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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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Lauff thun sollen. In Summa/ der Todt
ist die billichste Regel des menschlichen Le-
bens/ und thut ihnen mehr gutes/ als sie ih-
nen einbilden.

XCVI.

Bilde dir nicht ein/ daß du schlechthin
auffhörest zu leben/ wann du stirbest/ ich sa-
ge/ daß du alsdann auffhörest zu sterben.
Zwar du hast angefangen zu leben/ von dem
ersten Tage an/ da du in die Welt kommen
bist/ aber von demselben Tage an hastu an-
gefangen zu sterben: Du bist in das Leben
und zu dem Tode eingegangen; Das Liecht/
welches dein Leben erklähret/ ist dem Liecht
gleich/ was dasselbe unterhält/ von demjeni-
gen wird es auch verzehret.

XCVII.

Sage mir/ was ist der Mensch gewesen/
ehe er gebohren war? Nichts: Dieses nun
ist die letzte und verdrießlichste Nothwen-
digkeit. Und wer ist derjenige/ der kurtz zu-
vor nichts war/ und der auch/ nachdem er
sein Wesen empfangen/ schier nichts ist?
Und der in kurtzer Zeit zu Aschen und Staub
werden wird? Man muß gesiehen/ daß alle
Sachen/ wann man sie in sich selbst betrach-
tet höchlich zuverachten sind. Nur allein

die

Lauff thun ſollen. In Summa/ der Todt
iſt die billichſte Regel des menſchlichen Le-
bens/ und thut ihnen mehr gutes/ als ſie ih-
nen einbilden.

XCVI.

Bilde dir nicht ein/ daß du ſchlechthin
auffhoͤreſt zu leben/ wann du ſtirbeſt/ ich ſa-
ge/ daß du alsdann auffhoͤreſt zu ſterben.
Zwar du haſt angefangen zu leben/ von dem
erſten Tage an/ da du in die Welt kommen
biſt/ aber von demſelben Tage an haſtu an-
gefangen zu ſterben: Du biſt in das Leben
und zu dem Tode eingegangen; Das Liecht/
welches dein Leben erklaͤhret/ iſt dem Liecht
gleich/ was daſſelbe unterhaͤlt/ von demjeni-
gen wird es auch verzehret.

XCVII.

Sage mir/ was iſt der Menſch geweſen/
ehe er gebohren war? Nichts: Dieſes nun
iſt die letzte und verdrießlichſte Nothwen-
digkeit. Und wer iſt derjenige/ der kurtz zu-
vor nichts war/ und der auch/ nachdem er
ſein Weſen empfangen/ ſchier nichts iſt?
Und der in kurtzer Zeit zu Aſchen und Staub
werden wird? Man muß geſiehen/ daß alle
Sachen/ wann man ſie in ſich ſelbſt betrach-
tet hoͤchlich zuverachten ſind. Nur allein

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[103[93]/0104] Lauff thun ſollen. In Summa/ der Todt iſt die billichſte Regel des menſchlichen Le- bens/ und thut ihnen mehr gutes/ als ſie ih- nen einbilden. XCVI. Bilde dir nicht ein/ daß du ſchlechthin auffhoͤreſt zu leben/ wann du ſtirbeſt/ ich ſa- ge/ daß du alsdann auffhoͤreſt zu ſterben. Zwar du haſt angefangen zu leben/ von dem erſten Tage an/ da du in die Welt kommen biſt/ aber von demſelben Tage an haſtu an- gefangen zu ſterben: Du biſt in das Leben und zu dem Tode eingegangen; Das Liecht/ welches dein Leben erklaͤhret/ iſt dem Liecht gleich/ was daſſelbe unterhaͤlt/ von demjeni- gen wird es auch verzehret. XCVII. Sage mir/ was iſt der Menſch geweſen/ ehe er gebohren war? Nichts: Dieſes nun iſt die letzte und verdrießlichſte Nothwen- digkeit. Und wer iſt derjenige/ der kurtz zu- vor nichts war/ und der auch/ nachdem er ſein Weſen empfangen/ ſchier nichts iſt? Und der in kurtzer Zeit zu Aſchen und Staub werden wird? Man muß geſiehen/ daß alle Sachen/ wann man ſie in ſich ſelbſt betrach- tet hoͤchlich zuverachten ſind. Nur allein die

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 103[93]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/104>, abgerufen am 21.11.2024.