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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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wird/ nicht wird gehasset werden/ weil er
ihr Richter nicht gewesen ist.

XXX.

Ein Fürst soll allezeit ein Ohr zurücke be-
halten vor die Gründe desjenigen/ welcher
als ein Missethäter ist angeklaget worden.
Er soll die Warheit mit Gedult erwarten/
dann dieselbe komt erst mit der Zeit an den
Tag. Es kostet nicht viel/ die Vollziehung
eines Urtheils aufzuschieben/ weil man den
Schuldigen allezeit straffen kan; Aber
wann das Urtheil vollzogen ist/ so ist nicht
mehr zu helffen. Es ist bißweilen gar gut/
sich anders zu stellen/ und ich wolte lieber
rahten/ daß ein Oberherr sich bereden liesse/
als daß er seinen Verstand gar zu viel
traue. Derowegen soll er sich gewehnen
großmüthiglich zu verzeihen/ und bißweilen
eine Lust haben/ dasjenige nicht zu wissen/
welches er nicht hätte verbergen sollen oder
können.

XXXI.

Eine Aufruhr kan offtmahls mehr in ei-
ner Herrschafft schaden/ als ein grosser
Krieg. Die Aufruhr ist nicht eine solche
Kranckheit/ deren man im Anfang nicht
gleich nicht helffen könte/ aber sie wird un-

heil-

wird/ nicht wird gehaſſet werden/ weil er
ihr Richter nicht geweſen iſt.

XXX.

Ein Fuͤrſt ſoll allezeit ein Ohr zuruͤcke be-
halten vor die Gruͤnde desjenigen/ welcher
als ein Miſſethaͤter iſt angeklaget worden.
Er ſoll die Warheit mit Gedult erwarten/
dann dieſelbe komt erſt mit der Zeit an den
Tag. Es koſtet nicht viel/ die Vollziehung
eines Urtheils aufzuſchieben/ weil man den
Schuldigen allezeit ſtraffen kan; Aber
wann das Urtheil vollzogen iſt/ ſo iſt nicht
mehr zu helffen. Es iſt bißweilen gar gut/
ſich anders zu ſtellen/ und ich wolte lieber
rahten/ daß ein Oberherr ſich bereden lieſſe/
als daß er ſeinen Verſtand gar zu viel
traue. Derowegen ſoll er ſich gewehnen
großmuͤthiglich zu verzeihen/ und bißweilen
eine Luſt haben/ dasjenige nicht zu wiſſen/
welches er nicht haͤtte verbergen ſollen oder
koͤnnen.

XXXI.

Eine Aufruhr kan offtmahls mehr in ei-
ner Herrſchafft ſchaden/ als ein groſſer
Krieg. Die Aufruhr iſt nicht eine ſolche
Kranckheit/ deren man im Anfang nicht
gleich nicht helffen koͤnte/ aber ſie wird un-

heil-
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[180[170]/0181] wird/ nicht wird gehaſſet werden/ weil er ihr Richter nicht geweſen iſt. XXX. Ein Fuͤrſt ſoll allezeit ein Ohr zuruͤcke be- halten vor die Gruͤnde desjenigen/ welcher als ein Miſſethaͤter iſt angeklaget worden. Er ſoll die Warheit mit Gedult erwarten/ dann dieſelbe komt erſt mit der Zeit an den Tag. Es koſtet nicht viel/ die Vollziehung eines Urtheils aufzuſchieben/ weil man den Schuldigen allezeit ſtraffen kan; Aber wann das Urtheil vollzogen iſt/ ſo iſt nicht mehr zu helffen. Es iſt bißweilen gar gut/ ſich anders zu ſtellen/ und ich wolte lieber rahten/ daß ein Oberherr ſich bereden lieſſe/ als daß er ſeinen Verſtand gar zu viel traue. Derowegen ſoll er ſich gewehnen großmuͤthiglich zu verzeihen/ und bißweilen eine Luſt haben/ dasjenige nicht zu wiſſen/ welches er nicht haͤtte verbergen ſollen oder koͤnnen. XXXI. Eine Aufruhr kan offtmahls mehr in ei- ner Herrſchafft ſchaden/ als ein groſſer Krieg. Die Aufruhr iſt nicht eine ſolche Kranckheit/ deren man im Anfang nicht gleich nicht helffen koͤnte/ aber ſie wird un- heil-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 180[170]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/181>, abgerufen am 21.11.2024.