Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
Gegenseitige Rechte während des Krieges.
die Kriegsgesetze Personen die mit Pest oder ansteckender Krank-
heit behaftet sind, oder verpestete Kleidungsstücke dem Feinde zuzu-
schicken, um bey ihm dieß Uebel zu verbreiten. Nur Represa-
lien könnten dieß rechtfertigen.
c) So ist zwar der Gebrauch der Kardetschen- und im Nothfall
nicht ganz abgerundeter Bleystücke (mitraille im allgemeinen)
nicht verwerflich, aber mit Stücken von Eisen, Glas, Nä-
geln u. s. f. zu schießen (tirer a la mitraille in besondrem Sinn)
ist wider die Kriegsmanier, eben so, die Musquete absichtlich
mit 2 Kugeln, oder mit zwey halben, oder mit zackigen Kugeln
zu laden, letzteres weil es ohne Noth die Quaal und Gefahr
der Verwundeten vermehrt. Selbst der Gebrauch der glühenden
Kugeln (welche 1574 bey der Belagerung von Danzig erfunden
worden) insonderheit aber der Kettenkugeln, Stangenkugeln,
boule s a chaine, a bras) der Pechkränze (cercles poisses) ist hin
und wieder in Seekriegen durch Verträge aufgehoben worden,
die jedoch nur für den Krieg und für Seegefechte der Schiffe
gegen einander gelten können. Die Machine Infernale über
deren Rechtmäßigkeit verschiedentlich gestritten worden, scheint
ihrer Zwecklosigkeit wegen ganz abgekommen zu seyn. Dict. de
Trevoux
unter dem Wort machine.
§. 269.
Kriegslisten, Spione.

In allen den Fällen in welchen der Feind nicht aus-
drücklich dem Feinde Aufrichtigkeit versprochen ist erlaubt,
dann wenn das Interesse des Kriegs es erfordert, ihn zu
täuschen, sofern nicht auch hierin das Herkommen Einschrän-
kungen eingeführet hat a).

Auch Bestechungen feindlicher Officiere und Untertha-
nen um sie zu Entdeckungen eines Geheimnisses, zur Ue-
bergabe eines Platzes, zum Aufruhr b) u. s. f. zu bewegen
lassen sich in Kriegszeiten weder nach dem allgemeinen, noch
nach dem herkommlichen Völkerrecht für verwerflich ansehn,
obgleich jeder Staat das Recht hat durch die Härte der an-
gedroheten Strafen sich dawider möglichst zu schützen.


Nach
U 3
Gegenſeitige Rechte waͤhrend des Krieges.
die Kriegsgeſetze Perſonen die mit Peſt oder anſteckender Krank-
heit behaftet ſind, oder verpeſtete Kleidungsſtuͤcke dem Feinde zuzu-
ſchicken, um bey ihm dieß Uebel zu verbreiten. Nur Repreſa-
lien koͤnnten dieß rechtfertigen.
c) So iſt zwar der Gebrauch der Kardetſchen- und im Nothfall
nicht ganz abgerundeter Bleyſtuͤcke (mitraille im allgemeinen)
nicht verwerflich, aber mit Stuͤcken von Eiſen, Glas, Naͤ-
geln u. ſ. f. zu ſchießen (tirer à la mitraille in beſondrem Sinn)
iſt wider die Kriegsmanier, eben ſo, die Musquete abſichtlich
mit 2 Kugeln, oder mit zwey halben, oder mit zackigen Kugeln
zu laden, letzteres weil es ohne Noth die Quaal und Gefahr
der Verwundeten vermehrt. Selbſt der Gebrauch der gluͤhenden
Kugeln (welche 1574 bey der Belagerung von Danzig erfunden
worden) inſonderheit aber der Kettenkugeln, Stangenkugeln,
boule s à chaine, à bras) der Pechkraͤnze (cercles poiſſes) iſt hin
und wieder in Seekriegen durch Vertraͤge aufgehoben worden,
die jedoch nur fuͤr den Krieg und fuͤr Seegefechte der Schiffe
gegen einander gelten koͤnnen. Die Machine Infernale uͤber
deren Rechtmaͤßigkeit verſchiedentlich geſtritten worden, ſcheint
ihrer Zweckloſigkeit wegen ganz abgekommen zu ſeyn. Dict. de
Trevoux
unter dem Wort machine.
§. 269.
Kriegsliſten, Spione.

