Dieses System der bewaffneten Neutralität beruhet auf folgende Grundsätze: 1) daß feindliches Gut, nur mit Ausnahme der Contrebande, auf neutralen Schiffen frey sey. 2) Daß, wo Verträge vorhanden, nur diejenigen Waaren für Contrebande zu achten die in diesen Verträgen dafür er- kläret worden. 3) Daß neutralen Schiffen die freye Schiffart nach den Häfen und Küsten der kriegführenden Mächte offen stehe. 4) Daß nur derjenige Ort für blockirt zu achten, den eine kriegführende Macht mit ihren in der Nähe gela- gerten Schiffen dergestalt umgiebt, daß man ohne augen- scheinliche Gefahr in denselben nicht einlaufen könne. 5) Daß nach diesen Grundsätzen über die Rechtmäßigkeit der gemach- ten Prisen zu erkennen sey a).
a) S. d. schon angeführte Memoire de la Cour de Russie aux Cours de Versailles de Madrid et de Londres du M. d. Mars 1780.Hen- nings Sammlung Th. II. S. 408. m. Recueil T. II. p. 74.
§. 321. Schicksale dieses Systems.
Da nun die mehresten damals neutralen Mächte diesem System in ihren Beytritts-Urkunden und Verträgen, theils mit Rußland theils unter einander a), mittelbar oder un- mittelbar, nur mit den besondren Modificationen beytraten, die ans der Verschiedenheit ihrer Verträge mit einzelnen der kriegführenden Mächte nothwendig erwachsen müssen b), und unter den kriegführenden Frankreich und Spanien sich beyfällig erklärten c), so sahe Großbritannien d), obwohl es diesen Grundsätzen bis auf den heutigen Tag nicht bey- getreten ist, sich durch Vereinigung so vieler Mächte veran- lasset, denselben gemäß sich zu betragen e). Und wie schon bey dem ersten Ursprunge dieses Systems die erklärte Absicht zum Grunde lag f), es auch in künftigen Kriegen zur Basis anzunehmen, auch seit dieser Zeit viele der geschlos-
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Von der Neutralitaͤt.
§. 320. Grundſaͤtze dieſes Syſtems.
Dieſes Syſtem der bewaffneten Neutralitaͤt beruhet auf folgende Grundſaͤtze: 1) daß feindliches Gut, nur mit Ausnahme der Contrebande, auf neutralen Schiffen frey ſey. 2) Daß, wo Vertraͤge vorhanden, nur diejenigen Waaren fuͤr Contrebande zu achten die in dieſen Vertraͤgen dafuͤr er- klaͤret worden. 3) Daß neutralen Schiffen die freye Schiffart nach den Haͤfen und Kuͤſten der kriegfuͤhrenden Maͤchte offen ſtehe. 4) Daß nur derjenige Ort fuͤr blockirt zu achten, den eine kriegfuͤhrende Macht mit ihren in der Naͤhe gela- gerten Schiffen dergeſtalt umgiebt, daß man ohne augen- ſcheinliche Gefahr in denſelben nicht einlaufen koͤnne. 5) Daß nach dieſen Grundſaͤtzen uͤber die Rechtmaͤßigkeit der gemach- ten Priſen zu erkennen ſey a).
a) S. d. ſchon angefuͤhrte Memoire de la Cour de Ruſſie aux Cours de Verſailles de Madrid et de Londres du M. d. Mars 1780.Hen- nings Sammlung Th. II. S. 408. m. Recueil T. II. p. 74.
§. 321. Schickſale dieſes Syſtems.
Da nun die mehreſten damals neutralen Maͤchte dieſem Syſtem in ihren Beytritts-Urkunden und Vertraͤgen, theils mit Rußland theils unter einander a), mittelbar oder un- mittelbar, nur mit den beſondren Modificationen beytraten, die ans der Verſchiedenheit ihrer Vertraͤge mit einzelnen der kriegfuͤhrenden Maͤchte nothwendig erwachſen muͤſſen b), und unter den kriegfuͤhrenden Frankreich und Spanien ſich beyfaͤllig erklaͤrten c), ſo ſahe Großbritannien d), obwohl es dieſen Grundſaͤtzen bis auf den heutigen Tag nicht bey- getreten iſt, ſich durch Vereinigung ſo vieler Maͤchte veran- laſſet, denſelben gemaͤß ſich zu betragen e). Und wie ſchon bey dem erſten Urſprunge dieſes Syſtems die erklaͤrte Abſicht zum Grunde lag f), es auch in kuͤnftigen Kriegen zur Baſis anzunehmen, auch ſeit dieſer Zeit viele der geſchloſ-
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Von der Neutralitaͤt.
§. 320.
Grundſaͤtze dieſes Syſtems.
Dieſes Syſtem der bewaffneten Neutralitaͤt beruhet
auf folgende Grundſaͤtze: 1) daß feindliches Gut, nur mit
Ausnahme der Contrebande, auf neutralen Schiffen frey ſey.
2) Daß, wo Vertraͤge vorhanden, nur diejenigen Waaren
fuͤr Contrebande zu achten die in dieſen Vertraͤgen dafuͤr er-
klaͤret worden. 3) Daß neutralen Schiffen die freye Schiffart
nach den Haͤfen und Kuͤſten der kriegfuͤhrenden Maͤchte offen
ſtehe. 4) Daß nur derjenige Ort fuͤr blockirt zu achten,
den eine kriegfuͤhrende Macht mit ihren in der Naͤhe gela-
gerten Schiffen dergeſtalt umgiebt, daß man ohne augen-
ſcheinliche Gefahr in denſelben nicht einlaufen koͤnne. 5) Daß
nach dieſen Grundſaͤtzen uͤber die Rechtmaͤßigkeit der gemach-
ten Priſen zu erkennen ſey a).
a⁾ S. d. ſchon angefuͤhrte Memoire de la Cour de Ruſſie aux Cours
de Verſailles de Madrid et de Londres du M. d. Mars 1780. Hen-
nings Sammlung Th. II. S. 408. m. Recueil T. II. p. 74.
§. 321.
Schickſale dieſes Syſtems.
Da nun die mehreſten damals neutralen Maͤchte dieſem
Syſtem in ihren Beytritts-Urkunden und Vertraͤgen, theils
mit Rußland theils unter einander a), mittelbar oder un-
mittelbar, nur mit den beſondren Modificationen beytraten,
die ans der Verſchiedenheit ihrer Vertraͤge mit einzelnen
der kriegfuͤhrenden Maͤchte nothwendig erwachſen muͤſſen b),
und unter den kriegfuͤhrenden Frankreich und Spanien ſich
beyfaͤllig erklaͤrten c), ſo ſahe Großbritannien d), obwohl
es dieſen Grundſaͤtzen bis auf den heutigen Tag nicht bey-
getreten iſt, ſich durch Vereinigung ſo vieler Maͤchte veran-
laſſet, denſelben gemaͤß ſich zu betragen e). Und wie ſchon
bey dem erſten Urſprunge dieſes Syſtems die erklaͤrte Abſicht
zum Grunde lag f), es auch in kuͤnftigen Kriegen zur
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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/389>, abgerufen am 05.02.2025.
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