Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

er hat das Recht/ daß er sich mag einen Kö-
nig über alle seine Begierden nennen.
Was ist regieren/ als einer solchen Macht
geniessen/ die niemand unterworffen ist?
Und wo meynest du/ daß sie sich befinde?
Frage den berühmten Chrysippum, der
wird dir antworten/ daß diese allgewaltige
Authorität nur in den Persohnen sitze/ die
mit einer vollkommenen Weißheit begabet
sind.

LXXXIV.

Die Gedult schlägt die Unbillichkeit
wunderbarlich zurück/ und die Liebe macht/
daß man niemands beleydige. Wann du
eine solche Seele hast/ daß du in dieser Welt
nichts achtest/ als die lautere Tugend/ so
wirstu den Schimpff und Unbillichkeit nicht
so sehr empfinden/ und die verdrießliche Zu-
fälle werden deine Standhafftigkeit nicht
zerschüttern/ und du wirst sie nicht mehr an-
sehen als ein Ubel. Laß dichs nicht verdrief-
sen/ daß ein anderer übel von dir redet. In
Summa/ wann du recht weise bist/ so wir-
stu dich nimmermehr bekümmern/ als wann
du dich einer Sünde theilhafftig befindest.

LXXXV.

Bemühe dich nicht/ jederman zu gefallen/

be-

er hat das Recht/ daß er ſich mag einen Koͤ-
nig uͤber alle ſeine Begierden nennen.
Was iſt regieren/ als einer ſolchen Macht
genieſſen/ die niemand unterworffen iſt?
Und wo meyneſt du/ daß ſie ſich befinde?
Frage den beruͤhmten Chryſippum, der
wird dir antworten/ daß dieſe allgewaltige
Authoritaͤt nur in den Perſohnen ſitze/ die
mit einer vollkommenen Weißheit begabet
ſind.

LXXXIV.

Die Gedult ſchlaͤgt die Unbillichkeit
wunderbarlich zuruͤck/ und die Liebe macht/
daß man niemands beleydige. Wann du
eine ſolche Seele haſt/ daß du in dieſer Welt
nichts achteſt/ als die lautere Tugend/ ſo
wirſtu den Schimpff und Unbillichkeit nicht
ſo ſehr empfinden/ und die verdrießliche Zu-
faͤlle werden deine Standhafftigkeit nicht
zerſchuͤttern/ und du wirſt ſie nicht mehr an-
ſehen als ein Ubel. Laß dichs nicht verdrief-
ſen/ daß ein anderer uͤbel von dir redet. In
Summa/ wann du recht weiſe biſt/ ſo wir-
ſtu dich nimmermehr bekuͤmmern/ als wann
du dich einer Suͤnde theilhafftig befindeſt.

LXXXV.

Bemuͤhe dich nicht/ jederman zu gefallen/

be-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0149" n="148[138]"/>
er hat das Recht/ daß er &#x017F;ich mag einen Ko&#x0364;-<lb/>
nig u&#x0364;ber alle &#x017F;eine Begierden nennen.<lb/>
Was i&#x017F;t regieren/ als einer &#x017F;olchen Macht<lb/>
genie&#x017F;&#x017F;en/ die niemand unterworffen i&#x017F;t?<lb/>
Und wo meyne&#x017F;t du/ daß &#x017F;ie &#x017F;ich befinde?<lb/>
Frage den beru&#x0364;hmten <hi rendition="#aq">Chry&#x017F;ippum,</hi> der<lb/>
wird dir antworten/ daß die&#x017F;e allgewaltige<lb/><hi rendition="#aq">Authori</hi>ta&#x0364;t nur in den Per&#x017F;ohnen &#x017F;itze/ die<lb/>
mit einer vollkommenen Weißheit begabet<lb/>
&#x017F;ind.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">LXXXIV.</hi> </head><lb/>
          <p>Die Gedult &#x017F;chla&#x0364;gt die Unbillichkeit<lb/>
wunderbarlich zuru&#x0364;ck/ und die Liebe macht/<lb/>
daß man niemands beleydige. Wann du<lb/>
eine &#x017F;olche Seele ha&#x017F;t/ daß du in die&#x017F;er Welt<lb/>
nichts achte&#x017F;t/ als die lautere Tugend/ &#x017F;o<lb/>
wir&#x017F;tu den Schimpff und Unbillichkeit nicht<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr empfinden/ und die verdrießliche Zu-<lb/>
fa&#x0364;lle werden deine Standhafftigkeit nicht<lb/>
zer&#x017F;chu&#x0364;ttern/ und du wir&#x017F;t &#x017F;ie nicht mehr an-<lb/>
&#x017F;ehen als ein Ubel. Laß dichs nicht verdrief-<lb/>
&#x017F;en/ daß ein anderer u&#x0364;bel von dir redet. In<lb/>
Summa/ wann du recht wei&#x017F;e bi&#x017F;t/ &#x017F;o wir-<lb/>
&#x017F;tu dich nimmermehr beku&#x0364;mmern/ als wann<lb/>
du dich einer Su&#x0364;nde theilhafftig befinde&#x017F;t.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">LXXXV.</hi> </head><lb/>
          <p>Bemu&#x0364;he dich nicht/ jederman zu gefallen/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">be-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[148[138]/0149] er hat das Recht/ daß er ſich mag einen Koͤ- nig uͤber alle ſeine Begierden nennen. Was iſt regieren/ als einer ſolchen Macht genieſſen/ die niemand unterworffen iſt? Und wo meyneſt du/ daß ſie ſich befinde? Frage den beruͤhmten Chryſippum, der wird dir antworten/ daß dieſe allgewaltige Authoritaͤt nur in den Perſohnen ſitze/ die mit einer vollkommenen Weißheit begabet ſind. LXXXIV. Die Gedult ſchlaͤgt die Unbillichkeit wunderbarlich zuruͤck/ und die Liebe macht/ daß man niemands beleydige. Wann du eine ſolche Seele haſt/ daß du in dieſer Welt nichts achteſt/ als die lautere Tugend/ ſo wirſtu den Schimpff und Unbillichkeit nicht ſo ſehr empfinden/ und die verdrießliche Zu- faͤlle werden deine Standhafftigkeit nicht zerſchuͤttern/ und du wirſt ſie nicht mehr an- ſehen als ein Ubel. Laß dichs nicht verdrief- ſen/ daß ein anderer uͤbel von dir redet. In Summa/ wann du recht weiſe biſt/ ſo wir- ſtu dich nimmermehr bekuͤmmern/ als wann du dich einer Suͤnde theilhafftig befindeſt. LXXXV. Bemuͤhe dich nicht/ jederman zu gefallen/ be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/149
Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 148[138]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/149>, abgerufen am 21.12.2024.