In allen den Faͤllen in welchen der Feind nicht aus-
druͤcklich dem Feinde Aufrichtigkeit verſprochen iſt erlaubt,
dann wenn das Intereſſe des Kriegs es erfordert, ihn zu
taͤuſchen, ſofern nicht auch hierin das Herkommen Einſchraͤn-
kungen eingefuͤhret hat a).

Auch Beſtechungen feindlicher Officiere und Untertha-
nen um ſie zu Entdeckungen eines Geheimniſſes, zur Ue-
bergabe eines Platzes, zum Aufruhr b) u. ſ. f. zu bewegen
laſſen ſich in Kriegszeiten weder nach dem allgemeinen, noch
nach dem herkommlichen Voͤlkerrecht fuͤr verwerflich anſehn,
obgleich jeder Staat das Recht hat durch die Haͤrte der an-
gedroheten Strafen ſich dawider moͤglichſt zu ſchuͤtzen.


Nach
U 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <note place="end" n="b)"><pb facs="#f0337" n="309"/><fw place="top" type="header">Gegen&#x017F;eitige Rechte wa&#x0364;hrend des Krieges.</fw><lb/>
die Kriegsge&#x017F;etze Per&#x017F;onen die mit Pe&#x017F;t oder an&#x017F;teckender Krank-<lb/>
heit behaftet &#x017F;ind, oder verpe&#x017F;tete Kleidungs&#x017F;tu&#x0364;cke dem Feinde zuzu-<lb/>
&#x017F;chicken, um bey ihm dieß Uebel zu verbreiten. Nur Repre&#x017F;a-<lb/>
lien ko&#x0364;nnten dieß rechtfertigen.</note><lb/>
            <note place="end" n="c)">So i&#x017F;t zwar der Gebrauch der Kardet&#x017F;chen- und im Nothfall<lb/>
nicht ganz abgerundeter Bley&#x017F;tu&#x0364;cke (<hi rendition="#aq">mitraille</hi> im allgemeinen)<lb/>
nicht verwerflich, aber mit Stu&#x0364;cken von Ei&#x017F;en, Glas, Na&#x0364;-<lb/>
geln u. &#x017F;. f. zu &#x017F;chießen (<hi rendition="#aq">tirer à la mitraille</hi> in be&#x017F;ondrem Sinn)<lb/>
i&#x017F;t wider die Kriegsmanier, eben &#x017F;o, die Musquete ab&#x017F;ichtlich<lb/>
mit 2 Kugeln, oder mit zwey halben, oder mit zackigen Kugeln<lb/>
zu laden, letzteres weil es ohne Noth die Quaal und Gefahr<lb/>
der Verwundeten vermehrt. Selb&#x017F;t der Gebrauch der glu&#x0364;henden<lb/>
Kugeln (welche 1574 bey der Belagerung von Danzig erfunden<lb/>
worden) in&#x017F;onderheit aber der Kettenkugeln, Stangenkugeln,<lb/><hi rendition="#aq">boule s à chaine, à bras</hi>) der Pechkra&#x0364;nze (<hi rendition="#aq">cercles poi&#x017F;&#x017F;es</hi>) i&#x017F;t hin<lb/>
und wieder in Seekriegen durch Vertra&#x0364;ge aufgehoben worden,<lb/>
die jedoch nur fu&#x0364;r den Krieg und fu&#x0364;r Seegefechte der Schiffe<lb/>
gegen einander gelten ko&#x0364;nnen. Die <hi rendition="#fr">Machine Infernale</hi> u&#x0364;ber<lb/>
deren Rechtma&#x0364;ßigkeit ver&#x017F;chiedentlich ge&#x017F;tritten worden, &#x017F;cheint<lb/>
ihrer Zwecklo&#x017F;igkeit wegen ganz abgekommen zu &#x017F;eyn. <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Dict. de<lb/>
Trevoux</hi></hi> unter dem Wort <hi rendition="#aq">machine.</hi></note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 269.<lb/><hi rendition="#fr">Kriegsli&#x017F;ten, Spione</hi>.</head><lb/>
            <p>In allen den Fa&#x0364;llen in welchen der Feind nicht aus-<lb/>
dru&#x0364;cklich dem Feinde Aufrichtigkeit ver&#x017F;prochen i&#x017F;t erlaubt,<lb/>
dann wenn das Intere&#x017F;&#x017F;e des Kriegs es erfordert, ihn zu<lb/>
