Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite
b) Zahlungsmittel.

In der bisher betrachteten unmittelbaren Form der Waarencirkulation
war dieselbe Werthgrösse stets doppelt vorhanden, Waare auf dem einen Pol,
Geld auf dem Gegenpol. Die Waarenbesitzer traten daher nur in Contakt als
Repräsentanten wechselseitig vorhandner Aequivalente. Mit der Entwicklung
der Waarencirkulation entwickeln sich jedoch Verhältnisse, wodurch die Ver-
äusserung der Waare von der Realisirung ihres Preises zeitlich getrennt
wird. Es genügt die einfachsten dieser Verhältnisse hier anzudeuten. Die
eine Waarenart erheischt längere, die andere kürzere Zeitdauer zu ihrer
Produktion. Die Produktion verschiedner Waaren ist an verschiedne
Jahreszeiten geknüpft. Die eine Waare wird auf ihrem Marktplatz gebo-
ren, die andre muss zu entferntem Markt reisen. Der eine Waarenbesitzer
kann daher als Verkäufer auftreten, bevor der andre als Käufer. Bei
steter Wiederkehr derselben Transactionen unter denselben Personen regeln
sich die Verkaufsbedingungen der Waaren nach ihren Produktionsbedin-
gungen. Der eine Waarenbesitzer verkauft vorhandne Waare, der andre
kauft als blosser Repräsentant von Geld oder als Repräsentant von künf-
tigem Gelde. Der Verkäufer wird Gläubiger, der Käufer Schuld-
ner
. Da die Metamorphose der Waare oder die Entwicklung ihrer
Werthform sich hier verändert, erhält auch das Gold eine andre Funktion.
Es wird Zahlungsmittel79).

Der Charakter von Gläubiger oder Schuldner entspringt hier aus
der einfachen Waarencirkulation. Ihre Formveränderung drückt dem
Verkäufer und Käufer diese neuen Stempel auf. Zunächst also sind es
ebenso verschwindende und wechselweis von denselben Cirkulationsagenten
gespielte Rollen wie die von Verkäufer und Käufer. Jedoch sieht der
Gegensatz jetzt von Haus aus minder gemüthlich aus und ist grösserer

Import von Gold und Silber den Export um 19,367,764 Pfd. St.. In den letzten 8
Jahren vor 1864 betrug der Excess des Imports über den Export der edlen Me-
talle 109,652,917 Pfd. St. Während dieses Jahrhunderts wurden weit über
200,000,000 Pfd. St. in Indien gemünzt.
79) Luther unterscheidet zwischen Geld als Kaufmittel und Zahlungs-
mittel
. "Machest mir einen Zwilling aus dem Schadewacht, das ich hie nicht
bezalen und dort nicht kauffen kann." (Martin Luther: "An die
Pfarrherrn, wider den Wucher zu predigen. Wittenberg
1540.")
b) Zahlungsmittel.

In der bisher betrachteten unmittelbaren Form der Waarencirkulation
war dieselbe Werthgrösse stets doppelt vorhanden, Waare auf dem einen Pol,
Geld auf dem Gegenpol. Die Waarenbesitzer traten daher nur in Contakt als
Repräsentanten wechselseitig vorhandner Aequivalente. Mit der Entwicklung
der Waarencirkulation entwickeln sich jedoch Verhältnisse, wodurch die Ver-
äusserung der Waare von der Realisirung ihres Preises zeitlich getrennt
wird. Es genügt die einfachsten dieser Verhältnisse hier anzudeuten. Die
eine Waarenart erheischt längere, die andere kürzere Zeitdauer zu ihrer
Produktion. Die Produktion verschiedner Waaren ist an verschiedne
Jahreszeiten geknüpft. Die eine Waare wird auf ihrem Marktplatz gebo-
ren, die andre muss zu entferntem Markt reisen. Der eine Waarenbesitzer
kann daher als Verkäufer auftreten, bevor der andre als Käufer. Bei
steter Wiederkehr derselben Transactionen unter denselben Personen regeln
sich die Verkaufsbedingungen der Waaren nach ihren Produktionsbedin-
gungen. Der eine Waarenbesitzer verkauft vorhandne Waare, der andre
kauft als blosser Repräsentant von Geld oder als Repräsentant von künf-
tigem Gelde. Der Verkäufer wird Gläubiger, der Käufer Schuld-
ner
. Da die Metamorphose der Waare oder die Entwicklung ihrer
Werthform sich hier verändert, erhält auch das Gold eine andre Funktion.
Es wird Zahlungsmittel79).

