Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Von der Wiederherstellung des Friedens.
b) Auch von einer Garantie der Hauptcontrahenten unter einander
ist zuweilen in Friedensschlüssen die Rede. Die gegenseitige Ga-
rantie der Besitzungen ist zwar ganz anderer Art und kann nur
mittelbar auch auf die Festhaltung des Friedens Einfluß haben.
Sie hat die Natur einer allgemeinen und unbestimmten Defensiv-
Allianz. Wenn aber der Friede zwischen mehr als zwey Haupt-
contrahenten eingegangen wird, so können diese einander auch
den Frieden und dessen Beobachtung in Hinsicht der übrigen ga-
rantiren, wovon nicht nur der Westphälische Friede, sondern auch
der Aachner Friede art. 23. der Pariser Friede 1763. art. 26. Bey-
spiele liefern. S. jedoch Ehrhard prolusio de sponsoribus iuris gen-
tium
. Lips.
1787. 4.
c) Daher kann z. B. die russische Garantie des Teschner Friedens
nur dann Anwendung finden, wenn über diesen Frieden zwischen
den Hauptcontrahenten desselben Streit entsteht.
§. 333.
Vollziehung des Friedens.

Wenn der Friedensschluß unterzeichnet, von den Sou-
verainen in eigenhändig unterzeichneten Urkunden ratificirt,
und die Ratificationen ausgewechselt worden, so bleibt nur noch
der leichte Punct der Bekanntmachung, und der schwere der
Vollziehung desselben übrig. Jene pflegt mit Feyerlichkeit
theils an der Spitze der Armeen, theils in der Residenz und
andren Orten zu geschehn. Die Vollziehung des Friedens
leidet dann am mehresten Schwierigkeit, wenn es auf die
Abtretung solcher Provinzen und Gerechtsame ankommt, in
deren Besitz der Erwerber sich noch nicht befindet; auch die
Räumung der vormals feindlichen Provinzen hat schon oft
Anstand veranlasset; sie kann nur stuffenweise von beiden
Seiten begehret werden. Oft giebt dieß noch Veranlassung
zu eigenen Friedensexecutions-Congressen und Executions-
Recessen a); glücklich wenn mindestens auf diese Weise der
Saame zu künftigen neuen Kriegen unterdrückt werden kann.

a) Moser Versuch B. X. Th. I. S. 491 u. f.



Neuntes
A a 4
Von der Wiederherſtellung des Friedens.
b) Auch von einer Garantie der Hauptcontrahenten unter einander
iſt zuweilen in Friedensſchluͤſſen die Rede. Die gegenſeitige Ga-
rantie der Beſitzungen iſt zwar ganz anderer Art und kann nur
mittelbar auch auf die Feſthaltung des Friedens Einfluß haben.
Sie hat die Natur einer allgemeinen und unbeſtimmten Defenſiv-
Allianz. Wenn aber der Friede zwiſchen mehr als zwey Haupt-
contrahenten eingegangen wird, ſo koͤnnen dieſe einander auch
den Frieden und deſſen Beobachtung in Hinſicht der uͤbrigen ga-
rantiren, wovon nicht nur der Weſtphaͤliſche Friede, ſondern auch
der Aachner Friede art. 23. der Pariſer Friede 1763. art. 26. Bey-
ſpiele liefern. S. jedoch Ehrhard proluſio de ſponſoribus iuris gen-
tium
. Lipſ.
1787. 4.
c) Daher kann z. B. die ruſſiſche Garantie des Teſchner Friedens
nur dann Anwendung finden, wenn uͤber dieſen Frieden zwiſchen
den Hauptcontrahenten deſſelben Streit entſteht.
§. 333.
Vollziehung des Friedens.

