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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Zweytes Buch. Zweytes Hauptstück.
b) Daß z. B. Frankreich den durch einen Neben- und Separat-
Artikel des Utrechter Friedens dem Könige von Preußen aner-
kannten Majestäts-Titel, auch in nachfolgenden, selbst über
den Utrechter Frieden entstehenden Kriegen nicht verweigern
würde, war voraus zu sehn, ob aber darum mit Mosern be-
hauptet werden könne, daß es dieß nicht dürfe, scheint mir
zweifelhaft s. dessen Abhandlung von Verbindlichkeit der Frie-
densschlüsse bey entstehendem neuen Krieg
in s. vermischten
Abhandlungen
Th. I. n. 1. S. 24.
§. 53.
Bündnisse sind entweder persönliche oder reelle.

Man theilt die Bündnisse auf eine zwiefache Weise
in persönliche und reelle ein 1) in Ansehung des Gegen-
standes nennt man persönliche die zum Besten des Regen-
ten und seiner Familie a), reelle die zum unmittelbaren
Besten des Staats eingegangen werden; insonderheit aber
2) in Ansehung der Dauer nennt man persönliche diejeni-
gen, welche die Contrahenten für ihre oder ihrer Familie
Lebenszeit, reelle aber welche sie unabhängig von deren Le-
ben für den Staat eingegangen haben. Die mehresten
Bündnisse welche in der einen Rücksicht persönlich sind,
sind es auch in der andern.

Alle Bündnisse der Republiken unter einander sind
reel. Alle ausdrücklich für eine bestimmte Zeit oder auf
ewig eingegangene Verträge sind es ebenfalls. Bey Bünd-
nissen monarchischer Staaten unter einander, oder mit
Republiken, in welchen die Dauer derselben nicht festge-
setzt worden, muß auf die Worte des Vertrags, auf die
Umstände und auf die Verfassung der schließenden Staa-
ten Rücksicht genommen werden b). Jetzt pflegt man sich
hierüber so deutlich zu erklären, daß fast nur noch in An-
sehung älterer Verträge hierüber Streit entstehn kann.

a) Wiefern der Regent solche Verträge eingehn dürfe, ist aus
Grundsätzen des allgemeinen oder positiven Staatsrechts zu
beurtheilen.
b) Grotius L. II. cap. 16. §. 16. Vattel L. II. chap. 12. §. 190.

§. 54.
Zweytes Buch. Zweytes Hauptſtuͤck.
b) Daß z. B. Frankreich den durch einen Neben- und Separat-
Artikel des Utrechter Friedens dem Koͤnige von Preußen aner-
kannten Majeſtaͤts-Titel, auch in nachfolgenden, ſelbſt uͤber
den Utrechter Frieden entſtehenden Kriegen nicht verweigern
wuͤrde, war voraus zu ſehn, ob aber darum mit Moſern be-
hauptet werden koͤnne, daß es dieß nicht duͤrfe, ſcheint mir
zweifelhaft ſ. deſſen Abhandlung von Verbindlichkeit der Frie-
densſchluͤſſe bey entſtehendem neuen Krieg
in ſ. vermiſchten
Abhandlungen
Th. I. n. 1. S. 24.
§. 53.
Buͤndniſſe ſind entweder perſoͤnliche oder reelle.

Man theilt die Buͤndniſſe auf eine zwiefache Weiſe
in perſoͤnliche und reelle ein 1) in Anſehung des Gegen-
ſtandes nennt man perſoͤnliche die zum Beſten des Regen-
ten und ſeiner Familie a), reelle die zum unmittelbaren
Beſten des Staats eingegangen werden; inſonderheit aber
2) in Anſehung der Dauer nennt man perſoͤnliche diejeni-
gen, welche die Contrahenten fuͤr ihre oder ihrer Familie
Lebenszeit, reelle aber welche ſie unabhaͤngig von deren Le-
ben fuͤr den Staat eingegangen haben. Die mehreſten
Buͤndniſſe welche in der einen Ruͤckſicht perſoͤnlich ſind,
ſind es auch in der andern.