Der Charakter von Gläubiger oder Schuldner entspringt hier aus
der einfachen Waarencirkulation. Ihre Formveränderung drückt dem
Verkäufer und Käufer diese neuen Stempel auf. Zunächst also sind es
ebenso verschwindende und wechselweis von denselben Cirkulationsagenten
gespielte Rollen wie die von Verkäufer und Käufer. Jedoch sieht der
Gegensatz jetzt von Haus aus minder gemüthlich aus und ist grösserer

Import von Gold und Silber den Export um 19,367,764 Pfd. St.. In den letzten 8
Jahren vor 1864 betrug der Excess des Imports über den Export der edlen Me-
talle 109,652,917 Pfd. St. Während dieses Jahrhunderts wurden weit über
200,000,000 Pfd. St. in Indien gemünzt.
79) Luther unterscheidet zwischen Geld als Kaufmittel und Zahlungs-
mittel
. „Machest mir einen Zwilling aus dem Schadewacht, das ich hie nicht
bezalen und dort nicht kauffen kann.“ (Martin Luther: „An die
Pfarrherrn, wider den Wucher zu predigen. Wittenberg
1540.“)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0115" n="96"/>
              <div n="5">
                <head>b) <hi rendition="#g">Zahlungsmittel</hi>.</head><lb/>
                <p>In der bisher betrachteten unmittelbaren Form der Waarencirkulation<lb/>
war dieselbe Werthgrösse stets doppelt vorhanden, Waare auf dem einen Pol,<lb/>
Geld auf dem Gegenpol. Die Waarenbesitzer traten daher nur in Contakt als<lb/>
Repräsentanten wechselseitig vorhandner Aequivalente. Mit der Entwicklung<lb/>
der Waarencirkulation entwickeln sich jedoch Verhältnisse, wodurch die Ver-<lb/>
äusserung der Waare von der Realisirung ihres Preises zeitlich getrennt<lb/>
wird. Es genügt die einfachsten dieser Verhältnisse hier anzudeuten. Die<lb/>
eine Waarenart erheischt längere, die andere kürzere Zeitdauer zu ihrer<lb/>
Produktion. Die Produktion verschiedner Waaren ist an verschiedne<lb/>
Jahreszeiten geknüpft. Die eine Waare wird auf ihrem Marktplatz gebo-<lb/>
ren, die andre muss zu entferntem Markt reisen. Der eine Waarenbesitzer<lb/>
kann daher als Verkäufer auftreten, bevor der andre als Käufer. Bei<lb/>
steter Wiederkehr derselben Transactionen unter denselben Personen regeln<lb/>
sich die Verkaufsbedingungen der Waaren nach ihren Produktionsbedin-<lb/>
gungen. Der eine Waarenbesitzer verkauft vorhandne Waare, der andre<lb/>
kauft als blosser Repräsentant von Geld oder als Repräsentant von künf-<lb/>
tigem Gelde. Der Verkäufer wird <hi rendition="#g">Gläubiger</hi>, der Käufer <hi rendition="#g">Schuld-<lb/>
ner</hi>. Da die Metamorphose der Waare oder die Entwicklung ihrer<lb/>
Werthform sich hier verändert, erhält auch das Gold eine andre Funktion.<lb/>
Es wird <hi rendition="#g">Zahlungsmittel</hi><note place="foot" n="79)"><hi rendition="#g">Luther</hi> unterscheidet zwischen Geld als <hi rendition="#g">Kaufmittel</hi> und <hi rendition="#g">Zahlungs-<lb/>
mittel</hi>. &#x201E;Machest mir einen Zwilling aus dem Schadewacht, das ich hie nicht<lb/><hi rendition="#g">bezalen</hi> und dort nicht <hi rendition="#g">kauffen</hi> kann.&#x201C; (<hi rendition="#g">Martin Luther</hi>: &#x201E;<hi rendition="#g">An die<lb/>
Pfarrherrn, wider den Wucher zu predigen. Wittenberg</hi> 1540.&#x201C;)</note>.</p><lb/>
                <p>Der Charakter von Gläubiger oder Schuldner entspringt hier aus<lb/>