Wenn der Friedensſchluß unterzeichnet, von den Sou-
verainen in eigenhaͤndig unterzeichneten Urkunden ratificirt,
und die Ratificationen ausgewechſelt worden, ſo bleibt nur noch
der leichte Punct der Bekanntmachung, und der ſchwere der
Vollziehung deſſelben uͤbrig. Jene pflegt mit Feyerlichkeit
theils an der Spitze der Armeen, theils in der Reſidenz und
andren Orten zu geſchehn. Die Vollziehung des Friedens
leidet dann am mehreſten Schwierigkeit, wenn es auf die
Abtretung ſolcher Provinzen und Gerechtſame ankommt, in
deren Beſitz der Erwerber ſich noch nicht befindet; auch die
Raͤumung der vormals feindlichen Provinzen hat ſchon oft
Anſtand veranlaſſet; ſie kann nur ſtuffenweiſe von beiden
Seiten begehret werden. Oft giebt dieß noch Veranlaſſung
zu eigenen Friedensexecutions-Congreſſen und Executions-
Receſſen a); gluͤcklich wenn mindeſtens auf dieſe Weiſe der
Saame zu kuͤnftigen neuen Kriegen unterdruͤckt werden kann.

a) Moſer Verſuch B. X. Th. I. S. 491 u. f.



