzieht, W &#x2014; G &#x2014; W, bedingt, dass derselbe Werth <hi rendition="#g">als Waare</hi><lb/>
den Ausgangspunkt des Prozesses bildet und zu demselben Punkt zurück-<lb/>
kehrt <hi rendition="#g">als Waare</hi>. Diese Bewegung der Waaren ist daher <hi rendition="#g">Kreis-<lb/>
lauf</hi>. Andrerseits schliesst dieselbe Form den Kreislauf des Geldes aus.<lb/>
Ihr Resultat ist <hi rendition="#g">beständige Entfernung des Geldes</hi> von seinem<lb/>
Ausgangspunkt, nicht Rückkehr zu demselben. So lange der Verkäufer<lb/>
die verwandelte Gestalt seiner Waare festhält, das Geld, befindet sich die<lb/>
Waare im Stadium der ersten Metamorphose oder hat nur ihre erste Cir-<lb/>
culationshälfte zurückgelegt. Ist der Prozess, <hi rendition="#g">Verkaufen um zu kau-<lb/>
fen</hi>, vervollständigt, so ist auch das Geld wieder aus der Hand ihres<lb/>
ursprünglichen Besitzers entfernt. Allerdings, wenn der Leinweber, nach-<lb/>
dem er die Bibel gekauft, von neuem Leinwand verkauft, kehrt auch das<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0093] Waarenmetamorphose seine entwickelten Bewegungsformen. Diese Formen schliessen daher die Möglichkeit, aber auch nur die Möglich- keit der Krisen ein. Die Entwicklung dieser Möglichkeit zur Wirklich- keit erfordert einen ganzen Umkreis von Verhältnissen, die vom Standpunkt der einfachen Waarencirculation noch gar nicht existiren 57). Als Vermittler der Waarencirculation erhält das Geld die Funktion des Circulationsmittels. b) Der Umlauf des Geldes. Der Formwechsel, worin sich der Stoffwechsel der Arbeitsprodukte vollzieht, W — G — W, bedingt, dass derselbe Werth als Waare den Ausgangspunkt des Prozesses bildet und zu demselben Punkt zurück- kehrt als Waare. Diese Bewegung der Waaren ist daher Kreis- lauf. Andrerseits schliesst dieselbe Form den Kreislauf des Geldes aus. Ihr Resultat ist beständige Entfernung des Geldes von seinem Ausgangspunkt, nicht Rückkehr zu demselben. So lange der Verkäufer die verwandelte Gestalt seiner Waare festhält, das Geld, befindet sich die Waare im Stadium der ersten Metamorphose oder hat nur ihre erste Cir- culationshälfte zurückgelegt. Ist der Prozess, Verkaufen um zu kau- fen, vervollständigt, so ist auch das Geld wieder aus der Hand ihres ursprünglichen Besitzers entfernt. Allerdings, wenn der Leinweber, nach- dem er die Bibel gekauft, von neuem Leinwand verkauft, kehrt auch das 57) Vergleiche meine Bemerkungen über James Mill: „Zur Kritik etc.“ p. 74—76. Zwei Punkte sind hier charakteristisch für die Methode der ökonomistischen Apologetik. Erstens die Identificirung von Waarencircula- tion und unmittelbarem Produktenaustausch durch einfache Abstraktion von ihren Unterschieden. Zweitens der Versuch, die Widersprüche des kapi- talistischen Produktionsprozesses wegzuleugnen, indem man die Ver- hältnisse seiner Produktionsagenten in die einfachen Beziehungen auflöst, die aus der Waarencirculation entspringen. Waarenproduktion und Waarencirculation sind aber Phänomene, die den verschiedensten Produktionsweisen angehören, wenn auch in verschiednem Umfang und Tragweite. Man weiss also noch nichts von der differentia specifica dieser Produktionsweisen und kann sie daher nicht beur- theilen, wenn man nur die ihnen gemeinschaftlichen, abstrakten Kategorien der Waarencirculation kennt. In keiner andern Wissenschaft ausser der politischen Oekonomie herrscht ähnliche Wichtigthuerei mit elementarischer Gemeinplätzlich- keit. Z. B. J. B. Say nimmt sich heraus, über die Krisen abzuurtheilen, weil er weiss, dass die Waare Produkt ist.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/93
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/93>, abgerufen am 03.12.2024.