Alle Buͤndniſſe der Republiken unter einander ſind
reel. Alle ausdruͤcklich fuͤr eine beſtimmte Zeit oder auf
ewig eingegangene Vertraͤge ſind es ebenfalls. Bey Buͤnd-
niſſen monarchiſcher Staaten unter einander, oder mit
Republiken, in welchen die Dauer derſelben nicht feſtge-
ſetzt worden, muß auf die Worte des Vertrags, auf die
Umſtaͤnde und auf die Verfaſſung der ſchließenden Staa-
ten Ruͤckſicht genommen werden b). Jetzt pflegt man ſich
hieruͤber ſo deutlich zu erklaͤren, daß faſt nur noch in An-
ſehung aͤlterer Vertraͤge hieruͤber Streit entſtehn kann.

a) Wiefern der Regent ſolche Vertraͤge eingehn duͤrfe, iſt aus
Grundſaͤtzen des allgemeinen oder poſitiven Staatsrechts zu
beurtheilen.
b) Grotius L. II. cap. 16. §. 16. Vattel L. II. chap. 12. §. 190.

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[64/0092] Zweytes Buch. Zweytes Hauptſtuͤck. b⁾ Daß z. B. Frankreich den durch einen Neben- und Separat- Artikel des Utrechter Friedens dem Koͤnige von Preußen aner- kannten Majeſtaͤts-Titel, auch in nachfolgenden, ſelbſt uͤber den Utrechter Frieden entſtehenden Kriegen nicht verweigern wuͤrde, war voraus zu ſehn, ob aber darum mit Moſern be- hauptet werden koͤnne, daß es dieß nicht duͤrfe, ſcheint mir zweifelhaft ſ. deſſen Abhandlung von Verbindlichkeit der Frie- densſchluͤſſe bey entſtehendem neuen Krieg in ſ. vermiſchten Abhandlungen Th. I. n. 1. S. 24. §. 53. Buͤndniſſe ſind entweder perſoͤnliche oder reelle. Man theilt die Buͤndniſſe auf eine zwiefache Weiſe in perſoͤnliche und reelle ein 1) in Anſehung des Gegen- ſtandes nennt man perſoͤnliche die zum Beſten des Regen- ten und ſeiner Familie a), reelle die zum unmittelbaren Beſten des Staats eingegangen werden; inſonderheit aber 2) in Anſehung der Dauer nennt man perſoͤnliche diejeni- gen, welche die Contrahenten fuͤr ihre oder ihrer Familie Lebenszeit, reelle aber welche ſie unabhaͤngig von deren Le- ben fuͤr den Staat eingegangen haben. Die mehreſten Buͤndniſſe welche in der einen Ruͤckſicht perſoͤnlich ſind, ſind es auch in der andern. Alle Buͤndniſſe der Republiken unter einander ſind reel. Alle ausdruͤcklich fuͤr eine beſtimmte Zeit oder auf ewig eingegangene Vertraͤge ſind es ebenfalls. Bey Buͤnd- niſſen monarchiſcher Staaten unter einander, oder mit Republiken, in welchen die Dauer derſelben nicht feſtge- ſetzt worden, muß auf die Worte des Vertrags, auf die Umſtaͤnde und auf die Verfaſſung der ſchließenden Staa- ten Ruͤckſicht genommen werden b). Jetzt pflegt man ſich hieruͤber ſo deutlich zu erklaͤren, daß faſt nur noch in An- ſehung aͤlterer Vertraͤge hieruͤber Streit entſtehn kann. a⁾ Wiefern der Regent ſolche Vertraͤge eingehn duͤrfe, iſt aus Grundſaͤtzen des allgemeinen oder poſitiven Staatsrechts zu beurtheilen. b⁾ Grotius L. II. cap. 16. §. 16. Vattel L. II. chap. 12. §. 190. §. 54.

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/92>, abgerufen am 03.12.2024.