ta&#x0364;u&#x017F;chen, &#x017F;ofern nicht auch hierin das Herkommen Ein&#x017F;chra&#x0364;n-<lb/>
kungen eingefu&#x0364;hret hat <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">a</hi></hi>).</p><lb/>
            <p>Auch Be&#x017F;techungen feindlicher Officiere und Untertha-<lb/>
nen um &#x017F;ie zu Entdeckungen eines Geheimni&#x017F;&#x017F;es, zur Ue-<lb/>
bergabe eines Platzes, zum Aufruhr <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">b</hi></hi>) u. &#x017F;. f. zu bewegen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich in Kriegszeiten weder nach dem allgemeinen, noch<lb/>
nach dem herkommlichen Vo&#x0364;lkerrecht fu&#x0364;r verwerflich an&#x017F;ehn,<lb/>
obgleich jeder Staat das Recht hat durch die Ha&#x0364;rte der an-<lb/>
gedroheten Strafen &#x017F;ich dawider mo&#x0364;glich&#x017F;t zu &#x017F;chu&#x0364;tzen.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">U 3</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Nach</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[309/0337] Gegenſeitige Rechte waͤhrend des Krieges. b⁾ die Kriegsgeſetze Perſonen die mit Peſt oder anſteckender Krank- heit behaftet ſind, oder verpeſtete Kleidungsſtuͤcke dem Feinde zuzu- ſchicken, um bey ihm dieß Uebel zu verbreiten. Nur Repreſa- lien koͤnnten dieß rechtfertigen. c⁾ So iſt zwar der Gebrauch der Kardetſchen- und im Nothfall nicht ganz abgerundeter Bleyſtuͤcke (mitraille im allgemeinen) nicht verwerflich, aber mit Stuͤcken von Eiſen, Glas, Naͤ- geln u. ſ. f. zu ſchießen (tirer à la mitraille in beſondrem Sinn) iſt wider die Kriegsmanier, eben ſo, die Musquete abſichtlich mit 2 Kugeln, oder mit zwey halben, oder mit zackigen Kugeln zu laden, letzteres weil es ohne Noth die Quaal und Gefahr der Verwundeten vermehrt. Selbſt der Gebrauch der gluͤhenden Kugeln (welche 1574 bey der Belagerung von Danzig erfunden worden) inſonderheit aber der Kettenkugeln, Stangenkugeln, boule s à chaine, à bras) der Pechkraͤnze (cercles poiſſes) iſt hin und wieder in Seekriegen durch Vertraͤge aufgehoben worden, die jedoch nur fuͤr den Krieg und fuͤr Seegefechte der Schiffe gegen einander gelten koͤnnen. Die Machine Infernale uͤber deren Rechtmaͤßigkeit verſchiedentlich geſtritten worden, ſcheint ihrer Zweckloſigkeit wegen ganz abgekommen zu ſeyn. Dict. de Trevoux unter dem Wort machine. §. 269. Kriegsliſten, Spione. In allen den Faͤllen in welchen der Feind nicht aus- druͤcklich dem Feinde Aufrichtigkeit verſprochen iſt erlaubt, dann wenn das Intereſſe des Kriegs es erfordert, ihn zu taͤuſchen, ſofern nicht auch hierin das Herkommen Einſchraͤn- kungen eingefuͤhret hat a). Auch Beſtechungen feindlicher Officiere und Untertha- nen um ſie zu Entdeckungen eines Geheimniſſes, zur Ue- bergabe eines Platzes, zum Aufruhr b) u. ſ. f. zu bewegen laſſen ſich in Kriegszeiten weder nach dem allgemeinen, noch nach dem herkommlichen Voͤlkerrecht fuͤr verwerflich anſehn, obgleich jeder Staat das Recht hat durch die Haͤrte der an- gedroheten Strafen ſich dawider moͤglichſt zu ſchuͤtzen. Nach U 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/337
Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/337>, abgerufen am 22.12.2024.