der einfachen Waarencirkulation. Ihre Formveränderung drückt dem<lb/>
Verkäufer und Käufer diese neuen Stempel auf. Zunächst also sind es<lb/>
ebenso verschwindende und wechselweis von denselben Cirkulationsagenten<lb/>
gespielte Rollen wie die von Verkäufer und Käufer. Jedoch sieht der<lb/>
Gegensatz jetzt von Haus aus minder gemüthlich aus und ist grösserer<lb/><note xml:id="seg2pn_11_2" prev="#seg2pn_11_1" place="foot" n="78)">Import von Gold und Silber den Export um 19,367,764 Pfd. St.. In den letzten 8<lb/>
Jahren vor 1864 betrug der Excess des Imports über den Export der edlen Me-<lb/>
talle 109,652,917 Pfd. St. Während dieses Jahrhunderts wurden weit über<lb/>
200,000,000 Pfd. St. in Indien gemünzt.</note><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0115] b) Zahlungsmittel. In der bisher betrachteten unmittelbaren Form der Waarencirkulation war dieselbe Werthgrösse stets doppelt vorhanden, Waare auf dem einen Pol, Geld auf dem Gegenpol. Die Waarenbesitzer traten daher nur in Contakt als Repräsentanten wechselseitig vorhandner Aequivalente. Mit der Entwicklung der Waarencirkulation entwickeln sich jedoch Verhältnisse, wodurch die Ver- äusserung der Waare von der Realisirung ihres Preises zeitlich getrennt wird. Es genügt die einfachsten dieser Verhältnisse hier anzudeuten. Die eine Waarenart erheischt längere, die andere kürzere Zeitdauer zu ihrer Produktion. Die Produktion verschiedner Waaren ist an verschiedne Jahreszeiten geknüpft. Die eine Waare wird auf ihrem Marktplatz gebo- ren, die andre muss zu entferntem Markt reisen. Der eine Waarenbesitzer kann daher als Verkäufer auftreten, bevor der andre als Käufer. Bei steter Wiederkehr derselben Transactionen unter denselben Personen regeln sich die Verkaufsbedingungen der Waaren nach ihren Produktionsbedin- gungen. Der eine Waarenbesitzer verkauft vorhandne Waare, der andre kauft als blosser Repräsentant von Geld oder als Repräsentant von künf- tigem Gelde. Der Verkäufer wird Gläubiger, der Käufer Schuld- ner. Da die Metamorphose der Waare oder die Entwicklung ihrer Werthform sich hier verändert, erhält auch das Gold eine andre Funktion. Es wird Zahlungsmittel 79). Der Charakter von Gläubiger oder Schuldner entspringt hier aus der einfachen Waarencirkulation. Ihre Formveränderung drückt dem Verkäufer und Käufer diese neuen Stempel auf. Zunächst also sind es ebenso verschwindende und wechselweis von denselben Cirkulationsagenten gespielte Rollen wie die von Verkäufer und Käufer. Jedoch sieht der Gegensatz jetzt von Haus aus minder gemüthlich aus und ist grösserer 78) 79) Luther unterscheidet zwischen Geld als Kaufmittel und Zahlungs- mittel. „Machest mir einen Zwilling aus dem Schadewacht, das ich hie nicht bezalen und dort nicht kauffen kann.“ (Martin Luther: „An die Pfarrherrn, wider den Wucher zu predigen. Wittenberg 1540.“) 78) Import von Gold und Silber den Export um 19,367,764 Pfd. St.. In den letzten 8 Jahren vor 1864 betrug der Excess des Imports über den Export der edlen Me- talle 109,652,917 Pfd. St. Während dieses Jahrhunderts wurden weit über 200,000,000 Pfd. St. in Indien gemünzt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/115
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/115>, abgerufen am 21.12.2024.