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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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stirte man/ wie gemeiniglich geschicht/ ich
wolte gern/ aber es ist nicht in meinem Ver-
mögen/ dieser Unordnung zu entgehen/ noch
mich solches Lasters zu entschlagen.

XII.

Die Erde ist so weit vom Himmel entfer-
net/ als der Himmel von der Erden/ es ist ei-
ne gleiche Weite von einem ßum andern/
und man kan keine Ungleichheit vermercken/
als zwischen der Tugend und den Lastern.
In Warheit/ es ist ein kürtzerer Weg von
der Tugend zu dem Laster/ als von dem La-
ster zu der Tugend.

XIII.

Weil die Tugend die edelste und vor-
theilhafftigste unter allen Qualitäten ist/ so
kan sie billich den ehrl chsten Platz begeh-
ren/ derowegen siehet man sie allezeit in der
Mitten; Die Bescheidenheit trägt Sorge/
ihr einen Platz zu bestimmen/ und stellet die
Sachen so wohl an/ daß nichts zu viel ge-
schicht/ und auch nichts an der Vollkom-
menheit ermangele.

XIV.

Das Laster lägert sich allezeit zu der Tu-
gend/ darum muß man sich nicht verwunde-
ren/ daß man offt das Laster findet/ indeme

man

ſtirte man/ wie gemeiniglich geſchicht/ ich
wolte gern/ aber es iſt nicht in meinem Ver-
moͤgen/ dieſer Unordnung zu entgehen/ noch
mich ſolches Laſters zu entſchlagen.

XII.

Die Erde iſt ſo weit vom Himmel entfer-
net/ als der Himmel von der Erden/ es iſt ei-
ne gleiche Weite von einem ſzum andern/
und man kan keine Ungleichheit vermercken/
als zwiſchen der Tugend und den Laſtern.
In Warheit/ es iſt ein kuͤrtzerer Weg von
der Tugend zu dem Laſter/ als von dem La-
ſter zu der Tugend.

XIII.

Weil die Tugend die edelſte und vor-
theilhafftigſte unter allen Qualitaͤten iſt/ ſo
kan ſie billich den ehrl chſten Platz begeh-
ren/ derowegen ſiehet man ſie allezeit in der
Mitten; Die Beſcheidenheit traͤgt Sorge/
ihr einen Platz zu beſtimmen/ und ſtellet die
Sachen ſo wohl an/ daß nichts zu viel ge-
ſchicht/ und auch nichts an der Vollkom-
menheit ermangele.

XIV.

Das Laſter laͤgert ſich allezeit zu der Tu-
gend/ darum muß man ſich nicht verwunde-
ren/ daß man offt das Laſter findet/ indeme

man
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[60[50]/0061] ſtirte man/ wie gemeiniglich geſchicht/ ich wolte gern/ aber es iſt nicht in meinem Ver- moͤgen/ dieſer Unordnung zu entgehen/ noch mich ſolches Laſters zu entſchlagen. XII. Die Erde iſt ſo weit vom Himmel entfer- net/ als der Himmel von der Erden/ es iſt ei- ne gleiche Weite von einem ſzum andern/ und man kan keine Ungleichheit vermercken/ als zwiſchen der Tugend und den Laſtern. In Warheit/ es iſt ein kuͤrtzerer Weg von der Tugend zu dem Laſter/ als von dem La- ſter zu der Tugend. XIII. Weil die Tugend die edelſte und vor- theilhafftigſte unter allen Qualitaͤten iſt/ ſo kan ſie billich den ehrl chſten Platz begeh- ren/ derowegen ſiehet man ſie allezeit in der Mitten; Die Beſcheidenheit traͤgt Sorge/ ihr einen Platz zu beſtimmen/ und ſtellet die Sachen ſo wohl an/ daß nichts zu viel ge- ſchicht/ und auch nichts an der Vollkom- menheit ermangele. XIV. Das Laſter laͤgert ſich allezeit zu der Tu- gend/ darum muß man ſich nicht verwunde- ren/ daß man offt das Laſter findet/ indeme man

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 60[50]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/61>, abgerufen am 21.11.2024.