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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Von Verträgen.
kann sie verpflichten; Oesterreich konnte daher in dem Worm-
ser Tractat 1743 das schon an Genua veräußerte Marquisat Fi-
nale nicht verbindlich dem Könige von Sardinien versprechen.
Aber die Entschädigung die er dafür im Aachener Frieden er-
hielt war gerecht, obwohl sehr unvollkommen s. Prelim. art.
VII. Def. art. XII.
b) Merkwürdig ist es wie Friedrich II. über diesen Punct in der
Einleitung zu seiner histoire de mon tems 1746 und anders 1775
seine Meinung geäußert hat, obwohl jene Trennung des Für-
sten von seinem Volk in beiden Stellen zum Grunde liegt, s.
C. de Hertzberg memoire historique sur la derniere annee de la
vie de Frederic II.
1787. 8. S. 33. u. f. Vergl. mit S. 41 u. f.
§. 47.
Wirkung der Verträge.

Aus einem gültig und verbindlich geschloßenen Ver-
trage entsteht für Völkern wie für Privatpersonen das voll-
kommene Recht des Contrahenten von dem Mitcontrahenten
die Erfüllung desselben zu fordern sofern, er seinerseits seiner
Verbindlichkeit Genüge geleistet hat. Gegen dritte Völker
hat der Staat das vollkommene Recht zu fordern, daß diese
ihn an den Genuß dieser Vertragsrechte nicht stöhren, folg-
lich auch seinen Mitcontrahenden an Erfüllung des Ver-
trags nicht hindern.

§. 48.
Bedingungen Zeit.

Auch Staatsverträge können entweder unbedingt oder
bedingt geschloßen werden, und die Bedingung entweder
resolutiv oder suspensiv, entweder dem Vertrag ausdrücklich
oder stillschweigend a) hinzugekommen seyn. Sie können
ebenmäßig mit Hinzufügung einer Zeitbestimmung oder
ohne dieselbe eingegangen werden, und die bestimmte Zeit
entweder den Anfang (pactum ex die) oder das Ende der
Erfüllung (pactum in diem) bezeichnen. Da aber hierin
weder das allgemeine noch das hergebrachte Völkerrecht von
dem Naturrecht erheblich abweicht, so ist es genug diese
Puncte hier zu berühren.


a) Sa
Von Vertraͤgen.
kann ſie verpflichten; Oeſterreich konnte daher in dem Worm-
ſer Tractat 1743 das ſchon an Genua veraͤußerte Marquiſat Fi-
nale nicht verbindlich dem Koͤnige von Sardinien verſprechen.
Aber die Entſchaͤdigung die er dafuͤr im Aachener Frieden er-
hielt war gerecht, obwohl ſehr unvollkommen ſ. Prelim. art.
VII. Def. art. XII.
b) Merkwuͤrdig iſt es wie Friedrich II. uͤber dieſen Punct in der
Einleitung zu ſeiner hiſtoire de mon tems 1746 und anders 1775
ſeine Meinung geaͤußert hat, obwohl jene Trennung des Fuͤr-
ſten von ſeinem Volk in beiden Stellen zum Grunde liegt, ſ.
C. de Hertzberg memoire hiſtorique ſur la derniere année de la
vie de Frederic II.
1787. 8. S. 33. u. f. Vergl. mit S. 41 u. f.
§. 47.
Wirkung der Vertraͤge.

Aus einem guͤltig und verbindlich geſchloßenen Ver-
trage entſteht fuͤr Voͤlkern wie fuͤr Privatperſonen das voll-
kommene Recht des Contrahenten von dem Mitcontrahenten
die Erfuͤllung deſſelben zu fordern ſofern, er ſeinerſeits ſeiner
Verbindlichkeit Genuͤge geleiſtet hat. Gegen dritte Voͤlker
hat der Staat das vollkommene Recht zu fordern, daß dieſe
ihn an den Genuß dieſer Vertragsrechte nicht ſtoͤhren, folg-
lich auch ſeinen Mitcontrahenden an Erfuͤllung des Ver-
trags nicht hindern.

§. 48.
Bedingungen Zeit.

Auch Staatsvertraͤge koͤnnen entweder unbedingt oder
bedingt geſchloßen werden, und die Bedingung entweder
reſolutiv oder ſuſpenſiv, entweder dem Vertrag ausdruͤcklich
oder ſtillſchweigend a) hinzugekommen ſeyn. Sie koͤnnen
ebenmaͤßig mit Hinzufuͤgung einer Zeitbeſtimmung oder
ohne dieſelbe eingegangen werden, und die beſtimmte Zeit
entweder den Anfang (pactum ex die) oder das Ende der
Erfuͤllung (pactum in diem) bezeichnen. Da aber hierin
weder das allgemeine noch das hergebrachte Voͤlkerrecht von
dem Naturrecht erheblich abweicht, ſo iſt es genug dieſe
Puncte hier zu beruͤhren.


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[59/0087] Von Vertraͤgen. a⁾ kann ſie verpflichten; Oeſterreich konnte daher in dem Worm- ſer Tractat 1743 das ſchon an Genua veraͤußerte Marquiſat Fi- nale nicht verbindlich dem Koͤnige von Sardinien verſprechen. Aber die Entſchaͤdigung die er dafuͤr im Aachener Frieden er- hielt war gerecht, obwohl ſehr unvollkommen ſ. Prelim. art. VII. Def. art. XII. b⁾ Merkwuͤrdig iſt es wie Friedrich II. uͤber dieſen Punct in der Einleitung zu ſeiner hiſtoire de mon tems 1746 und anders 1775 ſeine Meinung geaͤußert hat, obwohl jene Trennung des Fuͤr- ſten von ſeinem Volk in beiden Stellen zum Grunde liegt, ſ. C. de Hertzberg memoire hiſtorique ſur la derniere année de la vie de Frederic II. 1787. 8. S. 33. u. f. Vergl. mit S. 41 u. f. §. 47. Wirkung der Vertraͤge. Aus einem guͤltig und verbindlich geſchloßenen Ver- trage entſteht fuͤr Voͤlkern wie fuͤr Privatperſonen das voll- kommene Recht des Contrahenten von dem Mitcontrahenten die Erfuͤllung deſſelben zu fordern ſofern, er ſeinerſeits ſeiner Verbindlichkeit Genuͤge geleiſtet hat. Gegen dritte Voͤlker hat der Staat das vollkommene Recht zu fordern, daß dieſe ihn an den Genuß dieſer Vertragsrechte nicht ſtoͤhren, folg- lich auch ſeinen Mitcontrahenden an Erfuͤllung des Ver- trags nicht hindern. §. 48. Bedingungen Zeit. Auch Staatsvertraͤge koͤnnen entweder unbedingt oder bedingt geſchloßen werden, und die Bedingung entweder reſolutiv oder ſuſpenſiv, entweder dem Vertrag ausdruͤcklich oder ſtillſchweigend a) hinzugekommen ſeyn. Sie koͤnnen ebenmaͤßig mit Hinzufuͤgung einer Zeitbeſtimmung oder ohne dieſelbe eingegangen werden, und die beſtimmte Zeit entweder den Anfang (pactum ex die) oder das Ende der Erfuͤllung (pactum in diem) bezeichnen. Da aber hierin weder das allgemeine noch das hergebrachte Voͤlkerrecht von dem Naturrecht erheblich abweicht, ſo iſt es genug dieſe Puncte hier zu beruͤhren. a) Sa

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/87>, abgerufen am 21.11.2024.