Neuntes
A a 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0403" n="375"/>
            <fw place="top" type="header">Von der Wiederher&#x017F;tellung des Friedens.</fw><lb/>
            <note place="end" n="b)">Auch von einer Garantie der Hauptcontrahenten unter einander<lb/>
i&#x017F;t zuweilen in Friedens&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die Rede. Die gegen&#x017F;eitige Ga-<lb/>
rantie der Be&#x017F;itzungen i&#x017F;t zwar ganz anderer Art und kann nur<lb/>
mittelbar auch auf die Fe&#x017F;thaltung des Friedens Einfluß haben.<lb/>
Sie hat die Natur einer allgemeinen und unbe&#x017F;timmten Defen&#x017F;iv-<lb/>
Allianz. Wenn aber der Friede zwi&#x017F;chen mehr als zwey Haupt-<lb/>
contrahenten eingegangen wird, &#x017F;o ko&#x0364;nnen die&#x017F;e einander auch<lb/>
den Frieden und de&#x017F;&#x017F;en Beobachtung in Hin&#x017F;icht der u&#x0364;brigen ga-<lb/>
rantiren, wovon nicht nur der We&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;che Friede, &#x017F;ondern auch<lb/>
der Aachner Friede <hi rendition="#aq">art.</hi> 23. der Pari&#x017F;er Friede 1763. <hi rendition="#aq">art.</hi> 26. Bey-<lb/>
&#x017F;piele liefern. S. jedoch <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Ehrhard</hi><hi rendition="#i">prolu&#x017F;io de &#x017F;pon&#x017F;oribus iuris gen-<lb/>
tium</hi>. Lip&#x017F;.</hi> 1787. 4.</note><lb/>
            <note place="end" n="c)">Daher kann z. B. die ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Garantie des Te&#x017F;chner Friedens<lb/>
nur dann Anwendung finden, wenn u&#x0364;ber die&#x017F;en Frieden zwi&#x017F;chen<lb/>
den Hauptcontrahenten de&#x017F;&#x017F;elben Streit ent&#x017F;teht.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 333.<lb/><hi rendition="#fr">Vollziehung des Friedens.</hi></head><lb/>
            <p>Wenn der Friedens&#x017F;chluß unterzeichnet, von den Sou-<lb/>
verainen in eigenha&#x0364;ndig unterzeichneten Urkunden ratificirt,<lb/>
und die Ratificationen ausgewech&#x017F;elt worden, &#x017F;o bleibt nur noch<lb/>
der leichte Punct der Bekanntmachung, und der &#x017F;chwere der<lb/>
Vollziehung de&#x017F;&#x017F;elben u&#x0364;brig. Jene pflegt mit Feyerlichkeit<lb/>
theils an der Spitze der Armeen, theils in der Re&#x017F;idenz und<lb/>
andren Orten zu ge&#x017F;chehn. Die Vollziehung des Friedens<lb/>
leidet dann am mehre&#x017F;ten Schwierigkeit, wenn es auf die<lb/>
Abtretung &#x017F;olcher Provinzen und Gerecht&#x017F;ame ankommt, in<lb/>
deren Be&#x017F;itz der Erwerber &#x017F;ich noch nicht befindet; auch die<lb/>
Ra&#x0364;umung der vormals feindlichen Provinzen hat &#x017F;chon oft<lb/>
An&#x017F;tand veranla&#x017F;&#x017F;et; &#x017F;ie kann nur &#x017F;tuffenwei&#x017F;e von beiden<lb/>
Seiten begehret werden. Oft giebt dieß noch Veranla&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
zu eigenen Friedensexecutions-Congre&#x017F;&#x017F;en und Executions-<lb/>
Rece&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>); glu&#x0364;cklich wenn minde&#x017F;tens auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e der<lb/>
Saame zu ku&#x0364;nftigen neuen Kriegen unterdru&#x0364;ckt werden kann.</p><lb/>
            <note place="end" n="a)"><hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Mo&#x017F;er</hi> Ver&#x017F;uch</hi> B. <hi rendition="#aq">X.</hi> Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 491 u. f.</note>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <fw place="bottom" type="sig">A a 4</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Neuntes</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[375/0403] Von der Wiederherſtellung des Friedens. b⁾ Auch von einer Garantie der Hauptcontrahenten unter einander iſt zuweilen in Friedensſchluͤſſen die Rede. Die gegenſeitige Ga- rantie der Beſitzungen iſt zwar ganz anderer Art und kann nur mittelbar auch auf die Feſthaltung des Friedens Einfluß haben. Sie hat die Natur einer allgemeinen und unbeſtimmten Defenſiv- Allianz. Wenn aber der Friede zwiſchen mehr als zwey Haupt- contrahenten eingegangen wird, ſo koͤnnen dieſe einander auch den Frieden und deſſen Beobachtung in Hinſicht der uͤbrigen ga- rantiren, wovon nicht nur der Weſtphaͤliſche Friede, ſondern auch der Aachner Friede art. 23. der Pariſer Friede 1763. art. 26. Bey- ſpiele liefern. S. jedoch Ehrhard proluſio de ſponſoribus iuris gen- tium. Lipſ. 1787. 4. c⁾ Daher kann z. B. die ruſſiſche Garantie des Teſchner Friedens nur dann Anwendung finden, wenn uͤber dieſen Frieden zwiſchen den Hauptcontrahenten deſſelben Streit entſteht. §. 333. Vollziehung des Friedens. Wenn der Friedensſchluß unterzeichnet, von den Sou- verainen in eigenhaͤndig unterzeichneten Urkunden ratificirt, und die Ratificationen ausgewechſelt worden, ſo bleibt nur noch der leichte Punct der Bekanntmachung, und der ſchwere der Vollziehung deſſelben uͤbrig. Jene pflegt mit Feyerlichkeit theils an der Spitze der Armeen, theils in der Reſidenz und andren Orten zu geſchehn. Die Vollziehung des Friedens leidet dann am mehreſten Schwierigkeit, wenn es auf die Abtretung ſolcher Provinzen und Gerechtſame ankommt, in deren Beſitz der Erwerber ſich noch nicht befindet; auch die Raͤumung der vormals feindlichen Provinzen hat ſchon oft Anſtand veranlaſſet; ſie kann nur ſtuffenweiſe von beiden Seiten begehret werden. Oft giebt dieß noch Veranlaſſung zu eigenen Friedensexecutions-Congreſſen und Executions- Receſſen a); gluͤcklich wenn mindeſtens auf dieſe Weiſe der Saame zu kuͤnftigen neuen Kriegen unterdruͤckt werden kann. a⁾ Moſer Verſuch B. X. Th. I. S. 491 u. f. Neuntes A a 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/403
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/403>, abgerufen am 21.11.2024.